Presseschau: Ein Woche Streik

Gute Arbeit - Gutes Geld

15.05.2002 Die IG Metall setzte ihre Streikaktionen auch am 15. Mai fort und hatte zu weiteren "Flexi-Streiks" vor allem in mittelständischen Unternehmen aufgerufen

Die "Financial Times Deutschland" berichtet:
"Bei den am Mittwoch neu aufgenommenen Verhandlungen im Tarifstreit der Metallindustrie sehen Arbeitgeber und Gewerkschaft Chancen für eine Einigung. [...] Für einen Kompromiss müsse es aber Bewegung von beiden Seiten geben. Verhandelt wird in Böblingen im Pilotbezirk Baden-Württemberg. Bis zu einem Ergebnis kommt, will die IG Metall die Streiks in Baden-Württemberg und Berlin/Brandenburg weiterführen. In Nordrhein-Westfalen und Bayern sowie in allen VW-Werken sind für Mittwoch Warnstreiks geplant."

Zum Streik in Berlin-Brandenburg schrieb die "Märkische Allgemeine":
"Am zweiten Tag des Streiks in der Metall- und Elektroindustrie in Berlin-Brandenburg haben gestern nach Angaben der IG Metall 5800 Beschäftigte in sieben Betrieben die Arbeit niedergelegt. [...] In Brandenburg/Havel stand seit dem frühen Morgen die Produktion im Werk der Heidelberger Druckmaschinen AG still. 'Wir haben keine Streikbrecher. Bis auf den Notdienst hat niemand in der Produktion gearbeitet', berichtete Betriebsratsmitglied Sven Hutengs. Außerdem sei die Lehrlingsausbildung normal weiter gelaufen. Die Streikposten hätten keine Überzeugungsarbeit leisten müssen, sämtliche Beschäftigte hätten sich dem Streik angeschlossen, mit dem die Forderung nach 6,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt durchgesetzt werden soll."

In einem weiteren Artikel heißt es:
"Die Brandenburger Sozialdemokraten, die SPD-Fraktion im Potsdamer Landtag und Ministerpräsident Manfred Stolpe unterstützen den Metallerstreik. Es gehe um die Beseitigung von Ungerechtigkeiten im Lohnsystem und darum, die Lohnangleichung zwischen Ost und West voran zu bringen, heißt es in einer Mitteilung der SPD-Landtagsfraktion am Dienstag in Potsdam. [...] Der SPD-Landesvorstand wertete den Streik als legitimes Mittel der Beschäftigten zur Durchsetzung ihrer Forderung. Die Arbeitgeber wurden in der Mitteilung vor Aussperrungen gewarnt. Der SPD- Landesvorstand habe sich in einem einstimmigen Beschluss für das Recht auf Streik ausgesprochen und ein Verbot der Aussperrung gefordert, heißt es."

Die "Netzzeitung" schreibt:
"Arbeitgeber und Gewerkschaften seien gleichermaßen daran interessiert, zu einer Lösung zu kommen. Die Spitze der IG Metall wertete die Wiederaufnahme als ersten Streikerfolg. Die Arbeitgeber müssten nun aber ein verbessertes Angebot vorlegen, sagte Gewerkschaftschef Klaus Zwickel in Frankfurt am Main. Ohne ein neues Angebot sei der Tarifkonflikt nicht zu lösen."

Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet zu Verhandlungsbeginn:
"Sprecher der IG Metall erklärten ebenso wie Gesamtmetall- Geschäftsführer Hans-Werner Busch, es habe sich etwas bewegt. Es gibt Anzeichen für die Bereitschaft, über Laufzeit, Einmalzahlung und einen Anteil für die Einführung der einheitlichen Bezahlung von Arbeitern und Angestellten einen Kompromiss zu finden. Am Dienstag traf sich der Vorstand der IG Metall. Die Spitzengremien von Gesamtmetall und Gewerkschaft versammeln sich am Mittwoch in Baden-Württemberg, um rasch den Verhandlungsstand bewerten zu können - auch dies ein Indiz, dass es ernst ist. [...] Vertretern beider Tarifparteien war jedoch die Angst anzumerken, dass die Verhandlungen wieder scheitern und der Konflikt dann eskalieren könnte."

Zur Beschneidung des Streikrechts schreibt die "Berliner Zeitung":
"Angesichts der Eskalation der laufenden Tarifverhandlungen in mehreren Branchen haben die Gewerkschaften dringend eine Korrektur des so genannten Streik-Paragrafen gefordert. Diese seit 1986 geltende Regelung schränke die Wahlmöglichkeiten der Strategien bei Arbeitskämpfen und damit die Umsetzung der im Grundgesetz verankerten Tarifautonomie ein, erklärten der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die IG Metall und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gegenüber der 'Berliner Zeitung'. Die Gewerkschaften müssten infolge der Vernetzung der Unternehmen dermaßen genau Fernwirkungen auf andere Unternehmen beachten, dass ihre Streikfähigkeit beeinträchtigt sei, sagte die Vizechefin des DGB, Ursula Engelen-Kefer."

Zu den Auswirkungen des Streiks auf die Börse berichtet das "Handelblatt":
"Der deutsche Aktienmarkt wird derzeit von der Entwicklung in den USA bestimmt und nicht von den Streiks in Deutschland. Davon sind Börsenexperten in Frankfurt überzeugt. Die geplante Wiederaufnahme der Verhandlungen der Tarifpartner rund eine Woche nach Beginn der Streiks in der Metall- und Elektroindustrie hat demzufolge nur einen geringen Einfluss auf das Börsengeschehen."

Letzte Änderung: 13.11.2008