Arbeitsschutzkonferenz in Reutlingen

Vorschaubild

26.09.2018 IG Metall Baden-Württemberg kritisiert anhaltend hohe Muskel-Skelett-Belastungen am Arbeitsplatz - Arbeitsschutzkonferenz in Reutlingen - Pressemitteilung 54/2018

Reutlingen. Die IG Metall Baden-Württemberg hält die körperlichen Belastungen für Beschäftigte nach wie vor für zu hoch. Trotz Veränderungen im Arbeitsalltag in den vergangenen Jahrzehnten und Präventionsansätzen in zahlreichen Unternehmen, sind Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) mit knapp 23 Prozent noch immer die häufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit. Zwar sind Belastungen durch Heben, Tragen, Stehen und Sitzen leicht gesunken. Arbeitsbelastungen durch sich wiederholende Bewegungen - etwa in der kurzgetakteten Bandproduktion - haben jedoch zugenommen.

"Das Recht auf Gesundheit ist kein Luxusgut für Schönwetterperioden, sondern ein Menschrecht, für deren Einhaltung Arbeitgeber und Staat zu sorgen haben. Beide werden ihrer Verantwortung derzeit nicht gerecht, kritisiert Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall.

Verbesserungsbedarf sieht er insbesondere bei den Aufsichtsbehörden: "Auf die gesamte Bundesrepublik hochgerechnet ist ein Aufsichtsbeamter für die Arbeitsschutzkontrolle in etwa 2700 Unternehmen verantwortlich. So kann Prävention nicht funktionieren. Es gibt bei den Aufsichtsbehörden von allem zu wenig: Zu wenig Personal, zu wenig Betriebsbesichtigungen und zu wenig Bußgelder."

Auf der heutigen Arbeitsschutzkonferenz der IG Metall Baden-Württemberg diskutieren rund 300 Arbeitsschützer und Betriebsräte in Reutlingen über aktuelle Entwicklungen im betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz. Den Arbeitgebern zufolge haben die Krankmeldungen zwischen 2008 auf 2016 um insgesamt 60 Prozent zugenommen, der volkswirtschaftliche Schaden lag allein im Jahr 2016 bei 75 Milliarden Euro. Das liegt neben der gestiegenen Zahl an Erwerbstätigen und zunehmend älteren Belegschaften auch an anhaltend hohen physischen und psychischen Belastungen.

Mit der Verpflichtung zur Gefährdungsbeurteilung hat der Gesetzgeber einen Rahmen geschaffen, um vorhandenen physischen und psychischen Belastungen am Arbeitsplatz vorzubeugen, beziehungsweise diese zu beheben. Welche rechtlichen Hebel und methodischen Instrumente es dafür gibt, steht im Mittelpunkt der Beiträge, Fachforen und Diskussionen der Konferenz. Ein wichtiges Kriterium für die betrieblichen Interessensvertreter und Arbeitsschützer ist dabei stets deren Praxistauglichkeit - insbesondere bei der Handhabung von Lasten, Steharbeit in der Produktion und sitzenden Bürotätigkeiten.

Zudem werden Belastungen in Arbeitszeitmodellen wie Schichtarbeit thematisiert, auch im Hinblick auf die zu erwartenden Verbesserungen durch den Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie. Sebastian Fay, Tarifsekretär der IG Metall Baden-Württemberg: "Die verkürzte Vollzeit ermöglicht allen Beschäftigten ab 2019, ihre Arbeitszeit zeitlich begrenzt abzusenken. Das Wahlrecht auf zusätzliche freie Tage anstelle von Entgelt stellt unter anderem für Beschäftigte in Schichtarbeit eine zusätzliche Möglichkeit zur Entlastung dar. Das ist ein wichtiger Meilenstein nicht nur in der Arbeitszeitpolitik, sondern auch in Richtung guter Arbeit."

Zur Dokumentation der Konferenz Link

Letzte Änderung: 02.10.2018