IG Metall Pressedienst 23/2013

IG Metall Pressedienst

01.05.2013 Zukunftsthema soziale Gerechtigkeit - 1. Mai 2013: IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann in Karlsruhe

Karlsruhe - Scharfe Kritik an der Politik der Bundesregierung übte IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann heute auf einer Maikundgebung in Karlsruhe. Deutschland sei noch lange kein Arbeitnehmerparadies, nur weil die Lage in anderen Ländern weitaus schlimmer sei. Deutschland würde nur deshalb besser dastehen, "weil auf den Ausbruch der Krise 2008 unter Beteiligung der Gewerkschaften mit einer klugen und vorausschauenden Politik reagiert wurde", so Hofmann.

Jörg Hofmann

Kurswechsel für mehr soziale Gerechtigkeit gefordert
Hofmann betonte, der 1. Mai habe als Festtag für die arbeitenden Menschen eine hohe Bedeutung. "An diesem Tag wird in der gesamten Republik die soziale Realität des Landes beschrieben."

Und das Bild unterscheide sich vielfach fundamental von dem, das die Regierungspolitik und Arbeitgeber zeichnen würden. "Wir verschließen die Augen nicht, wenn Nachzahlungen für Strom und Gas tiefe Löcher in die ohnehin schon angespannten Haushaltskassen der abhängig Beschäftigten reißen. Wir schauen nicht weg, wenn Menschen darüber klagen, dass ihr Lohn nur zum Leben reicht, wenn das Sozialamt die kargen Bezüge unter Einsatz von Steuergeldern auf Hartz IV-Niveau aufstockt. Wir thematisieren diese offensichtliche Schieflage."

Betroffen seien von dieser Entwicklung vorrangig Berufseinsteiger und junge Erwachsene, in zunehmendem Maße aber auch ältere Beschäftigte. Deshalb, so Hofmann, gebe es derzeit kaum ein zukunftsfähigeres und moderneres Thema, als sich für soziale Gerechtigkeit, Teilhabe und gute Arbeit stark zu machen.

Auskömmliche Rente
Gute Arbeit sei zudem auch Voraussetzung für eine sichere auskömmliche Rente. Doch das Rentenniveau befinde sich seit Beginn des Jahrtausends durch die Einführung diverser Kürzungs- und Dämpfungsfaktoren im freien Fall.
So muss ein Durchschnittsverdiener 33 Jahre ununterbrochen sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein, um in Zukunft noch eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu erhalten.

Wachsender Leistungsdruck, Arbeitsverdichtung, ausufernde Arbeitszeiten
Gleichzeitig sehen sich immer mehr Beschäftigte einem wachsenden Leistungsdruck durch zunehmende Arbeitsverdichtung und ausufernde Arbeitszeiten ausgesetzt. "Und wenn sie nicht mehr können, werden sie mit einer Minirente abgespeist, die durch zahlreiche Abschläge nochmals an Wert verliert. Abschläge, die immer höher werden, weil die Lücke bis zur abschlagsfreien Regelaltersgrenze natürlich steigt, wenn die Rente ab 67 voll wirksam ist."

Warnstreiks in der Metall- und Elektroindustrie
Mit Blick auf die laufende Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie kündigte Hofmann massive Warnstreiks in Baden-Württemberg ab dem 2. Mai an. "Die Metallerinnen und Metaller werden nicht nur ein Mehr an Gerechtigkeit fordern, sondern in vielen Betrieben aktiv handeln. Während die Betriebe Rekordergebnisse einfahren, die Aktionäre sich über üppige Dividendenzahlungen freuen, soll den Beschäftigten ein Reallohnstopp verordnet werden. Das ist zutiefst unsozial und fordert unsere Kampfkraft."

Den Auftakt der Warnstreiks macht die Firma EvoBus in Ulm mit einem "Mitternachtsfrühstück" am 2. Mai um 2.30 Uhr. Es folgt um 3.15 Uhr eine Kundgebung der Nachtschicht von Daimler Sindelfingen. Am Vormittag (9.15 Uhr) wollen dann die Belegschaften der Frühschicht von Daimler Sindelfingen und Porsche in Zuffenhausen vor die Werkstore ziehen.

2. Mai 1933: Die Zerschlagung der Gewerkschaften durch die Nationalsozialisten
Doch der vielfach als "Kampftag der Gewerkschaften" bekannte 1. Mai ist in diesem Jahr auch ein Tag des Mahnens und Erinnerns. Vor 80 Jahren hatten die Nationalsozialisten den Feiertag der Arbeiterbewegung zum "Feiertag der nationalen Arbeit" erklärt. Nur einen Tag später überfielen Kommandos von SA und SS die Gewerkschaftshäuser, verhafteten Gewerkschaftsführer, folterten sie und prügelten viele zu Tode.
Hofmann: "Der Tag der Zerschlagung der freien Gewerkschaften besiegelte das Ende der Demokratie. Es war der Beginn einer zwölfjährigen Terrorherrschaft mit Gewalt, Krieg und Holocaust. Es war der schwärzeste Tag in der Geschichte der Arbeiterbewegung. Das darf sich nie wieder wiederholen."

Letzte Änderung: 30.04.2013