Beschäftigung sichern

IG Metall Interview

24.11.2009 Jörg Hofmann von der IG Metall zu Wegen aus der Krise - Interview mit dem IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann - Südkurier - 23. November 2009 - Das Gespräch führte Claudia Wörner

Unter dem Motto "Handeln in der Krise" stand die Funktionärskonferenz der IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben und Singen im Graf-Zeppelin-Haus in Friedrichshafen. Gastredner Jörg Hofmann im Gespräch über Krisenbewältigung in der Region.

Südkurier: Die weltweite Wirtschaftskrise hinterließ auch in der Bodensee-Region deutliche Spuren. Wie beurteilen Sie die Arbeit der örtlichen Betriebsräte in diesem Zusammenhang?

Jörg Hofmann: Die Betriebsräte habe Enormes geleistet um diesem Einbruch zu begegnen, ohne dass es zu einem massiven Anstieg an Entlassungen gekommen ist. Wir können über alle Regionen hinweg den tiefsten Einbruch beobachten, den Deutschland je erlebt hat. Trotzdem haben wir noch einigermaßen stabile Arbeitsmärkte. Das ist entscheidend für die Frage, ob es wieder aufwärts geht.

Für ihr Beschäftigungssicherungskonzept haben die Betriebsräte der ZF AG einen Preis bekommen - was sagen Sie dazu?

JH: Es freut mich natürlich, dass die Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen so gewürdigt wird. Die ZF AG ist ein Beispiel dafür, wie man es in einem sehr schwierigen wirtschaftlichen Umfeld trotzdem versucht zu schaffen, Beschäftigung nicht nur für die Stammbelegschaft, sondern auch für befristet Beschäftigte aufrecht zu erhalten und die Übernahme der Auszubildenden im Blick zu behalten.

Sind die Möglichkeiten des Metall-Tarifvertrags ausreichend gewesen, um der Krise begegnen zu können?

JH: Bis dato offensichtlich ja. Das ist sicherlich keine Frage, ob die Werkzeuge der Tarifverträge ausreichen, vielmehr die Frage, ob man im Betrieb eine Politik der Beschäftigungssicherung durchsetzt. Wir müssen den Tarifvertrag weiter entwickeln. Daher unser Vorschlag, wenn Kurzarbeit nicht mehr funktioniert, weitere Möglichkeiten der Arbeitszeitverkürzung auf unter 30 Stunden mit entsprechendem Teillohnausgleich zu entwickeln.

Hat die Krise die IG Metall eigentlich stärker gemacht? Oder hat die Gewerkschaft eher unter ihr gelitten?

JH: Wir haben im politischen Umfeld zum Beispiel durch die Abwrackprämie, aber vor allem durch die Verlängerung des Instruments der Kurzarbeit wichtige Vorschläge gebracht, die die IG Metall in der öffentlichen Bewertung nach vorne gebracht hat. In den Betrieben ist die Krise ein zweischneidiges Schwert. Sie lässt die Menschen näher zusammen rücken. Da gewinnen wir neue Mitglieder. Aber in der Regel kostet uns jeder Arbeitsplatz weniger leider auch ein Mitglied.

Wie beurteilen Sie die kommende Metall-Tarifrunde?

JH: Über Prozente sprechen wir im Moment noch nicht. Vielmehr steht als Aufgabe an, wie wir in Sachen Beschäftigungssicherung weiter gehen und wie es beim Thema Übernahme von Auszubildenden aussieht. Bis dato halte ich am Terminkalender fest und der besagt, möglichst spät über eine konkrete Forderung zu diskutieren, um die aktuelle Situation mit einbeziehen zu können. Ziel ist, die Einkommen so zu erhöhen, dass die Kaufkraft real gesichert wird. Damit wollen wir auch Signale für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung setzen.

Wie beurteilen sie die Lage in der Region Bodensee-Oberschwaben im Vergleich mit dem Stuttgarter Raum?

JH: Die Arbeitslosenquote im Stuttgarter Raum ist etwas höher. Mit ZF und Teilen der MTU gibt es in der Bodensee-Region Unternehmen, die von der Krise stärker betroffen sind. Der Nutzfahrzeugbereich ist insgesamt massiv eingebrochen. In der Region auch typische Spätzykler wie die Luft- und Raumfahrt angesiedelt, da muss man jetzt mal abwarten. Insgesamt sind die Verhältnisse in Oberschwaben nicht untypisch. Auch hier werden wir ein Minus zwischen 20 und 25 Prozent in der Produktionsleistung zu verzeichnen haben.

Letzte Änderung: 24.11.2009