Verspätete Lohnerhöhung soll ...

IG Metall Aus der Presse

06.02.2009 ... eine Ausnahme sein - IG-Metall-Bezirksleiter wirft Kannegiesser Anmaßung vor - Stuttgarter Zeitung am 6. Februar 2008 - Das Gespräch führte Matthias Schiermeyer

Die IG Metall Baden-Württemberg will einer Verschiebung der zweiten Lohnstufe von Mai auf Dezember nicht generell zustimmen. Verhandlungen über neue tarifliche Entlastungen lehnt die Gewerkschaft ab.

Die IG Metall weist die Forderung von Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser zurück, wegen der Krise über weitere Entlastungen zu verhandeln. "Auf Tarifebene halte ich unsere Instrumente für ausreichend", sagte der Bezirkschef Jörg Hofmann der Stuttgarter Zeitung. Fast täglich würden mit Südwestmetall Einzelfälle erörtert. Einen weitergehenden Gesprächsbedarf sehe er nicht. Es gebe keine Notwendigkeit, über Grundsätzliches zu verhandeln, und es gebe bisher auch keine Vorschläge der Metallarbeitgeber, die solche Verhandlungen rechtfertigen würden.

Als Beispiel hatte Kannegiesser neulich den tariflichen Zuschuss zum Kurzarbeitergeld genannt, den es nur in Baden-Württemberg und bei VW gibt. Der Zuschuss stamme aus einer anderen Epoche und müsse "angepasst" werden. "Es wäre mir neu, dass sich Kannegiesser um die Tarifverträge im Südwesten kümmert", wandte Hofmann ironisch ein. Ungeachtet der Begehrlichkeiten der Arbeitgeber werde der Zuschuss aber "nicht zur Debatte gestellt, denn wir haben einen geschlossenen Tarifvertrag". Diskutiert werde allenfalls über Detailfragen der Handhabung.

Der Gesamtmetall-Präsident hatte der Gewerkschaft vorgeworfen, sie betrachte die Möglichkeit, die zweite Lohnstufe von 2,1 Prozent um sieben Monate zu verschieben, als Gnadenakt. Hofmann nannte es eine "Anmaßung, wenn Kannegiesser die Verschiebung von vorneherein als eine Selbstverständlichkeit ansieht, sobald der Arbeitgeber sie will". Dies gebe der Tarifvertrag nicht her.

In wie vielen Betrieben über eine Verschiebung verhandelt wird, ist noch nicht absehbar. Hofmann zufolge könnte es, "gesteuert durch die Äußerungen von Kannegiesser", verstärkt Versuche geben, die Löhne später zu erhöhen. Die IG Metall wolle jeweils prüfen, ob eine Verschiebung der Wirtschaftslage des Betriebes angemessen sei. Die Maßgabe für die Belegschaftsvertreter laute nicht: "Macht die Türen auf und öffnet euch allen Begehrlichkeiten, sondern prüft im Einzelfall." Hofmann: "Das ist kein Gnadenakt, sondern eine rationale Anwendung des Tarifvertrags auf die heutige Situation." Im Gegenzug müssten die Mitarbeiter eine Beschäftigungsgarantie erhalten, und die Ausbildung dürfe nicht reduziert werden.

In Betrieben mit großen Problemen sei die Verschiebung ohnehin keine Lösung. Da seien weiter gehende Entlastungen erforderlich. Der Bezirkschef rechnete vor, dass das 2,1-prozentige Lohnplus bei einem Personalkostenanteil von 20 Prozent lediglich 0,29 Prozent der Gesamtkosten ausmachten. "Das ist nicht relevant", sagte er. Ein Betrieb, der darauf bestehe, wolle vor allem Symbolik.

Die Situation der Stammbelegschaften bezeichnete er als "im Moment stabil". Zwar sei ein "brutaler" Abbau der Zeitarbeit und der befristeten Stellen zu verzeichnen. Dennoch ist Hofmann noch "optimistisch, dass wir die Beschäftigung halten können" - abgesehen von Betrieben, denen mangels Krediten die Liquidität fehlt, so dass die Pleite droht.

Nach dem Tarifabschluss hatte es Verstimmungen zwischen den Tarifparteien gegeben. Dies wirke nach, habe aber keine Folgen für die Lösungssuche im Einzelfall. Auf Arbeitsebene gebe es eine eingespielte Kommunikationskultur. Das helfe den Beschäftigten am meisten. "Im Moment habe ich den Eindruck, dass beide Seiten mit der gleichen Zielsetzung arbeiten, Beschäftigung zu sichern."

Eine gemeinsame Erklärung von IG Metall und Gesamtmetall zur Krisenbewältigung war im Januar insbesondere an einem Streit über die Bewertung der Leiharbeit gescheitert. "Wir haben unterschiedliche Interessen, aber auch die gleiche Verantwortung in vielen Fragen", so Hofmann. Das sei wichtiger als ein "symbolhafter Schulterschluss."

Letzte Änderung: 09.02.2009