Tarifeinheit

IG Metall Kurz und Bündig

19.10.2010 Praktische Informationen für die Betriebsratsarbeit - 2/2010 - Oktober 2010

In den letzten Wochen ist der Begriff der Tarifeinheit in aller Munde. In der Presse und in der gewerkschaftlichen Öffentlichkeit wird von zwei Entscheidungen des BAG (27. Januar 2010, 23. Juni 2010) berichtet. Der DGB und die BDA haben hierzu eine gemeinsame Erklärung abgegeben.

Tarifeinheit - Worum geht es dabei?

Grundsätzlich gilt: Ein Betrieb - Eine Gewerkschaft - Ein Tarifvertrag. Nun kann es aber vorkommen, dass im Betrieb zwei Tarifverträge zum gleichen Thema Anwendung finden. Man spricht von Tarifkollision.

Es gibt zwei Arten von Tarifkollisionen: Die Tarifkonkurrenz einerseits und die Tarifpluralität andererseits.

Was ist denn nun dies?

Von einer Tarifkonkurrenz spricht man, wenn z. B. zwei Tarifverträge, die von einer Gewerkschaft zum gleichen Sachverhalt abgeschlossen worden sind, auf das individuelle Arbeitsverhältnis wirken. Beispiel: Es gilt der Flächentarifvertrag zum Urlaub, Weihnachtsgeld oder einem anderen Thema. Für den Betrieb oder auch in der Fläche wurde abweichend zu diesem Flächentarifvertrag ein weiterer Tarifvertrag, z. B. auch ein Haustarifvertrag, abgeschlossen, der das gleiche Thema behandelt, jedoch modifiziert. Es wäre dann zu klären, welcher Tarifvertrag nun Anwendung findet.
Das BAG hat dies dahingehend beantwortet, dass im Falle der Tarifkonkurrenz der speziellere, der sachnähere Tarifvertrag - in diesem Beispiel der Haustarifvertrag - Anwendung findet und den Flächentarifvertrag verdrängt. Soweit zur Tarifkonkurrenz.

Von einer Tarifpluralität spricht man, wenn der Arbeitgeber, aber nicht die Beschäftigten, an zwei Tarifverträge gebunden ist. Das ist dann der Fall, wenn zwei Tarifverträge, abgeschlossen von zwei verschiedenen Gewerkschaften, im Betrieb zur Anwendung kommen.
Dies liegt vor, wenn z. B. der Tarifvertrag der IG Metall für die Mitglieder der IG Metall im Betrieb gelten soll und der Tarifvertrag, den z. B. CGM abgeschlossen hat, nur für die CGM-Mitglieder zur Anwendung kommt.
Bisher hat das BAG entschieden, dass auch dieser Fall der Tarifpluralität nach dem Grundsatz der Spezialität und der Tarifeinheit (Ein Betrieb - Ein Tarifvertrag) aufgelöst werden soll. Auch hier würde der sachnähere Tarifvertrag, also z. B. der Haustarifvertrag der Gewerkschaft B, den Flächentarifvertrag der Gewerkschaft A verdrängen.

Hierzu hat nun das BAG entschieden, dass dieser Rechtsstandpunkt nicht mehr aufrecht erhalten werden kann und zukünftig hinsichtlich der Inhaltsnormen (§ 3 Abs. 1 TVG), also die Normen, die konkret den Inhalt des Arbeitsverhältnisses und die einzelnen Rechtsansprüche aus dem Tarifvertrag klären, jeweils für das Gewerkschaftsmitglied gelten soll, das an den entsprechenden Tarifvertrag qua Organisationsmitgliedschaft gebunden ist.

Fazit: Im Fall der Tarifpluralität werden zukünftig zwei Tarifverträge, abgeschlossen von verschiedenen Gewerkschaften, im Betrieb zur Anwendung kommen müssen; dies ist die Konsequenz der BAG-Rechtsprechung. Vorausgesetzt Beschäftigte des Betriebes sind jeweils an die Tarifverträge durch Organisationsmitgliedschaft gebunden.
BDA und DGB streben an das Prinzip der Tarifeinheit miteinander gesetzlich zu regeln.

BAG-Beschluss vom 27. Januar 2010 4 AZR 549/08 in DB 2010, 1184ff (auszugsweise)

Letzte Änderung: 18.10.2010