IG Metall Pressedienst 52/08

IG Metall Pressedienst

03.09.2008 Neue Altersteilzeit vereinbart - 8. Tarifverhandlung bringt Ergebnis

Neue Altersteilzeit vereinbart

  • Verbesserte Aufstockungsleistung für die unteren Entgeltgruppen
  • Anspruch auf Altersteilzeit für bis zu 4 Prozent der Beschäftigten
  • Zwei Modelle für eine 4- bzw. 6-jährige Altersteilzeit

Nach sieben erfolglosen Tarifverhandlungen haben sich die Gewerkschaft IG Metall und der Arbeitgeberverband Südwestmetall in der achten Runde auf einen neuen Tarifvertrag Altersteilzeit verständigt. Er gilt ab 1. Januar 2010 für die rund 800 000 Beschäftigten der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie.

IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann zeigte sich zufrieden mit dem Kompromiss: "Wir konnten den Beschäftigten einen Anspruch auf Altersteilzeit sichern. Damit haben wir unser wichtigstes Ziel erreicht", so Hofmann im Anschluss an die Gespräche. Die neue Altersteilzeit sei ein wichtiger Meilenstein "für jung, für alt, für alle Beschäftigten."

Beschäftigte in Schichtarbeit und mit dauerhaft hoher Belastung können künftig mit 60 Jahren in die Freistellungsphase gehen. Außerdem würden untere Entgeltgruppen von der neuen Tarifregelung durch verbesserte Aufstockungsleistungen profitieren, so der Verhandlungsführer der Gewerkschaft.

Hofmann betonte, die Tarifparteien hätten erst nach einem langen und zähen Ringen den Zielkorridor beschreiten können. Entscheidend sei vor allem die konzentrierte Arbeit während der vergangenen Wochen in zahlreichen Sondierungsgesprächen gewesen.

Das regelt der neue Tarifvertrag:

Auch künftig werden betriebliche Regelungen zur Altersteilzeit im Vordergrund stehen. Alle bestehenden Betriebsvereinbarungen, die in Baden-Württemberg 60 Prozent der Beschäftigten abdecken, können auch über 2009 hinaus fortgeführt werden.
Für neue Betriebsvereinbarungen konnten die materiellen Mindestbedingungen von heute gesichert und teilweise verbessert werden.
Die Höhe der Aufstockungsbeträge zum Entgelt während der Altersteilzeit erhöht sich deutlich. Während der Altersteilzeit kann damit zwischen 89 Prozent des bisherigen Nettoentgelts bei den unteren Entgeltgruppen und 85 Prozent bei den hohen Entgeltgruppen abgesichert werden. Zudem nehmen die Altersteilzeitler nun auch in der Freistellungsphase, im Gegensatz zu heute, voll an den Tarifentwicklungen teil. Der Wegfall der Sonderzahlungen während der Arbeitsphase wird dadurch mehr als kompensiert.

Beschäftigte, die Altersteilzeit nutzen, können am Ende der Laufzeit ihres individuellen Altersteilzeitvertrages eine Abfindung erhalten. Für jeden Monat zwischen Beendigung des Altersteilzeitverhältnisses und dem Beginn der ungekürzten Altersrente werden 250 EUR gezahlt. Die Maximalhöhe der Zahlung liegt bei 24 Monaten.
Dort wo keine Betriebsvereinbarung zustande kommt, besteht ein individueller tariflicher Anspruch.

Künftig haben auch dort bis zu 4 Prozent der Beschäftigten Anspruch auf einen Altersteilzeitvertrag. Voraussetzung ist, sie müssen mindestens 12 Jahre ihrem derzeitigen Betrieb angehören.
Innerhalb dieser Quote sind bis zu 2,5 Prozent der Altersteilzeitplätze für Beschäftigte reserviert, die in Schicht arbeiten oder unter besonders starken Umgebungseinflüssen stehen.
Für diese Beschäftigtengruppe gilt künftig ein Anspruch auf eine bis zu sechsjährige verblockte Altersteilzeit ab 57 Jahren.

Als belastet Beschäftigter gilt,

  • wer während der letzten 12 Jahre mindestens 9 Jahre beim derzeitigen Arbeitgeber regelmäßig in drei oder mehr Schichten mit Nachtschicht oder nur in Nachtschicht gearbeitet hat
  • wer unter besonders starken Umgebungseinflüssen gearbeitet hat, die über mittlere Belastungen hinausgehen
  • wer während der letzten 15 Jahre mindestens 12 Jahre beim derzeitigen Arbeitgeber in Wechselschicht gearbeitet hat.

Alle anderen Beschäftigten können künftig Altersteilzeit mit einer Dauer von bis zu 4 Jahren in Anspruch nehmen, endend mit dem abschlagsfreien Rentenzugang.

Die Tarifparteien haben sich weiter darauf verständigt, dass in Betrieben in denen dieser Anspruch von mehr als 2,5 Prozent der Beschäftigten genutzt wird, der Arbeitgeber einen Antrag dann ablehnen kann, wenn er entsprechend zusätzliche Ausbildungsplätze zur Erhöhung der Ausbildungsquote oder eine Förderung der persönlichen Weiterbildung durch Stipendien oder Freistellungen in Abstimmung mit dem Betriebsrat anbietet.

Die künftige Finanzierung der Altersteilzeit

Die durch den Tarifvertrag Altersteilzeit entstehenden Kosten werden paritätisch finanziert. Der Arbeitnehmerbeitrag ist auf 0,4 Prozent der Entgeltsumme begrenzt. Diese werden im Rahmen einer künftigen allgemeinen Tariferhöhung kompensiert. Die Arbeitgeber bringen einen zusätzlichen Anteil in mindestens der gleichen Höhe ein.
Wird der Tarifvertrag Altersteilzeit gekündigt, erhöhen sich die Werte der dann gültigen Entgelttabellen automatisch um 0,4 Prozent.
Gibt es zukünftig eine Förderung von Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit, so soll sie für Maßnahmen zusätzlicher Ausbildungsplätze und Förderung persönlicher Weiterbildungsmaßnahmen genutzt werden.

Weitere Regelungen

In freiwilligen Betriebsvereinbarungen können die Betriebsparteien abweichende Regelungen vereinbaren. Diese müssen aber insgesamt wertgleich zu den tariflichen Bestimmungen sein. So können übertarifliche Bestandteile für eine höhere Quote oder die Verbesserung der materiellen Ausstattung eingebracht werden.
Durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung kann außerdem vereinbart werden, statt der tariflichen Altersteilzeit andere wertgleiche Verwendung für eine demographiefeste Personalpolitik zu vereinbaren. Dazu gehören die Erhöhung der betrieblichen Ausbildungsquote und/oder die Förderung persönlicher Weiterbildung.

Der neue Tarifvertrag tritt zum 1. Januar 2010 in Kraft und kann frühestens zum 31. Dezember 2016 gekündigt werden. Die bisherigen Tarifverträge Altersteilzeit und Beschäftigungsbrücke werden durch den neuen Tarifvertrag ersetzt.

Letzte Änderung: 08.02.2012