Interview zu Ausbildung

21.01.2005 "Ausbildung ist eine Erfolgsgarant für den Menschen" - sagt Rolf Klotz, Ausbilder bei Audi in Neckarsulm.

Weil das Interview mit Rolf Klotz im metall-Magazin aus Platzgründen gekürzt werden musste, dokumentieren wir es hier im vollständiger Länge.

Rolf Klotz ist Ausbilder und Betriebsrat bei Audi in Neckarsulm. metall stellte ihm Fragen zum Thema Ausbildung.

Wie ist die Entwicklung der Ausbildungszahlen bei Audi?

Rolf Klotz: Audi hat die jährlichen Einstellzahlen vor wenigen Jahren auch auf Initiative des Betriebsrates um mehr als 40 Prozent erhöht. Für den Standort Neckarsulm hieß das damals eine Aufstockung von 160 Lehranfängern auf 222. Damit ist Audi an der Spitze der deutschen Automobilindustrie.
Gemessen an den 7 Prozent Azubi-Anteil an der Gesamtbelegschaft, die in der Gesetzesvorlage zur Ausbildungsumlage standen, hätte allerdings auch Audi noch Handlungsbedarf.

metall: Wie sieht die Ausbildungsplatzsituation rund um Heilbronn aus?

R. K.: Der Rückgang an Ausbildungsplätzen in der Region passt überhaupt nicht zu den Jubelmeldungen der Kammern, die im Rahmen des Ausbildungspaktes ständig über neue Erfolge berichten. Nicht dass ich diese Bemühungen zerreden möchte, aber dennoch, das Angebot an Ausbildungsplätzen entspricht bei weitem nicht dem Bedarf. Viele Firmen reagieren offensichtlich mit Ausbildungsplatzabbau auf ihre akuten Beschäftigungsprobleme und beklagen dann in einigen Jahren wieder Fachkräftemangel und überalterte Belegschaften.
Wenn im Raum Heilbronn etwa 1000 junge Leute in Berufsvorbereitungsjahrklassen sitzen, dann zeigt dies, wie groß die Not ist.
Der Staat bügelt hier mit Notprogrammen und immensen Aufwendungen aus, was die Wirtschaft entgegen ihrem grundgesetzlichen Auftrag verweigert.
Hier lässt man halbe Jahrgänge im Regen stehen. Allerdings wundert es mich auch, dass diese sich nicht spürbarer zur Wehr setzen.

metall: Was bedeutet eine gute Ausbildung für einen jungen Menschen?

Eine gut gemachte duale Ausbildung ist ein Erfolgsgarant für den Menschen und das Unternehmen. Etwas von Grund auf Lernen, von den Wurzeln bis zum neuesten Stand der Technik, kombiniert in Theorie und Praxis, macht den Wegbereiter für den Experten der Zukunft.
Dabei geht es keineswegs nur um streng berufliches. Das komplette betriebliche Leben, von der Zusammenarbeit mit den Kollegen am Schraubstock bis zur Unternehmensphilosophie finden dort ihren Niederschlag
Welcher Elternteil möchte seinen Nachwuchs von Fremden erziehen lassen? Betriebe, die hier leichtfertig auf Ausbildung verzichten, berauben sich der einmaligen Chance, in der Ausbildung, ihre Leitlinien zum Maß der Dinge zu machen. Zumal Ausbildung durchaus auch produktiv sein kann.
Wie unternehmerisch ist eigentlich ein Unternehmen, die diese Zukunftsgestaltungsmöglichkeit nicht nutzt. Hier geht es schließlich auch um Sicherung und Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit.

metall: Müssen die Tarifvertragsparteien handeln?

R.K.: Natürlich sind an dieser Stelle auch die Tarifvertragsparteien gefordert. Wenn es auch über den Weg zum Ziel häufig unterschiedliche Ansichten gibt, so haben doch beide Seiten ein fundamentales Interesse an einer Zukunftssicherung der Branche. Wenn einem Sportverein die Jugendmannschaften wegbröseln, dann ist doch der Misserfolg der ersten Mannschaft vorprogrammiert. Und kein Verband dieser Welt könnte solchen Entwicklungen tatenlos zusehen.

Nur eines ist klar: Mit der Formulierung freundlicher Absichten ist es nicht getan. Die gibt es zuhauf. Doch nützen diese weder den Schulabgängern noch den Unternehmen in der Zukunft.
Jetzt müssen endlich nachvollziehbare Maßnahmen her. Das heißt auch über konkrete Zahlen sprechen. Alles andere bleibt Kosmetik. Beim ersten Schwitzen verläuft die Sache an der Oberfläche.
Natürlich muss auch darüber nachgedacht werden, wie Betriebe die sich Zusätzliches zumuten unterstützt werden können. Aber gleichzeitig wirft das auch wieder die Frage auf, wie die behandelt werden, die sich ihrer Verantwortung nicht stellen.
Für mich ist es beispielsweise ein Ding der Unmöglichkeit, wenn ein Betrieb, der nicht ausbildet, obwohl er könnte, bei der Rekrutierung Arbeitsloser Einarbeitungszeiten aus der Sozialkasse bezuschusst bekommt.

Letzte Änderung: 26.04.2008