IG Metall Pressedienst 2/2011
Die IG Metall Baden-Württemberg will die Regelungen zur Beschäftigungssicherung und Qualifizierung fortführen. Den Weg für die dafür notwendigen Gespräche mit Südwestmetall hat die Große Tarifkommission heute auf ihrer Sitzung in Leinfelden-Echterdingen freigemacht. Der im Februar 2009 erstmals geschlossene Tarifvertrag "Kurzarbeit, Qualifizierung und Beschäftigung" endet im Sommer 2012 ansonsten ohne Nachwirkung.
IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann: "Wir haben ein Interesse daran, diese Regelungen fortzuführen, da sie sich in einer Zeit der größten Belastung als extrem hilfreich gezeigt haben. Wir müssen uns
deshalb frühzeitig über Nachfolgeregelungen den Kopf zerbrechen. Deshalb fordern wir Südwestmetall auch zu Gesprächen auf." Dabei spiele auch das Thema Übernahme von Auszubildenden nach der Ausbildung und die
Bewältigung des Beschäftigungsaufbaus eine entscheidende Rolle.
Hofmann: "Die als Ausnahme gedachte befristete Übernahme nach der Ausbildung ist zur Regel geworden. Damit rauben wir jungen Menschen die Zukunft. Das muss sich ändern."
Zudem kritisierte Hofmann die Arbeitgeber, die den derzeit vorhandenen Bedarf an Arbeitskräften zum Großteil mit prekärer Beschäftigung wie Leiharbeit, Werkverträgen und Befristungen bewältigen wollen. "Wir
akzeptieren nicht, dass die Arbeitgeber sich aus ihrer Verantwortung stehlen. Der bestehende Personalbedarf muss mit Festanstellungen bewältigt werden." Hierfür hätten die Tarifvertragsparteien der Metall- und
Elektroindustrie den notwendigen Flexibilitätsrahmen geschaffen. Die IG Metall wäre bereit diesen nun in der Krise erweiterten Rahmen fortzuführen, wenn damit ein Mehr an sicherer und fairer Beschäftigung in den
Betrieben verbunden wäre.
Umfrageergebnisse vorgestellt
Vorgestellt wurde zudem eine Umfrage der IG Metall Baden-Württemberg unter mehr als 900 Betrieben im Bezirk, die Ende Januar durchgeführt worden war.
Die Ergebnisse bestätigen die Aussage der IG Metall, dass der Aufschwung nur in kleinem Umfang in sicheren und fairen Jobs ankommt.
Bezirksleiter Hofmann: "Wir haben die groteske Situation, dass der Aufschwung ein Mehr an Unsicherheit in der Lebensplanung von tausenden von Beschäftigten bedeutet, die in prekäre Beschäftigung abgedrängt werden.
Dies ist untragbar."
Demnach stellt rund die Hälfte der Betriebe nur befristet ein, während lediglich ein Viertel der Betriebe überwiegend unbefristet einstellt.
Noch dramatischer ist die Situation für Auszubildende: Dreiviertel der Betriebe gibt an, ihre Auszubildenden am Ende der Ausbildung nur befristet zu übernehmen.
Rund ein Viertel der befragten Betriebe stellt eine Zunahme von Leiharbeit während der letzten drei Monate fest, während nur 20 Prozent angeben, keine Leiharbeit im Haus zu haben.
In 73 Prozent der befragten Betrieben kommen Werkverträge zum Einsatz und 53 Prozent der befragten Betriebe sagen, durch den Einsatz von Werkverträgen seien Stammarbeitsplätze ersetzt worden.
Auch die These der IG Metall, die Betriebe würden statt Investitionen und ein Mehr an Beschäftigung vorrangig auf Leistungsverdichtung und Ausweitung der Arbeitszeiten setzen um die Renditemargen der Vorkrisenzeit
möglichst schnell zu erreichen, finden in der Umfrage ihre Bestätigung.
Bei 65 Prozent der Betriebe treten akute Probleme mit Leistungsvorgaben und Personalbesetzung auf, wie die Umfrage ergab. Davon betroffen sind vorwiegend die Fertigungsbereiche und Montagen. Aber auch in mehr als 50 Prozent der
Verwaltungsbereiche und in über einem Drittel der Entwicklungsbereiche gibt es wachsende Probleme mit Leistungsvorgaben.
Im Zusammenhang mit den wachsenden Leistungsvorgaben ist laut Umfrage in fast 40 Prozent der Betriebe eine Ausweitung der Schichtarbeit festzustellen. Festzustellen ist vor allem, dass mehr Beschäftigte als bisher in
3-Schicht-Modellen arbeiten.
Zudem verfällt in mehr als einem Drittel der befragten Betriebe regelmäßig geleistete Arbeitszeit.
52 Prozent der Beschäftigten der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie profitieren vorzeitig von der Tariferhöhung 2011. Insgesamt ziehen 30 Prozent der Betriebe die Tariferhöhung vor. Demnach
profitiert die Mehrzahl der Beschäftigten von der Möglichkeit des im Februar 2010 geschlossenen Tarifvertrages, wonach die Erhöhung von
2,7 Prozent auf Februar 2011 vorgezogen werden kann.
Gleichzeitig plant über 40 Prozent der Betriebe eine ertragsabhängige Sonderzahlung für die Beschäftigten. Davon würden rund 65 Prozent der Beschäftigten der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie profitieren. Hofmann begrüßt zwar einerseits die Zahlungen, fordert aber gleichzeitig: "Mich ärgert, dass da unsere Betriebsräte immer noch als Bittsteller auftreten müssen, weil wir für ertragsabhängige Sonderzahlungen keine tariflichen Rahmenregelungen haben. Letztendlich ist das immer noch Geldverteilen nach Gutsherrenart."
Letzte Änderung: 10.02.2011