IG Metall Pressedienst 32/2011

Pressedienst

26.10.2011 Arbeit human gestalten - IG Metall diskutiert über Perspektiven nach 125 Jahren Automobil

Die IG Metall mahnt die Arbeitgeber an, sich Gedanken über die Zukunft der Arbeit in der Automobilindustrie zu machen. Das machte die Gewerkschaft heute in Stuttgart im Rahmen einer Veranstaltung unter dem Titel "Perspektiven nach 125 Jahren Automobil" deutlich. Dabei geht es der IG Metall um die Entwicklung von Beschäftigungsmöglichkeiten und deren Konditionen, um Entgelte und Arbeitszeiten sowie Arbeitsbedingungen und Mitbestimmung.

Prof. Dr. Michael Schumann, Präsident SOFI Göttingen

Der Hauptreferent, Professor Dr. Michael Schumann, Präsident des Soziologischen Forschungsinstituts (SOFI) der Universität Göttingen: "Gepriesen wird der Triumph des technischen und ökonomischen Fortschritts. Doch diese Erfolgsperspektive bleibt einseitig. Aus der Sicht der Beschäftigten und ihrer gewerkschaftlichen Interessenvertretung prägen den Blick zurück zwei ganz unterschiedliche Sachverhalte. Die Entwicklung der Automobilindustrie in Deutschland ist die eindrucksvolle Erfolgsstory einer Branche. Branche und Unternehmen symbolisieren in immer neuen Innovationszyklen vorangetriebene technische Perfektion und überragendes wirtschaftliches Wachstum. Zu feiern ist ein gigantischer Prozess expansiver Industrialisierung."

Schumann betonte jedoch die Widersprüchlichkeit der Wahrnehmung, da Automobilarbeit lange Zeit synonym für entfremdete Arbeit gestanden habe. "Für Arbeit, die unter den Bedingungen fortschreitender Fertigungsstandardisierung, Fließbandproduktion und Spezialmaschinen das Gegenteil darstellt von schöpferischer, Entfaltung ermöglichender Tätigkeit."
Deshalb müsse über die Zukunft der Automobilarbeit nachgedacht werden.
Schumann: "Es gibt Anlass genug, die arbeitspolitische Debatte in den Unternehmen wieder aufzunehmen. Die Sicherung von Beschäftigung und Einkommen sowie die Rücknahme von prekarisierten Beschäftigungsverhältnissen bleibt ohne Zweifel essentiell." Es gehe dabei um menschenwürdigere Arbeit, um mehr Autonomie, um mehr Selbstbestimmung. "So wird Daimler seine Innovation Auto ohne Emissionen in seiner Entwicklung und Herstellung nur mit einer Arbeitspolitik erreichen können, die die Beschäftigten mit ihrem ganzen Know-how, vollen Engagement, selbstständigen Urteilsvermögen und demokratischer Beteiligung in den Prozess einzubeziehen vermag."

Jörg Hofmann IG Metall Bezirksleiter Ba-Wü

Jörg Hofmann, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg: "125 Jahre Automobil ist nicht nur Wirtschafts- und Technikgeschichte. Bis dato kommen aber die Menschen und ihre Arbeitsbedingungen in Büro und Produktion, Herstellung und Service zu kurz. Dabei wäre ohne die vielen tausend arbeitenden Hände in der Automobil- und ihrer Zulieferindustrie diese Entwicklung, ja, diese Erfolgsgeschichte überhaupt nicht möglich gewesen. Deshalb schlagen wir heute ein anderes Kapitel auf und fragen, wie sich die Arbeit der Menschen verändert hat und verändern wird und was wir tun müssen, um diese human zu gestalten. Davon wird der künftige Erfolg der Branche erheblich abhängen."

Erich Klemm, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Daimler AG: "Es sind die Menschen und die Bedingungen unter denen sie leben und arbeiten, auf die sich der Blick von uns Gewerkschaftern und Betriebsräten richtet - egal, ob wir in die Vergangenheit oder die Zukunft schauen. Mit der Fragestellung was heißt das für die Beschäftigten, die im Automobilbau tätig sind, müssen wir analysieren, wie sich Märkte und Technik entwickeln. Wir fragen uns auch, wie eine wirksame Interessenvertretung aussehen kann in den Zeiten, die da kommen. Nicht nur die Technik und die Märkte stehen unter Veränderungsdruck."

Dr. Rainer Fattmann

Der Bonner Historiker Dr. Rainer Fattmann wies darauf hin, dass das Eigenbild des Daimler-Konzerns deutlich positiver ausfalle, als es real sei. "Es gab in diesen 125 Jahren verschiedene Phasen, die in unterschiedlichem Maße von Kooperation und Konflikt geprägt waren." Fattmann hat im Frühjahr das Buch "125 Jahre Arbeit und Leben in den Werken von Daimler und Benz" veröffentlicht. Darin beschäftigt er sich intensiv mit der Geschichte der Beschäftigten und ihrer Interessenvertretung in der Geschichte der heutigen Daimler AG.

Anhang:
Rede Erich Klemm
Rede Prof. Schumann

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Rede Michael Schumann

Rede Michael Schumann

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Rede Erich Klemm

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Letzte Änderung: 27.10.2011