IG Metall Pressedienst 06/06

15.02.2006 Nicht auf den Lorbeeren ausruhen - Beschäftigungspolitische Konferenz der IG Metall am 15. Februar 2006 in Stuttgart

Klare Alternativen zum freien Markt, zu Deregulierung und Sozialabbau forderte IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann in Stuttgart. Auf einer Fachkonferenz der Gewerkschaft machte er die neoliberalen Glaubenssätze verantwortlich für "die tiefe Stagnation die unser Land ummantelt und die immer weiter um sich greifende gesellschaftliche Spaltung zwischen arm und reich oder jung und alt".
Um diese Gräben zu überwinden müsse man aktiv um Alternativen ringen und könne nicht die Hände in den Schoß legen und sich auf längst verteilten Lorbeeren ausruhen, wie dies die Landesregierung bisweilen tue, so Hofmann.
"Wir müssen gegen die Lethargie durch die anhaltende Massenarbeitslosigkeit und die stagnierenden Wachstumsraten kämpfen. Dazu benötigen wir eine deutliche Stärkung der Inlandsnachfrage. Deshalb ist unsere Forderung nach Entgeltsteigerungerungen nachvollziehbar und begründet", verteidigte er die Forderung der IG Metall nach Entgeltsteigerungen um 5 Prozent für die rund 800 000 Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie im Land.

Zudem müssten die Unternehmen und die Politik endlich begreifen, dass "unser größtes Potenzial in den Köpfen der Beschäftigten schlummert. Wir müssen Hirn und Verstand der Mitarbeiter in den Unternehmen als das größte Kapital unseres Landes begreifen. Dann können wir den Strukturwandel gestalten und Beschäftigung im Land sichern und ausbauen".
Weiter warb Hofmann vor dem Hintergrund des demografischen Wandels für eine Erhöhung der Erwerbstätigenquote von Frauen und älteren Beschäftigten. Außerdem gelte es den Strukturwandel sozialverträglich zu gestalten, betonte der Gewerkschafter. Im Zuge einer fortschreitenden Internationalisierung seien dahingehende Konzepte und Überlegungen unerlässlich.
"Die Erhöhung des Renteneintrittsalters ist vor diesem Hintergrund ein Irrweg und bloße Augenwischerei. Mit diesem Schritt soll möglichst schnell Geld in die Kassen der Rentenversicherung gespült werden. Konzepte, wie die Schere zwischen realem Renteneintritt und gesetzlichem Rentenalter geschlossen werden soll, bleiben Politik und Unternehmen schuldig", sagte Hofmann.

Auch Südwestmetall griff er in diesem Zusammenhang scharf an. Hofmann: "Von ungeheurer Renditegier getrieben verabschiedet man sich bei den Arbeitgebern von Modellen einer humanen Arbeitsgestaltung. Die Kündigung der Bestimmungen des Lohnrahmen II ist der Beweis dafür". Der Tarifvertrag regelt neben Pausen- und Bedürfniszeiten für fließ- und taktgebundene Arbeit auch Fragen der Mindesttaktzeiten und der Mitbestimmung bei der Personalbesetzung.

"Gerade vor dem Hintergrund einer Rolle Rückwärts bei den Arbeitsbedingungen in den Unternehmen sind die Bestimmungen des Tarifvertrages aktueller denn je. Wir brauchen verbindliche Regeln für die Gestaltung restriktiver Arbeitsplätze. Anders können die Menschen in Produktionsarbeit nicht bis zur Rente durchhalten", macht er deutlich.
Der IG Metall falle bei der Gestaltung des Strukturwandels eine Schlüsselrolle zu, da mehr als 60 Prozent der Arbeitsplätze im Land von den Entwicklungen der Metall- und Elektroindustrie, Textilindustrie, Holzverarbeitung oder dem Metallhandwerk abhängig sind. "Der Kern des Landes ist seine industrielle Produktion. Hier gilt es die Basis des Erfolges, die Clusterbildung rings um diese Kernbranchen auszubauen".
Dazu gehöre allerdings auch, dass die Unternehmen endlich ihrer gesellschaftlichen und sozialen Verantwortung nachkämen und ausreichend Ausbildungsplätze zur Verfügung stellten. Außerdem müsse es Modelle zur Qualifizierung für un- und angelernte geben, so Hofmann.
Das von Ministerpräsident Oettinger ins Spiel gebrachte Kombi-Lohn-Modell bezeichnete Hofmann als wenig zielführend. "Hier brauchen wir noch eine intensive Debatte mit den Tarifparteien. Außerdem müssen dringend spezielle Projekte für an- und ungelernte Beschäftigte beschrieben werden".

Letzte Änderung: 22.04.2008