IG Metall Pressedienst 05/2010

IG Metall Pressedienst

17.02.2010 Jobpaket Südwest ist geschnürt - Sitzung der Großen Tarifkommission in Baden-Württemberg - 17. Februar 2010

Breite Zustimmung gab es heute von der Großen Tarifkommission für das gestern zwischen den Tarifparteien der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg geschnürte Maßnahmenpaket zur Beschäftigungssicherung. Das 180-köpfige Gremium wurde am Vormittag über die Details der Vereinbarung unterrichtet.

IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann forderte die Arbeitgeber auf, gemeinsam mit den Betriebsräten die neue Planungssicherheit bis Juni 2012 effektiv zu nutzen. "Mit den erweiterten Möglichkeiten zur Beschäftigungssicherung gibt es ausreichend Instrumente, um mit allen Beschäftigten durch die Krise zu kommen, an Ausbildung und Übernahme festzuhalten und damit der Jugend Perspektiven zu bieten", sagte er dazu heute in Leonberg. Wer jetzt in der Krise Fachkräfte auf die Straße setze oder nicht ausbilde, habe nach der Krise deutlich schlechtere Startchancen.

Von der Bundesregierung forderte Hofmann in diesem Zusammenhang, sie solle jetzt ihren Beitrag leisten, damit die Sicherung von Beschäfti-gung für Betriebe und Betriebsräte planbar wird und zu bewältigen ist. Hofmann: "Dazu gehört die Verlängerung der Regelungen zu Kurzarbeit Plus über den 31. Dezember 2010 hinaus. Und dazu gehört auch einen Entgeltausgleich von Sozialabgaben freizustellen, wenn die Arbeitszeit zur Sicherung von Beschäftigung verkürzt wird."
An die Arbeitgeber richtete er zudem die Forderung, den Weg für eine unbefristete Durchfinanzierung der Altersteilzeit frei zu machen.
"Altersteilzeit ist gerade jetzt in der Krise unverzichtbar - auch um die Chancen Jugendlicher auf eine Übernahme nach der Ausbildung zu verbessern", so der Gewerkschafter.

Mit Blick auf die heute Mittag in NRW startende Tarifverhandlung bekräftigte Hofmann seine Forderung nach einer sichtbaren Einkommensentwicklung für die Beschäftigten. "Die Realentgelte und die Kaufkraft müssen gesichert werden." Er warnte gleichzeitig die Arbeitgeber davor, den Bogen zu überspannen und den Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie eine Nullrunde diktieren zu wollen. "Wer solche Träume hat, sollte zusehen, dass er aufwacht."

Details des Paketes zur Beschäftigungssicherung:
Der neue Tarifvertrag "Kurzarbeit, Qualifizierung und Beschäftigung" hat eine Laufzeit bis 30. Juni 2012. Neben den Bedingungen der konjunkturellen Kurzarbeit sind darin auch Regelungen zu einem Modell der tariflichen Kurzarbeit enthalten.

Tarifliche Kurzarbeit kann dann eingesetzt werden, wenn die Möglichkeiten für konjunkturelle Kurzarbeit ausgeschöpft sind. Dies trifft z.B. dann zu, wenn die Bezugsdauer von 24 Monaten ausgeschöpft ist, was in einer großen Zahl der Betriebe im Südwesten bereits im kommenden Herbst der Fall sein wird. Die tarifliche Kurzarbeit ist gegebenenfalls über eine tarifliche Schlichtungsstelle für sechs Monate erzwingbar. Die Arbeitszeit kann bei Anwendung des Modells auf eine Bandbreite zwischen 31,5 und 28 Stunden abgesenkt werden. Für die abgesenkte Arbeitszeit erhalten die Beschäftigten einen Teilentgeltausgleich in Höhe von 15,33 Prozent je Ausfallstunde. Die Berechnung der Ausfallstunden erfolgt im Monatsdurchschnitt. Wird das Modell der tariflichen Kurzarbeit im Betrieb angewandt, haben die betroffenen Beschäftigten während der Dauer einen erweiterten Kündigungsschutz.

Betriebe die sehr lange die Möglichkeit der Kurzarbeit nutzen um Beschäftigung im Unternehmen zu halten, können im Rahmen des neuen Tarifvertrages die Remanenzkosten senken. Diese Kosten der Betriebe für nicht geleistete Arbeit werden mit rund 26 Prozent je Ausfallstunde veranschlagt. So können Betriebe mit mehr als 24 Monaten Kurzarbeit die tariflichen Einmalzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld) der Kurzarbeiter entsprechend der Intensität der Kurzarbeit kürzen. Im Gegenzug haben die Beschäftigten einen erweiterten Kündigungsschutz.

Ein weiterer Baustein ist die Möglichkeit auf bis zu fünf Jahre persönliche Weiterbildung. Somit haben alle Beschäftigten die Möglichkeit, sich für diesen Zeitraum für Qualifizierungen, Schulabschlüsse oder gar ein Studium freistellen zu lassen. Der Anspruch auf Weiterbeschäftigung bleibt erhalten. Auszubildende können diese Möglichkeit einer Weiterqualifizierung direkt im Anschluss an die Ausbildung nutzen. In diesen Fällen verschiebt sich der Mindestanspruch auf Übernahme nach der Ausbildung nach hinten. Außerdem besteht jetzt für 1 Prozent der Beschäftigten eines Betriebes (ab einer Betriebsgröße von 500 Beschäftigten, in konzernabhängigen Betrieben ab 300 Beschäftigten) der Anspruch auf bis zu 48 Monate Qualifizierung in einem verblockten Teilzeitmodell, die auch für die oben genannten Möglichkeiten genutzt werden kann.
Die in Baden-Württemberg tarifvertraglich verankerte Aufzahlung bei konjunktureller Kurzarbeit bleibt unverändert.

Ebenso bleibt konjunkturelle Kurzarbeit auch in Zukunft für Betriebsräte und ihren Betrieb erzwingbar. Verweigert ein Arbeitgeber diesen Weg, ersetzt gegebenenfalls eine tarifliche Schlichtungsstelle die Einigung. Die Schiedsstelle ist paritätisch und mit einem regelmäßig wechselnden Vorsitzenden besetzt und kann Kurzarbeit für maximal sechs Monate anordnen.

Letzte Änderung: 27.02.2010