IG Metall Pressedienst 24/2012

IG Metall Pressedienst

19.04.2012 Film Jörg Hofmann in der Pressekonferenz - "Lösungsvorschlag der Arbeitgeber verdient den Namen nicht" - 3. Tarifverhandlung ME-Industrie Ba-Wü - SWR-Beiträge Landesschau

Als "Provokation der Beschäftigten" wertet IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann das heute bei der dritten Tarifverhandlung in Böblingen vorgelegte Angebot der Arbeitgeber. "Das bringt uns einer Lösung des Tarifkonfliktes keinen Schritt näher", sagte er nach den Gesprächen. "Der so genannte Lösungsvorschlag verdient diesen Namen nicht. Er hat nur einen Zweck: Weiter auf Zeit zu spielen. Damit provoziert Südwestmetall einen massiven Arbeitskonflikt in der prosperierenden Metall- und Elektroindustrie. Unverantwortlich, wie schon das monatelange Verweigern konstruktiver Verhandlungen."

IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann

Die am späten Nachmittag von Südwestmetall vorgelegte Offerte deckt sich mit der gestern bereits in Nordrhein-Westfalen bekannt gewordenen und beinhaltet 3 Prozent mehr Geld für 14 Monate. Dies entspricht einer Entgelterhöhung von 2,57 Prozent auf das Jahr gerechnet. Weiter fordert Südwestmetall, die Zahl der Beschäftigten zu erhöhen, die länger als die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden arbeiten. Auf diese Weise soll die Arbeitszeit ausgeweitet werden. Auch eine Verlängerung der Befristungsdauer von befristeten Arbeitsverträgen ohne Sachgründe von derzeit 24 auf 36 Monate wird von den Arbeitgebern gefordert. Dagegen bleibt der Lösungsvorschlag bei den von der IG Metall geforderten Themen unbefristete Übernahme der Ausgebildeten und wirksamer Mitbestimmung bei Leiharbeit, eine Antwort schuldig.

"Es ist eine Missachtung der Leistung der Beschäftigten, wenn sie mit einer Lohnerhöhung abgespeist werden sollen, die nicht einmal das Mehr an täglicher Belastung der Haushalte durch eine steigende Inflationsrate bei Lebensmitteln, Sprit und Heizöl abdeckt und die Beschäftigten nicht an der gestiegenen wirtschaftlichen Leistungskraft beteiligt. Während sich Manager, Eigentümer und Aktionäre ein Festessen aufgrund der exzellenten Branchensituation und positiver Ausblicke für die wirtschaftliche Entwicklung 2012 gönnen, wollen sie die Beschäftigten auf Diät setzen. Doch einen Aufschwung nur für steigende Profite wird es mit uns nicht geben", machte Hofmann deutlich.

"Wir fordern eine faire Beteiligung der Beschäftigten. 6,5 Prozent mehr Geld ist und bleibt unsere Forderung. Sie passt in die Landschaft und ist angemessen aufgrund der satten Gewinne der Unternehmen."

Auf Unverständnis der Gewerkschaft stoßen die Aussagen und Absichtserklärungen der Arbeitgeber zur unbefristeten Übernahme. "Das ist doch heiße Luft. Sie wollen ihren Standpunkt zementieren, dass alleine der Arbeitgeber darüber entscheidet, wer nach der Ausbildung bleibt und wer zu gehen hat. Dieses paternalistische Gehabe passt nicht in eine Arbeitsgesellschaft des 21. Jahrhunderts und schon gar nicht zur Anforderung ein attraktiver Ausbildungsplatz in der Zukunft zu sein. Wir brauchen klare und verbindliche Regelungen, die die unbefristete Übernahme zur Regel machen."
Er verwies dabei auf den von der IG Metall in der zweiten Verhandlung in Ludwigsburg vorgelegten Lösungsvorschlag zur unbefristeten Übernahme von Ausgebildeten, der ausreichend Flexibilität für die betriebliche Handhabung beinhalte (siehe Grafik in der Anlage).

Beim Thema Leiharbeit bleibe das Angebot eine Antwort auf die Forderung der
IG Metall nach mehr Mitbestimmung ebenfalls schuldig. Der Verweis auf Verhandlungen über Entgelte bei Leiharbeitern sei nicht mehr als eine Nebelkerze. "In der Schule würde es heißen: Thema verfehlt! Setzen! Sechs! Ein paar Euro mehr für Leiharbeiter sind zwar wichtig, lösen aber das Problem nicht. Nämlich das einer Arbeitswelt mit zwei Klassen von Beschäftigten: Hier eine durch Tarifverträge gesicherte und durch die Mitbestimmung der Betriebsräte geschützte Belegschaft, dort eine prekäre Randbelegschaft. Deshalb müssen Betriebsräte endlich wirksam über den Einsatz von Leiharbeit mitbestimmen können, um diesem Unwesen Grenzen zu setzen."

Hofmann resümierte: "Mit ihrer Verweigerungshaltung provozieren die Arbeitgeber einen Konflikt. Wer schon gar keinen Versuch macht Brücken zu bauen, manövriert sich in eine Sackgasse. Denn klar ist: Es gibt keinen Abschluss ohne Lösungen in allen drei Themen. Das weiß auch Südwestmetall. Dieses Vorgehen ist verantwortungslos, auch gegenüber einer aktuell boomenden Branche. Dass Südwestmetall nur auf Krawall gebürstet ist, zeigt auch, dass ein nächster Verhandlungstermin erst nach Ende der Friedenspflicht am 8. Mai vereinbart wurde. Ich kann hier nur nochmals die Bereitschaft der IG Metall erklären, jederzeit auch im Vorfeld zu weiteren Verhand-lungsterminen zu kommen."

Hofmann betonte erneut, noch vor den Pfingstfeiertagen eine Lösung des Tarifstreits zu wollen. "Finden wir bis dahin keine Lösung, macht es auch keinen Sinn weitere Schleifen zu drehen. Dann muss die IG Metall entscheiden, ob sie einen Arbeitskampf führen wird."

Für die rund 800.000 Beschäftigten der baden-württembergischen Metall- und Elektro-industrie werden die Verhandlungen am 8. Mai 2012 in Sindelfingen in die vierte Runde gehen.

Letzte Änderung: 27.06.2013