Den Arbeitgebern geht es um Macht, ...

IG Metall Interview

20.06.2008 ... nicht ums Geld - Interview mit dem IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann in der Frankfurter Rundschau am 11. Juni 2008 - Das Gespräch führte Eva Roth

IG-Metall-Verhandlungsführer Jörg Hofmann über Altersteilzeit, fehlende Weiterbildung und autoritäre Chefs.

Die IG Metall plant bundesweit Warnstreiks für die Altersteilzeit. Werden das Proteste von Grauhaarigen für eine subventionierte Frührente?

Sicher nicht. Am Montag haben Azubis demonstriert unter dem Motto: Kein Einstieg ohne Ausstieg. Wir brauchen Altersteilzeit auch, damit die Menschen Aufstiegsmöglichkeiten haben. Insgesamt haben sich in den letzten fünf Tagen allein in Baden-Württemberg 98 000 an Warnstreiks beteiligt - so viele, wie bei Lohnrunden. Übrigens sind mehr Angestellte als sonst dabei, viele fühlen sich im Alter ausgepowert und abgehängt - mangels Weiterbildungsmöglichkeiten.

Die allermeisten Beschäftigten müssen künftig länger schaffen, meinen die Arbeitgeber...

Betriebe tun heute weniger als früher für altersgerechtes Arbeiten, hat eine IAB-Studie ergeben. Ältere werden nicht weiterbildet und jahrzehntelang im Drei-Schicht-Betrieb eingesetzt. Es ist ideologisches Geschwätz, wenn die Arbeitgeber nun einen Mentalitätswandel von Beschäftigten fordern, ohne selbst tätig zu werden.

Wie bewerten Sie den neuen Vorstoß der Arbeitgeber?

Südwestmetall hat endlich ein Gesamtkonzept vorgelegt. Das ist zeigt: Warnstreik-Druck erzeugt Bewegung. Die Arbeitgeber schlagen vor, dass freiwillige Betriebsvereinbarungen Vorrang haben vor tariflichen Lösungen. Dieser Grundsatz gilt schon jetzt - natürlich darf dabei das Tarifniveau nicht unterschritten werden. Südwestmetall will aber weiterhin, dass nur wenige, extrem körperlich belastete Beschäftigte einen tariflichen Anspruch auf Altersteilzeit haben. Das ist skandalös.

Wie sieht Ihre Alternative aus?

Jeder Beschäftigte soll ab dem 57. Lebensjahr Anspruch auf Altersteilzeit haben - und selbst entscheiden können, ob er früher aus dem Erwerbsleben ausscheidet.

Bislang arbeiten die älteren Beschäftigen 50 Prozent und kriegen 82 Prozent ihres alten Lohns. Soll das so bleiben?

Im Wesentlichen ja. Für Geringverdiener streben wir einen höheren Ausgleich an. Diese Leute können es sich heute oft nicht leisten, in Altersteilzeit zu gehen - obwohl viele es besonders nötig hätten, weil sie einen harten Job haben.

Wer soll all das zahlen? Zurzeit gibt es Zuschüsse der Betriebe und der Bundesagentur für Arbeit (BA), die BA-Förderung endet aber 2009.

Fast die Hälfte der Altersteilzeit-Fälle finanzieren schon jetzt die Unternehmen allein. Jetzt sagt Gesamtmetall: Wir wollen gar keine BA-Zuschüsse mehr. Deshalb müssen sie auch für die Folgekosten aufkommen. Im Übrigen akzeptieren wir ja, dass auch künftig maximal fünf Prozent der Belegschaft in Altersteilzeit kann.

Wie hoch sind die Mehrkosten, wenn Unternehmen den Wegfall der BA-Förderung ausgleichen? Ein Prozent der Lohnsumme?

Nein, das ist viel weniger. Das bewegt sich im Promillebereich. Es geht hier nicht um Geld, den Arbeitgebern geht es um Macht: Sie wollen entscheiden, wer raus darf und wer nicht.

Wie massiv werden die Warnstreiks nächste Woche?

Wir werden den Druck erhöhen und noch mehr Betriebe einbeziehen. Wir wollen bis Ende des Monats ein Ergebnis. Ich warne die Arbeitgeber davor, auf Zeit zu spielen. Damit würden sie Dauerstress im Betrieb provozieren.

Im Herbst beginnt die Lohnrunde. Wie sind die Erwartungen?

Was die Lohnforderung angeht, bewegt sich die Debatte oberhalb des Niveaus von 2007. Der Preisanstieg und die hohen Erträge der Betriebe treiben die Erwartungen nach oben.

Letzte Änderung: 20.06.2008