Wir brauchen keine Lösung um ...

IG Metall Pressedienst

23.06.2008 ... jeden Preis - Interview mit IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann mit der Nachrichtenagentur ap am 22. Juni 2008 - Das Gespräch führte Oliver Schmale

Der baden-württembergische IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann hat im Streit um die Neuregelung der Altersteilzeit die Arbeitgeber zum Einlenken aufgefordert. Hofmann drohte ansonsten mit einer Zuspitzung der Auseinandersetzung. "Wir brauchen keine Lösung um jeden Preis", sagte er der Nachrichtenagentur AP in Stuttgart.

Im folgenden der Wortlaut des Interviews:

AP: Warum ist Altersteilzeit trotz einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit für die Beschäftigten wichtig?

Hofmann: Die Belastungen, körperlicher und psychischer Stress, nehmen seit Jahren in allen Bereichen zu. Die Betriebe tun heute weniger als früher für altersgerechtes Arbeiten. Viele Beschäftigte können nicht bis zum Rentenalter im Betrieb buckeln. Für sie brauchen wir Modelle wie die Altersteilzeit. Aber auch Beschäftigte, die sich 30 oder 40 Jahre für ihren Job krumm gelegt haben, haben doch bitte schön Anspruch darauf, selbst entscheiden zu dürfen, ob, wann und wie sie ihren Übergang in die Rente gestalten.

AP: Wie bewerten Sie den Vorstoß der SPD - will sie damit wieder auf die Gewerkschaften zugehen?

Hofmann: Natürlich begrüßen wir grundsätzlich die Kehrtwende der SPD. Mit dem Erhalt der staatlichen Förderung könnten wir den Einstieg Jüngerer vorantreiben und könnten die Mittel für Aus- und Weiterbildung einsetzen. Aber ob sie kommt, ist leider mehr als ungewiss. Einige Scharfmacher im Arbeitgeberlager lehnen diese arbeitsmarktpolitisch sinnvolle Förderung von Einstieg und Qualifizierung aus ideologischer Verblendung ab.

AP: Wie ist aus Sicht der Gewerkschaft der bisherige Gesprächsverlauf mit den Arbeitgebern?

Hofmann: Es gab und gibt einige konstruktive Ansätze. Aber einige Grundsatzfragen, wie zum Beispiel die des allgemeinen Anspruchs auf Altersteilzeit, sind noch nicht geklärt. Erst wenn wir diese Brocken aus dem Weg geräumt haben, kommt die Ziellinie in Sicht.

AP: Was sind die Knackpunkte der Gespräche?

Hofmann: Neben dem, dass die Arbeitgeber den Beschäftigten einen allgemeinen Anspruch auf Altersteilzeit verweigern und den Kreis der Berechtigten stark einschränken wollen, rücken sie nach wie vor nicht von einem Eigenbeitrag der Beschäftigten ab. Das ist für uns nicht akzeptabel. Auch bei der Höhe der Zugangsquote müssen wir noch einen großen Graben überwinden.

AP: Bis jetzt haben Beschäftigte in der Metallindustrie bei Altersteilzeit Anspruch auf rund 80 Prozent ihres letzten Entgelts. Müssen Sie mit größeren Einbußen bei einer Neuregelung rechnen?

Hofmann: Aus unserer Sicht muss die materielle Ausgestaltung auf heutigem Niveau fortgeführt werden. Was wir zudem brauchen, ist eine verbesserte Aufstockungsleistung für die unteren Entgeltgruppen, denn das sind oft die, die Altersteilzeit am dringendsten brauchen, sie sich aber am wenigsten leisten können.

AP: Was plant die Gewerkschaft, wenn es nicht zu einer Lösung vor der Sommerpause kommt?

Hofmann: Darüber wird unsere Große Tarifkommission in den kommenden Tagen entscheiden. Wir haben noch einige Hürden zu nehmen. Aber ich sage auch: Wir brauchen keine Lösung um jeden Preis. Die IG Metall ist in der Lage den Konflikt in den Betrieben weiter zu verschärfen. Das Thema ist bei den Belegschaften hoch emotional besetzt.

Letzte Änderung: 23.06.2008