Autoindustrie braucht weniger ...

IG Metall Aus den Medien

23.09.2009 ... Mitarbeiter - dpa-Gespräch mit IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann - 23. September 2009 - Das Gespräch führte Stefanie Koller

dpa/lsw - Die Automobilindustrie wird auch nach einem möglichen Aufschwung in den nächsten Jahren nach Ansicht der IG Metall weniger Mitarbeiter brauchen als vor der Krise. Selbst wenn in drei bis vier Jahren wieder so viele Autos verkauft werden wie 2007, werde es weniger Bedarf an Arbeitskraft geben, sagte Baden- Württembergs IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa.

"Deshalb befürchte ich, dass wir künftig eher rückläufige Beschäftigtenzahlen in der Branche haben." Gründe seien eine abnehmende Wertschöpfung durch den Trend zu umweltfreundlicheren und kleineren Autos sowie eine weiter steigende Produktivität in den Fabriken. Derzeit arbeiten in der deutschen Autoindustrie nach Angaben des Branchenverbandes VDA gut 720 000 Menschen.

Die wachsende Nachfrage nach spritsparenden und kleineren Autos lasse bei vielen Zulieferern und Herstellern die Gewinnspannen und Erlöse schrumpfen. "Selbst bei gleicher Stückzahl verkaufter Pkw könnten die Umsätze für Hersteller und Zulieferer sinken", sagte Hofmann. Werde zum Beispiel in ein Fahrzeug statt eines Sechszylindermotors ein aufgeladener Vierzylinder eingebaut, fiele beim zuständigen Zulieferer etwa ein Drittel des Erlöses weg, weil der Motorblock kleiner sei.

Diese Entwicklung werde sich durch den Trend zu alternativen Antriebstechnologien weiter verstärken. "Mit den neuen Technologien kommt auch eine Veränderung in der Wertschöpfung", sagte Hofmann. "Das reine Elektroauto dürfte deutlich weniger an Wertschöpfung beinhalten, vor allem für Zulieferer." Die Herstellung zum Beispiel von Batterien werde stark automatisiert sein. "Wenn wir in den nächsten Jahren die Beschäftigung halten könnten, wären wir froh."

Dennoch sei es existenziell wichtig für die Branche, dass die Entwicklung alternativer Antriebe forciert werde. "Es haben alle ordentlich gepennt", sagte Hofmann. "Wenn man mit den Produkten, die man auf dem Markt hat, gut Geld verdient, dann denkt mancher Arbeitgeber nicht langfristig." Mittlerweile seien die Unternehmen aber aufgewacht. "Trotz extremer Cash-Belastung wird, zwar viel zu spät aber immerhin, an alternativen Fahrzeugkonzepten gearbeitet", sagte der Gewerkschafter. "Die Autobauer und die großen Zulieferer haben ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Wesentlichen aufrechterhalten."

Um auch künftig Entlassungen in großem Stil in der Branche zu vermeiden, sei Kurzarbeit auch noch über einen längeren Zeitraum das richtige Instrument, sagte Hofmann. "Da haben wir noch viel Zeit nach hinten. Es ist eine lang belastbare Form, Beschäftigung zu sichern."

Ein weiteres Instrument in der Krise ist nach Ansicht der Gewerkschaft in Einzelfällen auch die Mitarbeiterbeteiligung. "Bei Daimler geht es zum Beispiel darum, wie man dem Unternehmen Liquidität sichern kann, ohne dass Ansprüche der Belegschaft verloren gehen", sagte Hofmann.

Im April hatten Unternehmensleitung und Betriebsrat vereinbart, dass die Erfolgsbeteiligung von 1900 Euro für die 141 000 Mitarbeiter der Daimler AG vorerst nicht ausgezahlt wird. An den Details des Mitarbeiter-Kapitalbeteiligungsmodells werde noch immer gearbeitet, sagte der IG-Metall-Bezirksleiter. Offen sei beispielsweise die Frage der Versteuerung.

Letzte Änderung: 23.09.2009