IG Metall Pressedienst 46/06

24.04.2006 "Das Ergebnis kann sich sehen lassen" - Große Tarifkommission bewertet Tarifabschluss

Insgesamt zufrieden mit dem gefundenen Tarifabschluss zeigte sich mehrheitlich die Tarifkommission der IG Metall Baden-Württemberg. Der Kompromiss wurde den rund 180 Mitglieder des Gremiums am Mittag in Böblingen vorgestellt.
Eine weitere ausführliche Bewertung nach der Diskussion in den Betrieben und die endgültige Beschlussfassung findet auf der Sitzung der Großen Tarifkommission am 2. Mai 2006 statt.

IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann: "Die Stimmung ist gut, das Ergebnis wird akzeptiert und wird von den Mitgliedern überwiegend positiv aufgenommen".
Bei genauer Betrachtung könne man durchaus von einem Tariferfolg sprechen. "Wir wollten Entgelterhöhungen, die einen nachdrücklichen Impuls für die Binnennachfrage möglich machen. Mit den tabellenwirksamen Lohnerhöhungen von 3 Prozent haben wir einen Schritt in diese Richtung gemacht. Auch bei der Laufzeit konnten wir die Arbeitgeber überzeugen, denn die wirtschaftlichen Entwicklungen und die drohende Mehrwertsteuererhöhung und deren Auswirkungen sind derzeit nicht einschätzbar. Wir wollten eine Neuregelung der vermögenswirksamen Leistungen, die gibt es jetzt. Außerdem ist der Fortführungstarifvertrag zum Lohnrahmen II mit Modifikationen wieder in Kraft gesetzt".

Verwundert zeigte sich der Gewerkschafter über Kritik aus dem Arbeitgeberlager an dem Abschluss: "Am Ende eines Tarifkonfliktes steht immer ein Kompromiss, das muss jedem klar sein. Es ist schon ein etwas seltsamer Stil, Ergebnisse, die man selber unterschrieben hat, später schlecht zu reden".

Der Abschluss überfordere die Unternehmen in der Metall- und Elektroindustrie keineswegs und trage auch nicht zu einer weiteren Abwanderung von Arbeits-plätzen ins Ausland bei.
Hofmann: "Die Behauptung der Arbeitgeber hinkt. Sie bauen hier bewusst ein Horrorszenario auf. Durch den Abschluss wird kein Arbeitsplatz zusätzlich ins Ausland wandern. Unternehmen die verlagern, hätte man auch mit einem billigeren Abschluss nicht daran hindern können. Im Gegenteil. Jetzt haben wir die Chancen, dass sich die Konsumausgaben der privaten Haushalte erhöhen und damit auch Arbeitsplätze im Inland gesichert werden können".

Der Tarifabschluss 2006:
Die Tarifparteien hatten sich am Samstag (22. April 2006) in Düsseldorf auf ein Gesamtpaket verständigt.
Demnach steigen die Löhne und Gehälter ab Juni 2006 für 10 Monate um 3 Prozent.
Für die Monate März, April und Mai gibt es eine Einmalzahlung von 310 Euro. Diese kann durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens angepasst werden. Möglich ist demnach eine zeitliche Verschiebung der Auszahlung, eine Reduzierung, aber auch eine Verdoppelung der zu zahlenden Summe. In Betrieben, wo sich die Betriebsparteien nicht auf Abweichungen einigen können, werden auf jeden Fall die 310 Euro bezahlt.
Der Tarifvertrag hat eine Gesamtlaufzeit von 13 Monaten. Eine längere Laufzeit hat sich ausgeschlossen, da sich weder die wirtschaftliche Entwicklung, noch die Auswirkung der geplanten Erhöhung der Mehrwertsteuer auf die privaten Haushalte derzeit einschätzen lassen.

Fortführung des Lohnrahmen II (Steinkühlerpause)
Zudem wurde vereinbart, den Fortführungstarifvertrag über die Bestimmungen des Lohnrahmentarifvertrags II modifiziert wieder in Kraft zu setzen. Demnach gibt es für die Beschäftigten im Leistungslohn auch weiterhin fünf Minuten Erholzeit pro Stunde.
Der Anspruch gilt für alle Beschäftigten in manuellen Tätigkeiten mit kurzen Arbeitszyklen. In der von Automobil- und Maschinenbau geprägten Metall- und Elektroindustrie des betroffenen Tarifgebietes Nordwürttemberg/Nordbaden finden sich fast nur Tätigkeiten mit solch kurzen Arbeitszyklen.
Der Tarifvertrag gilt außerdem für Produktion und produktionsnahe Bereiche (z.B. Staplerfahrer, Verpackung etc.). Wie bisher können unter bestimmten und genau definierten Bedingungen Erholzeiten angerechnet werden. Wer die fünf Minuten hat und wie viel angerechnet werden kann, darüber entscheidet auch in Zukunft der Betriebsrat mit.
Die weiteren Regelungen des Tarifvertrages wie z.B. persönliche Bedürfniszeiten, Mindesttaktzeiten und Mitbestimmungsrechte bei der Bandbesetzung bleiben von der Neuregelung unberührt.

Vermögenswirksame Leistungen
Aus den bisher gekannten vermögenswirksamen Leistungen (VWL) werden künftig Altersvorsorgewirksame Leistungen (AVWL).
Die Leistungen von 319, 08 Euro pro Jahr für Beschäftigte, 159,48 Euro für Azubis, werden demnach für die Altersvorsorge eingesetzt. Der neue Tarifvertrag gilt ab 1. Oktober 2006 und läuft bis 31. Dezember 2012. Bis zum in Kraft treten der neuen Tarifregelung wird der alte Tarifvertrag VWL wieder in Kraft gesetzt.
Selbstverständlich können bestehende VWL-Verträge weiterhin bedient und die Gelder noch wie bisher angelegt werden. Um dies sicherzustellen wurden längere Übergangszeiten vereinbart.

Letzte Änderung: 22.04.2008