IG Metall Pressedienst 11/09

IG Metall Pressedienst

15.04.2009 Neue Perspektiven für Beschäftigung und Qualifizierung - Arbeitgeberzuschuss bei Kurzarbeit bleibt erhalten

Die IG Metall Baden-Württemberg und der Arbeitgeberverband Südwestmetall haben sich gestern auf ein zeitlich befristetes Paket zur Umsetzung von Kurzarbeit, Qualifikation und Beschäftigungssicherung verständigt.

Demnach bleibt es grundsätzlich bei einem Zuschuss des Arbeitgebers, mit dem die Entgelte von Beschäftigten in Kurzarbeit zusätzlich aufgestockt werden. Auf Basis einer freiwilligen Betriebsvereinbarung können die Betriebsparteien aber künftig, neben dem bisher geltenden Modell, noch zwischen zwei zusätzlichen Varianten der Aufstockung wählen. Bei Anwendung eines der Optionsmodelle gilt für die Beschäftigten während der Dauer der Kurzarbeit eine Beschäftigungssicherung.
Zudem gilt in Zukunft ein Initiativrecht des Betriebsrates zur Einführung und Verlängerung von Kurzarbeit. Streitigkeiten darüber, ob und in welcher Form Kurzarbeit eingeführt wird, entscheidet in Zukunft eine tarifliche Schlichtungsstelle. Dies führt zu Verfahrensbeschleunigungen. Damit erlangen aber auch die Tarifparteien einen höheren Stellenwert, wenn es um Kurzarbeit und Beschäftigungssicherung im Betrieb geht.

Außerdem haben sich die Tarifvertragsparteien darauf verständigt, dass befristete Arbeitsverträge, die 2009 oder 2010 auslaufen, weiter um bis zu 24 Monate verlängert werden können. Die Höchstdauer der Befristung darf allerdings 48 Monate nicht überschreiten und ein Vertrag darf insgesamt höchstens sechs Mal verlängert werden.
Durch eine befristete Öffnungsklausel wurden auch die Voraussetzungen für Qualifizierung während der Kurzarbeit ermöglicht. Mit einem abgestimmten Maßnahmenkatalog von möglichen Qualifizierungsbausteinen sollen den Betriebsparteien hierzu Anregungen gegeben werden. Gerade Kurzarbeit ist aus Sicht der IG Metall sinnvoll für Qualifizierung zu nutzen.
Der neue Tarifvertrag endet automatisch am 31. Dezember 2010.

IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann: "2009 darf kein Jahr der Entlassungen werden, so lautet unser Motto in diesem Jahr. Die Rahmenbedingungen stimmen. Mit den zusätzlichen Modellen gibt es Anreize für längere Kurzarbeit statt Entlassungen. Jetzt müssen die Unternehmen auch zu ihrer Verantwortung stehen und die geltenden Instrumente so anwenden, dass Beschäftigung auch in der Krise gesichert wird."

Hofmann zeigte sich insgesamt zufrieden mit den gefundenen Regelungen: "Südwestmetall konnte sich mit der Forderung nach Streichung des Arbeitgeberzuschusses bei Kurzarbeit nicht durchsetzen. Der Zuschuss bleibt erhalten und wir konnten eine hohe Nettoabsicherung für die betroffenen Beschäftigten durchsetzen. Das bringt den Beschäftigten die dringend notwendige Sicherheit über die Höhe ihrer Entgelte, wenn sie von Kurzarbeit betroffen sind. Insgesamt konnten wir verhindern, dass Beschäftigte von den Arbeitgebern über Gebühr zu Opfern der Krise gemacht werden."

Die Große Tarifkommission hat heute über den neuen Tarifvertrag beraten und dem Verhandlungsergebnis mit großer Mehrheit zugestimmt.

Aufzahlungsregelung zum Kurzarbeitergeld

Dort wo sich die Betriebsparteien auf die weitere Anwendung des bislang bekannten Modells verständigen, bleibt dies erhalten. In allen anderen Betrieben können künftig ebenfalls auf Basis einer freiwilligen Betriebsvereinbarung zwei Optionsmodelle angewandt werden:

Modell A:
Den Beschäftigten in Kurzarbeit wird der Verdienst auf 93 Prozent des Nettoarbeitsentgeltes aufgestockt. Diese Aufstockung ist unabhängig von der Intensität der Kurzarbeit.
Im Gegenzug verringert sich im Rahmen einer solidarischen Lastenverteilung die betriebliche Sonderzahlung aller Beschäftigten eines Betriebes in Kurzarbeit. Hierzu wird rechnerisch der Anteil der tariflichen Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld) pro Stunde Kurzarbeit ermittelt und aufsummiert. Diese wird dann auf alle Beschäftigten gleichmäßig verteilt. Entsprechend verringern sich die Sonderzahlungen prozentual.
Alternativ können sich die Betriebsparteien auf Basis einer freiwilligen Betriebsvereinbarung anstelle einer Kompensation über die tariflichen Sonderzahlungen auch auf eine Ausbuchung von Zeitguthaben aus den Arbeitszeitkonten verständigen. Ebenso kann die Kompensation durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung bis Ende 2011 verschoben werden.

Modell B:
Bei diesem Modell sinkt die Netto-Absicherung für die von Kurzarbeit betroffenen Beschäftigten je nach Intensität der Kurzarbeit. Die Höhe des Zuschusses durch den Arbeitgeber orientiert sich also am Umfang der Kurzarbeit im Betrieb. Die Aufstockung durch den Arbeitgeber sieht wie folgt aus:
Entgeltausfall durch Kurzarbeit in % - Aufstockung auf % des Nettoarbeitsentgeltes
10% - 97%
20% - 95%
30% - 93%
40% - 91%
60% - 88%
80% - 85%
mehr als 80% - 82%
Gleichzeitig reduziert sich der Anspruch auf die tarifliche Sonderzahlung bei Kurzarbeit anteilig zum abgesenkten Nettoarbeitsentgelt.
Anstelle der vorgenannten Kompensation kann auch die Absenkung der Netto-Entgelte um 1,5 Prozent durch die Betriebsparteien vereinbart werden.

Gelingt es den Betriebsparteien nicht, sich auf eines der drei vorhandenen Aufzahlungsmodelle zu verständigen, so entscheidet auch hier die tarifliche Schlichtungsstelle.

Letzte Änderung: 15.04.2009