Historische Argumente

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31.08.2010 Bei den neuen Azubis setzt die JAV von Audi in Neckarsulm auf ein dreistufiges Begrüßungskonzept. Das ist sinnvoll - bei 230 Berufseinsteigern pro Jahr.

Neckarsulm - Von der JAV der Audi-Werke in Neckarsulm bekommt man als neuer Azubi zunächst ein Begrüßungsgeschenk: Eine Schultüte mit nützlichen Dingen wie Block, Kugelschreiber und Mappe. Diese Utensilien werden nicht ohne Grund überreicht, denn Tag eins des Azubilebens ist von einer wahren Informationsflut geprägt. Da stellt sich zunächst der Werksleiter vor und danach hält der Betriebsratsvorsitzende seine Rede.

Das 13-Köpfige Team der Jugend- und Auszubildendenvertretung jedoch stellt sich zunächst nur kurz vor, denn die Jungmetaller setzen auf ein dreistufiges Konzept.

Nach der allgemeinen Begrüßungsveranstaltung werden die rund 230 "Neuen" nämlich in drei Gruppen eingeteilt und dann in einem persönlicherem Umfeld zu allerlei Gewerkschaftlichem informiert: Was ist die IG-Metall? Welche Rechte und Pflichten habe ich als Azubi? Wozu gibt's eigentlich so eine JAV? Und was heißt die Abkürzung doch gleich? "Die Antworten müssen immer parat sein, man muss bei einer Begrüßungsrunde vor neuen Azubis stets Kompetenz zeigen und Informationen jugendgerecht vermitteln können", sagt Alexander Reinhard. Der 25-jährige Mechatroniker bestreitet bereits seine dritte Amtszeit als Jugendvertreter und bekleidet derzeit das Amt des JAV-Vorsitzenden. "Wir haben uns die ‚Ich bin In‘-Präsentation der IGM-Jugend vorgenommen, sie mit selbst erstellten Folien gemischt und so genau auf unsere betriebliche Realität zugeschnitten." Nachdem die neuen Azubis umfassend über die IG-Metall informiert wurden und die Gesichter ihrer betrieblichen Interessenvertretung zuordnen können, werden sie zunächst für zwei bis drei Wochen in den Arbeitsalltag entlassen, um den Betrieb beim Arbeiten kennen zu lernen. "Nach dieser Zeit gehen wir in einem dritten Schritt in die Ausbildungsjahre selbst hinein und füllen gemeinsam mit den Azubis die Mitgliedschaftsformulare in den Theorieräumen des Werks aus."

Natürlich gibt es immer wieder unentschlossene Kolleginnen und Kollegen, die erst später überzeugt werden können, wie Reinhard berichtet: "Das dauert manchmal bis zum zweiten Ausbildungsjahr. Man muss eben am Ball bleiben." In Neckarsulm haben Reinhard und sein Team jedenfalls die besten historischen Argumente auf ihrer Seite: "Wenn es die IG-Metall nicht gäbe, hätten wir hier schon längst kein Audi-Werk mehr." 1975 sollte der Standort aufgrund eines Vorstandsbeschlusses dicht gemacht werden, im sogenannten Marsch auf Heilbronn organisierte die IG-Metall eine Großdemonstration, bei der viele der umliegenden Betriebe ihren Unmut deutlich zeigten. Das Resultat: Als Azubi kann man seine Ausbildung immer noch bei Audi in Neckarsulm beginnen. "Wenn das nicht mal ein Argument für eine Mitgliedschaft ist!" freut sich Alexander Reinhard.

Letzte Änderung: 31.08.2010