Jung und arbeitslos?

IG Metall - Ausbildung

01.06.2015 Eine "verlorene Generation" verhindern - Gute Ausbildung statt Jugendarbeitslosigkeit

Schlechte Ausbildung, Millionen Jugendliche ohne Job: Die OECD zeichnet ein erschreckendes Bild vom Arbeitsmarkt in den Industriestaaten. Deutschland steht im Vergleich gut da - auch dank starker Gewerkschaften. Doch viele Arbeitgeber setzten die Erfolge aufs Spiel.

Diese Zahl macht Angst: In den Industriestaaten haben derzeit 35 Millionen junge Menschen weder eine Arbeit noch eine Ausbildung. Sie müssen sich mit Gelegenheitsjobs durchschlagen oder leben von staatlicher Unterstützung. An eine eigene Wohnung oder gar Familienplanung ist nicht zu denken.

Die Zahl stammt aus einer neuen Studie der Industrieländer-Organisation OECD und bezieht sich auf die Altersgruppe der 16- bis 29-Jährigen. Laut OECD sind damit noch immer mehr Jugendliche ohne Job und Qualifikation als vor der großen Finanz- und Wirtschaftskrise. "Das Risiko jüngerer Menschen, in die Arbeitslosigkeit abzugleiten, ist doppelt so hoch wie das von erfahrenen Arbeitnehmern jenseits der Dreißig", urteilen die Studienautoren.

Statt Wertschätzung und Förderung erfahren die Jugendlichen vor allem, dass sie benachteiligt werden. In allen 34 OECD-Staaten erhalten Berufsanfänger häufiger befristete Arbeitsverträge als erfahrene Angestellte. Deutschland nimmt dabei einen unrühmlichen Platz ein: Jeder zweite 15- bis 24-Jährige wird hierzulande nur befristet eingestellt.

IG Metall - Jugend

Können verkümmert

Nach Einschätzung der OECD nutzen Arbeitsgeber das Können befristet Beschäftigter häufig nicht voll aus. Außerdem gewähren sie weniger Weiterbildungen. "In Kombination kann das dazu führen, dass ihre Fähigkeiten langfristig gesehen verkümmern", urteilen die Studienautoren. Dieser Umgang mit jungen Menschen ist fatal. Denn berufsnahe Qualifikationen sind ein entscheidender Faktor für einen guten Zugang zum Arbeitsmarkt.

Die IG Metall fordert deshalb, Auszubildende unbefristet zu übernehmen und dies wie in der Metall- und Elektroindustrie tarifvertraglich festzuschreiben.
"Junge Beschäftigte brauchen neben einer guten Ausbildung die Sicherheit, das erlernte auch anzuwenden", sagt Michael Schmitzer, Leiter der Jungen IG Metall. "Die Politik steht in der Pflicht, diese Sicherheit allen Jugendlichen zu garantieren. Ausbildung mit Praxisbezug und anschließende Beschäftigung sind der Schlüssel für gute Perspektiven." In der "Allianz für Aus- und Weiterbildung" drängt die IG Metall deshalb auf feste Zusagen von Politik und Arbeitgebern.

Duale Ausbildung als Trumpf

Deutschland punktet mit seinem dualen Ausbildungssystem, das international gelobt wird. Azubis lernen abwechselnd in der Berufsschule und im Betrieb - und werden so optimal für den Beruf vorbereitet. Auch weiterführende Ausbildungswege, zum Beispiel zum Meister, sehen Praxiseinheiten vor. Die Gewerkschaften tragen hier eine Menge bei: Ihre Sachverständigen gestalten mit den Arbeitgebern die Ausbildungspläne, legen Standards für die einzelnen Berufe fest.

"Wir können von Ländern wie Deutschland eine Menge lernen", sagt der OECD-Generalsekretär Angel Gurría. "Die Ausbildung am Arbeitsplatz ist hier weit verbreitet. Das ist gut für die Auszubildenden, die sich mit den Anforderungen ihres Berufsfeldes vertraut machen können. Und es ist gut für Arbeitgeber, die so oft schon das Potenzial jener prüfen können, die sie später vielleicht einmal einstellen."

Entsprechend gering ist in Deutschland der Anteil junger Menschen, die weder berufstätig noch in Ausbildung sind. Er liegt bei rund zehn Prozent (mittlere oder niedrige Bildung) beziehungsweise 5,7 Prozent (hochgebildete), und damit weit unter dem OECD-Durchschnitt.

Unternehmen müssen mehr ausbilden

Auf diesen Lorbeeren darf sich Deutschland aber nicht ausruhen. Gute Ausbildung ist kein Selbstläufer. Das zeigt der aktuelle Berufsbildungsbericht der Bundesregierung: Demnach ist die Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge 2014 auf einen Tiefstand von rund 522.000 gesunken. Auch in der Metall- und Elektroindustrie ist die Lage unbefriedigend, immer weniger Betriebe bilden aus.

Junge Menschen werden so um ihre Zukunftschancen gebracht. Außerdem schneiden sich die Unternehmen ins eigene Fleisch: Bilden sie zu wenig aus, ist der Fachkräftemangel von morgen vorprogrammiert.

Letzte Änderung: 01.06.2015