Befristete Einstellungen

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21.02.2002 IG Metall-Chef Huber: "Südwestmetall soll Zahl der befristeten Einstellungen und damit die Qualität neu geschaffener Arbeitsplätze offen legen"

IG Metall-Chef Huber: "Südwestmetall soll Zahl der befristeten Einstellungen und damit die Qualität neu geschaffener Arbeitsplätze offen legen"

Die Arbeitgeber, so IG Metall-Bezirksleiter Berthold Huber, verweisen in ihrer öffentlichen Argumentation zu dieser Tarifrunde gern darauf, dass seit dem Tarifabschluss 2000 in der Metall- und Elektroindustrie über 100.000 neue Arbeitsplätze geschaffen worden seien und fordern in diesem Zusammenhang die IG Metall auf, sich in ihren Forderungen zu mäßigen.

So ganz sicher scheinen sich aber die Herren von Gesamtmetall in ihren Zahlen aber auch nicht zu sein, so IG Metall-Chef Huber. Er verweist dabei auf die Gesamtmetallbroschüre "Tarifrunde 2002", vergleicht man die in der Grafik angegebenen Zahlen, so kommt man vom Jahr 2000 bis zum November 2001 nur auf einen Zuwachs von 62.300 Arbeitsplätzen.

Der IG Metall geht es nun darum, die Qualität dieser neu geschaffenen Arbeitsplätze einer Prüfung zu unterziehen. Unter Qualität versteht die IG Metall, welche Perspektiven haben Arbeitnehmer an diesen neuen Arbeitsplätzen für ihre weitere Lebensplanung. Sind sie in einem unbefristeten oder in einem befristeten Arbeitsverhältnis und leben damit tagtäglich unter der Bedrohung des baldigen Arbeitsplatzverlustes?

Die IG Metall hat dazu in Baden-Württemberg einige Stichproben gemacht und kommt zu folgender Einschätzung:

Der überwiegende Teil der in den letzten beiden Jahren eingestellten ArbeitnehmerInnen landete in befristeten Arbeitsverhältnissen.

Da ist zum Beispiel die Firma Nikolay in Nagold mit ca. 200 Beschäftigten, davon sind ca. 70 befristet und dies zwischen drei Monaten und zwei Jahren. In den letzten Monaten gibt es dort ein verstärktes Auslaufen der befristeten Arbeitsverhältnisse.

Oder die Firma Helag, ebenfalls in Nagold mit ca. 400 Beschäftigten. Sie hatte bis vor kurzem ca. 150 Befristungen, davon wurden nur 50 Prozent in unbefristete Arbeitsverhältnisse übernommen.

Oder die Firma Alusingen: von 369 Einstellungen im Jahr 2001 waren 159 befristet.
Die Firma GF, ebenfalls in Singen, von 98 Einstellungen waren 55 befristet.

Auch die Firma Kolbenschmidt GmbH in Neckarsulm:
Hier wurden im Jahr 2001 59 befristete und 2 unbefristete Einstellungen vorgenommen. Von den 59 befristeten wurden lediglich 7 fest übernommen.

Ein weiteres Beispiel aus Geislingen bei der Firma Ulo-Leuchten:
Im Januar 2002 waren von 354 Beschäftigten 58 Beschäftigte befristet.

Oder die Firma Königmetall in Gaggenau:
Im Schnitt arbeiten dort 200 fest eingestellte und 65 befristete Arbeitnehmer.

Diese Zahlen machen deutlich, so Berthold Huber, dass niedrige Tarifabschlüsse keine Gewähr dafür sind, dass dadurch automatisch gesicherte Arbeitsplätze entstehen, die den Beschäftigten eine längerfristige Existenzplanung ermöglichen.

Aber, diese Argumentation der Arbeitgeber sei nicht neu. So hat zum Beispiel nach dem Tarifabschluss 1999, der eine effektive Lohnerhöhung von 3,6 Prozent brachte, Arbeitgeberpräsident Hundt behauptet, der Abschluss werde keine zusätzlichen Arbeitsplätze ermöglichen. Die Trendwende zur Schaffung neuer Arbeitsplätze werde damit abrupt beendet.

Widerlegt werden seine Aussagen durch Beschäftigtenzahlen, die Gesamtmetall ebenfalls in seiner Broschüre "Tarifrunde 2002" darstellt. Danach hatte der Abschluss 1999 nicht zu einem Absinken der Beschäftigtenzahlen, sondern zu einem Anstieg bis zum Jahr 2000 um 28.000 Beschäftigte geführt.

Dies macht deutlich, die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen hat recht wenig mit moderaten Lohnabschlüssen zu tun, sondern neue Arbeitsplätze entstehen dann, wenn die Auftragslage in den Firmen dies notwendig macht.

Berthold Huber: "Die Masche, niedrige Lohnabschlüsse sichern oder schaffen Beschäftigung, zieht daher bei den Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie nicht mehr, da sie in den letzten Monaten sehr genau die Einstellungspraxis der Unternehmen verfolgen konnten".
Wer jetzt schon wie Südwestmetall damit droht, bevor Verhandlungen überhaupt richtig begonnen haben, dass ein höherer Tarifabschluss zu Arbeitsplatzabbau in den Unternehmen führt, handelt auf der Grundlage der von mir dargelegten Zahlen unverantwortlich. IG Metall Chef Huber: "Hier wird versucht, mit dem Faktor Angst die Beschäftigten zu verunsichern, dies ist ein miserabler Politikstil, der mit der von den Arbeitgeberverbänden so gern gepriesenen sozialen Partnerschaft in den Betrieben überhaupt nichts zu hat".

Berthold Huber: "Ich fordere daher Südwestmetall auf, eine Erhebung in den Unternehmen durchzuführen, wie viele der Einstellungen in Baden-Württemberg in den letzten beiden Jahren unbefristet waren, wie viele befristete Einstellungen vorgenommen wurden, und wie viele dieser Befristungen in unbefristete Arbeitsverhältnisse umgewandelt worden sind".

Damit bekäme die Diskussion um die geschaffenen neuen 100.000 Arbeitsplätze eine ganz andere Dimension. Huber: "Ich bin gespannt, ob sich Südwestmetall zu einem solchen Schritt aufraffen kann".

Letzte Änderung: 25.04.2008