IG Metall: Zum Jahresende drohen ...

IG Metall Aus den Medien

14.07.2009 ... Entlassungen - dpa-Gespräch - 14. Juli 2009 - Das Gespräch führte Julia Giertz

Trotz anderslautender Aussagen der Arbeitgeberverbände sieht die IG Metall im Südwesten noch lange keinen Silberstreif am Wirtschafts-Horizont.
"Es nervt, wie momentan gutes Wetter künstlich herbeigeschrieben wird. Da wird den Menschen absichtlich Sand in die Augen gestreut", sagte Bezirksleiter Jörg Hofmann in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Nach der Bundestagswahl am 27. September werde die Welt dann plötzlich wieder ganz anders aussehen. "Ich sehe wirklich keinen Anlass, anzukündigen, wir stünden vor einem Aufschwung." Vielmehr drohe im vierten Quartal ein sprunghafter Anstieg der Zahl von Entlassungen in der Metall- und Elektroindustrie.

Hinter der nach seiner Meinung beschönigenden Darstellung der Lage durch manche Arbeitgeber und Verbandsfürsten vermutet der Gewerkschafter politisches Kalkül: "Damit wollen sie ganz offensichtlich vor der Bundestagswahl die beiden Steuersenkungsparteien CDU und FDP unterstützen."

Für Entlassungen gebe es jedoch keine sachlichen Gründe, denn es seien die Werkzeuge vorhanden, um die Beschäftigung zu halten, sagte Hofmann mit Blick auf die Verlängerung der Kurzarbeitsregelung. Es sei "erstaunlich", dass die Stammbelegschaften bislang weitgehend ungeschoren geblieben sind. Bei der Krise 1993/94 dagegen hätten sich Unternehmen von einem Viertel der Beschäftigten getrennt und im Aufschwung zum Teil nicht die Kapazität für Aufträge gehabt. Damals sei die Zahl der Mitarbeiter zwischen Main und Bodensee auf weniger als 800 000 gesunken. Diese Marke sei mittlerweile wieder überschritten worden.

Die Gewerkschaft werde Widerstand gegen mögliche Entlassungen leisten. Hofmann hat dabei weniger die Arbeitgeber selber als die Banken und Anteilseigner im Visier. "Viele Banken machen die Senkung der Personalkosten zur Bedingung für die Kreditvergabe." Sie setzten so die Unternehmen bei ihrer Finanzplanung für 2010 massiv unter Druck. Vielen Kreditinstituten fehle die Weitsicht. Deshalb brauchten die Firmen direkte Wege zu Bürgschaften und Krediten. "Das könnte man an den Privatbanken vorbei über die KfW oder die Europäische Zentralbank möglich machen." Allgemeine Bankenschelte pralle meist an den Bankern ab: "Sie sind viel zu abgebrüht, deshalb wirklich nachdenklich zu werden." Deshalb müssten sie am konkreten Beispiel vor Ort bloß gestellt werden. Dafür sorge die Gewerkschaft.

Nach Meinung von Hofmann hat der Fahrzeugbau im hochwertigen Segment, zu dem Mercedes und Audi gehören, die Talsohle erreicht. Dagegen sieht er für kleine und mittlere Fahrzeuge Ende des Jahres einen Einbruch voraus - wegen der wegfallenden Abwrackprämie und steigender Arbeitslosigkeit.
"Das trifft unsere Zulieferindustrie." Bei den im Vergleich zu 2007 - dem letzten insgesamt guten Jahr - nur noch zu 40 Prozent ausgelasteten Nutzfahrzeug-Herstellern hänge die Entwicklung von der Baukonjunktur ab. Im Maschinenbau mit einem Auftragsminus von bis zu 60 Prozent hoffe er auf die Modellanläufe bei den Autofirmen in den Jahren 2011 bis 2013. Diese Sparte sei aber sehr unterschiedlich von der Krise betroffen: Während der Werkzeugmaschinenbau leide und die Druck- und Textilmaschinenindustrie darniederliege, gehe es den Herstellern von Energieübertragungssystemen etwa für Kraftwerke und weißer Ware wie Wasch- und Spülmaschinen besser.

Nachholbedarf sieht Hofmann bei der Qualifizierung der Mitarbeiter während der Kurzarbeit: "Die Quote ist schändlich gering." Die Firmen wüssten oft nicht, wie und worin die Mitarbeiter zu schulen seien. Zudem sei es es noch viel zu kompliziert, die Zuschüsse für Weiterbildung bei den Arbeitsagenturen zu beantragen. Gerade jetzt könnten die Mitarbeiter kostengünstig mit neuen Aufgaben und Prozessen vertraut gemacht werden. "Denn nach der Krise haben wir eine andere Metall- und Elektroindustrie."

Letzte Änderung: 14.07.2009