"Unternehmen sind flexibel genug"

19.10.2006 Interview mit Jörg Hofmann in der Welt am Sonntag zum Thema Kündigungsschutz

Kündigungsschutz

"Unternehmen sind flexibel genug"

Jörg Hofmann, Bezirksleiter der IG Metall in Baden-Württemberg, sieht den Kündigungsschutz als unverzichtbaren Teil der sozialen Sicherheit der Arbeitnehmer.

Welt.de: Herr Hofmann, kann der Kündigungsschutz vor dem Verlust des Arbeitsplatzes schützen?

Jörg Hofmann: Der Kündigungsschutz kann diesen Schutz nur bedingt leisten. Er gibt den Beschäftigten nur die Möglichkeit, sich gegen ungerechtfertigte oder willkürliche Kündigungen zu wehren. Es geht um die Bedingungen, zu denen Firmen kündigen können, denn eine Kündigung greift massiv in die Lebensumstände eines Arbeitnehmers ein.

Macht der Kündigungsschutz den Arbeitsmarkt unflexibler?

Jörg Hofmann: Die Flexibilität, die wir heute bei Neueinstellungen haben, ist enorm. Das gilt besonders für die Probezeit und für Befristungen. Ein geringerer Kündigungsschutz würde den Arbeitsmarkt nicht flexibler machen.

Ist der Arbeitsmarkt denn flexibel genug?

Jörg Hofmann: Wir haben beispielsweise mit den Arbeitszeitkonten zahlreiche Möglichkeiten, dass Unternehmen flexibel genug auf die Konjunktur reagieren können. Das darf aber nicht zulasten der sozialen Sicherheit gehen.

Warum nutzen Unternehmen dann verstärkt Leiharbeit und befristete Beschäftigung?

Jörg Hofmann: Das liegt nicht am Kündigungsschutz, sondern an der immer geringer ausgeprägten Bereitschaft von Arbeitgebern, soziale Verantwortung für Beschäftigung zu übernehmen. Die Arbeitgeber verbinden sonderbarerweise die Frage von Wachstum und Beschäftigung immer mit der Frage, wie sie ihre Leute am leichtesten loswerden können.

Nützt der Kündigungsschutz nur denen, die schon einen Job haben?

Jörg Hofmann: Es ist eine unbewiesene Behauptung, dass durch einen lockereren Kündigungsschutz mehr Arbeitslose in Beschäftigung gekommen sind. Und die Unternehmen haben viele Möglichkeiten, zunächst befristet einzustellen.

Das Gespräch führte Philipp Neumann

Artikel erschienen am 01.10.2006

Letzte Änderung: 20.11.2007