Presseschau Streik Metallindustrie

Gute Arbeit - Gutes Geld

07.05.2002 Der erste Streik in der Metall- und Elektroindustrie seit sieben Jahren hat am Montag die großen Autokonzerne in Baden-Württemberg lahm gelegt - Wir dokumentieren Pressestimmen zum Streik

Aktuelle Berichte in Wort und Bild liefert der SWR auf seinen Seiten zum Streik in der Metallindustrie. Dort finden sich auch Interviews mit KollegInnen sowie Berthold Huber und Klaus Zwickel.

"Herr Kappi und die Konjunktur" betitelt die "Berliner Zeitung" einen Bericht über den Streik bei DaimlerChrysler und Porsche:
"Mit seiner Halbglatze, dem grauen Schnurrbart, der schmalen Brille und seiner untersetzten Statur sieht Ralf Kappi nicht gerade aus wie ein Konjunkturrisiko. Doch das ist er - sagen zumindest die Ökonomen. Seit 1968 arbeitet Kappi in Stuttgart bei Daimler, oder besser: beim Daimler, wie man in Stuttgart sagt. An diesem Montag streikt Kappi vor dem Motorenwerk Bad Cannstatt für 6,5 Prozent mehr Lohn. Damit ist er eine Gefahr für die Auto-Konjunktur, sagen Professoren und Politiker, eine Gefahr für die Metallbranche, für die Konjunktur Deutschlands, der größten Volkswirtschaft in Europa, mithin bedroht er den Aufschwung Europas und der Weltwirtschaft. Kappi sieht das gelassen. ´Da geb´ ich nichts drauf. Die Politiker schwätze immer.´ Dem Daimler gehe es gut. Die Rezession sehe er zwar schon - ´aber nur in meinem Geldbeutel´."

Und weiter:
"´Zunächst brauchen die Leute mehr Geld, um einzukaufen. Dann läuft die Konjunktur wieder´, sagt Kappi. Gegenwärtig gehe seine ganz persönliche Konsumneigung gegen null, die letzten Lohnabschlüsse hätten ihn Geld gekostet. Für ihn persönlich sei das zwar nicht schlimm, ´denn ich bin alt und habe alle großen Anschaffungen schon hinter mir´, sagt Kappi. Aber bei den jüngeren Kollegen werde das Geld oft knapp. ´Für die ist oft am 15. schon Monatsende.´"

Der "Südkurier" schreibt unter dem Titel "Hoffnung auf ein schnelles Ende":
"In Singen hat die Gewerkschaft zum ersten Mal seit 50 Jahren zum Arbeitskampf aufgerufen. [..] Bei Alcan Singen sieht die Geschäftsleitung den Streik als ´legales Mittel´ und hofft auch darauf, dass der Streik nicht lange dauert. ´Wir machen nicht dicht, was die Gesprächsbereitschaft betrifft´, sagt Geschäftsführer Peter Hutsch."

Einen Kommentar zum Umgang der Politiker liefert die "Süddeutsche Zeitung":
"Der Erfurter Versuchung hat die Union widerstanden. Wohlweislich hat sie darauf verzichtet, den Amoklauf zum Streitthema im Bundestagswahlkampf zu machen. Stoiber, Merkel und Co wissen genau, dass Politik und Politiker solche Taten nicht verhindern können. [...] Der Stuttgarter Versuchung konnten sie dennoch nicht widerstehen. Pünktlich zum Beginn des Metaller-Ausstands machen sie den Bundeskanzler für den Arbeitskampf verantwortlich, zumindest mitverantwortlich, nach dem Motto: dieser Streik ist Schröders Streik. Wie anders soll man die CDU-Chefin verstehen, die das Klischee von Schröder als Genossen der Bosse bemüht und ihm vorwirft, mit seiner falschen Politik Lohnhunger und Zorn der Arbeitnehmer selbst gesät zu haben? Solche Äußerungen darf man getrost als Wahlkampfgetöse werten."

Letzte Änderung: 25.04.2008