IG Metall Pressemitteilung 45/2015

IG Metall - Pressemitteilung

28.08.2015 IG Metall Baden-Württemberg setzt sich für flexible und mobile Arbeitszeitmodelle ein - Betriebsräte bei Bosch und Daimler gehen mit gutem Beispiel voran

Stuttgart. Um Beruf und Familie besser vereinbaren zu können, möchten immer mehr Beschäftigte unterwegs oder von zu Hause aus arbeiten. Die IG Metall Baden-Württemberg unterstützt deshalb Betriebsratsinitiativen wie bei den Stuttgarter Konzernen Bosch und Daimler, wo mobile Arbeit bereits klar geregelt ist, beziehungsweise über innovative Betriebsvereinbarungen neu geregelt werden soll.

"Jeder Zweite in Nicht-Produktionsbereichen möchte teilweise von zu Hause aus arbeiten, das haben uns die Menschen in unserer großen Beschäftigtenbefragung 2013 klar gesagt. Die IG Metall ist deshalb gefordert, in möglichst vielen Betrieben entsprechende Vereinbarungen auf den Weg zu bringen, damit dieser Wunsch erfüllt werden kann", sagt Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg.

Roman Zitzelsberger

Zugleich appelliert er an die Politik, flexiblere Arbeitszeitmodelle mit entsprechenden Gesetzen zu flankieren. Während der Anteil der Arbeitnehmer, die von zu Hause arbeiten, in Großbritannien, den Niederlanden oder Skandinavien seit Jahren zunimmt, ist er in Deutschland rückläufig. In den Niederlanden haben Arbeitnehmer seit Juli sogar einen gesetzlich verordneten Rechtsanspruch auf Arbeit von zuhause. "Daran sollte sich die Bundesregierung ein Beispiel nehmen, damit Deutschland in Sachen Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf nicht länger ein Entwicklungsland bleibt", so Zitzelsberger.

Für die IG Metall sind flexible Arbeitszeitmodelle ein Topthema der nächsten Jahre, das auch tarifvertraglich geregelt werden soll. Dabei gelte es, die betrieblichen Anforderungen nach Flexibilität und den Anspruch der Beschäftigten nach Zeitsouveränität neu zu justieren. Welchen Stellenwert das Thema einnimmt, zeigt nicht zuletzt der nächste Gewerkschaftstag im Oktober - neben einem Leitantrag gibt es 36 Einzelanträge zu einer neuen Arbeitszeitpolitik. Einer davon fordert auch tariflich geregelte Rahmenbedingungen für mobiles Arbeiten.

In mobiler Arbeit sieht die IG Metall grundsätzlich die Chance auf motivierende, bessere Arbeitsbedingungen. Allerdings sind verbesserte Möglichkeiten, mobil zu arbeiten, keineswegs ein Selbstläufer, sondern müssen klar geregelt werden. Zitzelsberger: "Arbeit von zuhause birgt immer auch das Risiko einer schleichenden Ausweitung von Arbeitszeit und von unbezahlter Leistung. Deshalb muss auch diese Form von Arbeit erfasst und vergütet werden." Zudem gelte es in Betriebsvereinbarungen Spielregeln zu vereinbaren, damit die Beschäftigten auch unter Bedingungen mobilen Arbeitens Beruf und Privatleben sicher planen können.

Jörg Spies

Die Betriebsräte bei Bosch und Daimler haben damit bereits Erfahrung gesammelt. Bosch hat mobile Arbeit seit 2014 geregelt, die Arbeitnehmervertreter bei Daimler haben die Beschäftigten jüngst nach ihren Bedürfnissen befragt und arbeiten an einer zukunftsweisenden Vereinbarung. Dabei hat sich herauskristallisiert, dass es nicht nur darum geht, beispielsweise mehr Zeit für Kinder zu haben. "Stattdessen geht es um eine clevere Verteilung von Arbeitszeit, um so individuelle Freiräume zu gewinnen und bessere Ergebnisse zu erreichen", sagt Jörg Spies, Betriebsratsvorsitzender der Daimler-Zentrale und Gesamtbetriebsratsmitglied. "Um seine Arbeit zu erledigen, muss man heute nicht täglich vor Ort sein. Wenn Daimler auch noch in zehn Jahren ein attraktiver Arbeitgeber sein will, muss faires mobiles Arbeiten jetzt geregelt werden, um den Wettlauf um die fähigsten Köpfe zu gewinnen."

Alfred Löckle

Alfred Löckle, Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei Bosch, zieht nach den ersten Monaten mit Betriebsvereinbarung folgendes Fazit: "Privatleben und Beruf lassen sich beim mobilen Arbeiten oftmals besser vereinbaren. Dies erfordert auf der anderen Seite jedoch auch eine hohe Eigenverantwortung und Disziplin des Mitarbeiters. Wenn die Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem zunehmend verblassen, muss der Mitarbeiter umso aufmerksamer sein, dass er sich nicht überfordert und Ruhezeiten einhält. Manche Mitarbeiter mussten entdecken, dass der betriebliche Arbeitsplatz der bessere ist."

Letzte Änderung: 28.08.2015