IG Metall Pressemitteilung 29/2015

IG Metall - Pressemitteilung

23.04.2015 Zitzelsberger zieht positive Bilanz der Wirtschaftskraft im Südwesten und wirft Südwestmetall "Schwarzmalerei" vor - IG Metall-Landeschef seit 500 Tagen im Amt

Stuttgart. "Die Industrie im Südwesten ist hervorragend aufgestellt und für die Herausforderungen der Zukunft bestens gerüstet. Das ist dem großem Engagement der Belegschaften, einer verlässlichen Tarifpolitik und der notwendigen Unterstützung durch die grün-rote Landesregierung geschuldet." Diese Bilanz zog Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, nach 500 Tagen in dieser Funktion.

Die Einschätzung des Gewerkschafters wurde jüngst von mehreren Studien bestätigt: Mit 328 Milliarden Euro hat die Südwestindustrie 2014 einen neuen Umsatzrekord erzielt. Die Beschäftigtenzahl stieg das vierte Jahr in Folge und lag nach Angaben des Statistischen Landesamts erstmals wieder über dem Vorkrisenniveau 2008. Zitzelsberger: "Der Löwenanteil dieses Wachstums wurde in den beiden Metall-Branchen Fahrzeug- und Maschinenbau erwirtschaftet, das spricht für eine verlässliche Tarifpolitik."

IG Metall - Roman Zitzelsberger

Der Umsatzrekord geht einher mit Rekord-Investitionen in Forschung und Entwicklung, in keinem anderen Bundesland werden mehr Patente angemeldet (2014: 137 Patente je 100.000 Einwohner). Finanz-und Wirtschaftsminister Nils Schmid bezeichnete den Südwesten kürzlich als "innovativste Region Europas".
Anlässlich solcher Erfolgsmeldungen zeigt sich Zitzelsberger über jüngste Äußerungen des Arbeitgeberverbands Südwestmetall verwundert, wonach baden-württembergische Unternehmen durch die Landesgesetzgebung und vergleichsweise hohe Lohnkosten belastet würden und die Standort-Treue entsprechend sinke. Dies stellte Südwestmetall-Chef Stefan Wolf Mitte April als Ergebnis einer Studie zur Zukunftsfähigkeit des Landes vor, die der Verband in Auftrag gegeben hatte.

"Zukunftsfragen zu diskutieren und neue Entwicklungen kritisch zu hinterfragen, halte ich für richtig und wichtig", betonte Zitzelsberger. "In diesem Fall scheint mir das Kind allerdings mit dem Bade ausgeschüttet und die Untersuchung dazu benutzt worden zu sein, was der Kaufmann am besten kann - nämlich jammern."

Tatsächlich bescheinigt die Studie der arbeitgebernahen Kölner IW Consult GmbH dem Standort Baden-Württemberg Spitzenwerte bei Einkommen, Beschäftigung, Wohlstand, Exporten und Innovationen. Wolf selbst verwies darauf, dass es der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie in den letzten 15 Jahren gelungen sei, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit weiter zu verbessern - trotz vergleichsweise hoher Arbeitskosten.

Dass die Branche mittlerweile vor allem im Ausland wächst, ist eine Tatsache. "Daraus abzuleiten, dass in einer potenziellen nächsten Krise zuerst Produktionskapazitäten im Inland dran glauben müssten und den Standort als Ganzes in Frage zu stellen, halte ich allerdings für reine Schwarzmalerei", sagte Zitzelsberger. Gerade Veränderungsprozesse wie zum Beispiel Industrie 4.0 werden nach Einschätzung des Gewerkschafters die Stärke der baden-württembergischen Industrie weiter voranbringen und ihre Zukunft langfristig absichern.

Zudem hat die Studie auch ergeben, dass "derzeit keine direkte Verlagerung der Produktion vom Südwesten ins Ausland stattfindet." Entscheidend dafür seien Standortvorteile wie "Produktivität, Rechtssicherheit, die Nähe zu relevanten Abnehmern sowie die Verfügbarkeit von Fachkräften".

Nicht nachvollziehen kann Zitzelsberger deshalb die Kritik der Arbeitgeber an der aktuellen Landesregierung. "Gerade unter Grün-Rot ist die Wirtschaft in den vergangenen drei Jahren gewachsen. Ich bin überzeugt davon, dass für Beschäftigte wichtige Vorhaben wie das Bildungszeitgesetz diese Entwicklung sogar noch unterstützen werden."

Darüber hinaus klagen die Arbeitgeber über einen erheblichen Anstieg der Lohnstückkosten in den letzten drei Tarifrunden und sehen die Tarifparteien in der Verantwortung, diese "nicht weiter zu erhöhen." Nach Ansicht des IG-Metall-Bezirksleiters haben allerdings erst die jüngsten Tarifabschlüsse entscheidend dazu beigetragen, die Kaufkraft der Menschen zu steigern und die Konjunkturlokomotive richtig in Fahrt zu bringen.

Von den Weiterbildungsmöglichkeiten in Metall- und Elektrobetrieben, die die Tarifparteien im Februar 2015 vereinbart haben, verspricht er sich zusätzliche positive Impulse für die Wirtschaft.
"Der jüngste Tarifabschluss ist ein weiterer Baustein zur Absicherung des künftigen Fachkräfte-Bedarfs, auch weil die Arbeitgeber verpflichtet werden, endlich mehr zur Qualifizierung von An- und Ungelernten zu tun."

Laut der Bundesagentur für Arbeit hat jeder zehnte Beschäftigte im Südwesten keine Berufsausbildung - trotzdem werden entsprechende Fördermaßnahmen der Behörde kaum wahrgenommen. Dies auf den Unwillen der Beschäftigten zur Weiterbildung zu schieben, wie Südwestmetall es tut, sei "billig", so Zitzelsberger. "Bei der Weiterbildung geht es nicht um eine Hol-Schuld der Menschen, sondern um eine gezielte Förderung. Da haben wir gemeinsam eine wichtige Aufgabe zu erledigen."

Der grün-roten Landesregierung stellt Zitzelsberger ein positives Zeugnis aus: Über Allianzen zu verschiedenen Branchen-Themen suche sie den regelmäßigen Dialog mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gewerkschaften und beteilige diese somit an wichtigen Entwicklungen. "Die Zusammenarbeit in meinen ersten 500 Tagen als Bezirksleiter war gut, darauf lässt sich in Zukunft weiter aufbauen."

Für die nächsten 500 Tage hat sich die IG Metall im Land folgende Arbeits-Prioritäten vorgenommen: Umsetzung der abgeschlossenen Tarifverträge in den Betrieben, Unterstützung der Beschäftigten bei den Herausforderungen der digitalen Vernetzung, Stärkung der eigenen Organisation sowie Auseinandersetzung mit politischen Vorhaben zu Altersversorgung, Werkverträgen und weiteren landespolitischen Themen.

Letzte Änderung: 23.04.2015