Privathaushalten fehlt Kaufkraft

IG Metall Interview

05.11.2008 Interview mit dem IG Metall Bezirksleiter Jörg Hofmann in der Cannstatter Zeitung am 4. November 2008 - Das Gespräch führte Rasmus Buchsteiner -

Das Interview ist auch in der Rhein-Neckar-Zeitung, der Schwäbischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse erschienen.

Frage: Warnstreiks in der Metall- und Elektroindustrie: Wäre die IG Metall bereit, die Aktionen für weitere Gespräche zu stoppen?

Antwort: Wir verweigern uns ernsthaften Gesprächen nicht. Die Arbeitgeber spielen auf Zeit und verzögern. Wir sind jederzeit bereit, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Das Angebot der Arbeitgeber ist unzureichend. Wir haben es erst seit wenigen Tagen. Es geht in dieser Tarifrunde nicht um besonders komplexe Dinge. Im Kern geht es um nicht mehr als eine Zahl für die Tariferhöhung. Eine Lösung ist noch vor dem 1. Advent möglich und nötig, da die Beschäftigten das Geld bereits unter dem Weihnachtsbaum sehen wollen. Dafür müssten die Arbeitgeber aber endlich ihre Verweigerungshaltung aufgeben. Bis dahin ergibt sich keinen Grund Aktionen zu stoppen - im Gegenteil !

Frage: Warum halten Sie angesichts von Bankenkrise und Konjunktureinbruch an der Forderung nach acht Prozent mehr Lohn und Gehalt fest?

Antwort: Lohnzurückhaltung kann nicht die Antwort auf die Finanzkrise sein. Unsere Forderung ist gerechtfertigt und wirtschaftlich vernünftig. Wir begründen sie auch mit einem Nachholbedarf aus dem letzten Jahren. Andererseits ist die Ertragslage in der Metall- und Elektroindustrie nachweisbar gut. In diesen Jahr werden Renditen in gleicher Höhe wie 2007 erreicht. 2009 wird die Produktivität weiter steigen - wenn auch weniger stark als in diesem Jahr. Aus den Perspektiven für Inflation und Produktivität erklären wir eine Forderung nach 5,7 Prozent mehr. Obendrauf kommt ein "Nachschlag" von 2,3 Prozent für die letzten Jahre.

Frage: In der Automobilbranche stehen die Bänder still - und Sie bleiben bei Ihrer Lohnforderung. Wie passt das zusammen?

Antwort: Woher kommt denn die Absatzkrise in der Automobilbranche? Die Verbraucher sind verunsichert. Und die Politik hat lange versäumt, bei Kfz-Steuer und CO2-Grenzwerten die richtigen Impulse zu setzen. Außerdem fehlt es den privaten Haushalten immer mehr an Kaufkraft. Die können sich keine neuen Autos mehr leisten. Wegschauen hilft da nicht, sondern nur eine ordentliche Lohnerhöhung. Das wäre das beste Konjunkturprogramm in der jetzigen Situation.

Frage: Wie kampfbereit ist die IG Metall?

Antwort: Die Wut in den Betrieben ist groß, die Solidarität auch. Die Warnstreiks sind bundesweit voll im Gange. Wir können die Gangart noch weiter verschärfen. Den Leuten stinkt es einfach. Sie werden als Steuerzahler in Haft genommen für die Auswirkungen der Finanzkrise. Und als Beschäftigte sollen sie sich zurückhalten, wenn es um mehr Lohn geht. Das ist widersinnig.

Frage: Wo könnte sich die IG Metall bewegen und Zugeständnisse machen?

Antwort: Es gibt in der Tarifpolitik viele Stellschrauben, an denen wir drehen können. Wir werden den ganzen Werkzeugkasten im Gepäck haben. Dazu gehört selbstverständlich auch die Frage der Laufzeit. Wichtig ist nicht die Verpackung, sondern was echt drin ist an einem Mehr für die Beschäftigten. Das Wichtigste ist, dass jetzt keine Zeit mehr verloren wird.

Letzte Änderung: 05.11.2008