IG Metall Pressedienst 09/08

IG Metall Pressedienst

05.03.2008 IG Metall-Vize Wetzel fordert: Gleiche Arbeit - Gleiches Geld - Kampagnenstart: Leiharbeit - verhindern, begrenzen, gestalten

Die IG Metall geht aktiv gegen den Missbrauch von Leiharbeit in den Betrieben der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie vor.

Unter dem Motto "Leiharbeit - verhindern, begrenzen, gestalten" wurde heute mit einer Aktionskonferenz in Filderstadt der Startschuss für eine landesweite Kampagne gegeben.

"Leiharbeit drängt sich wie ein Spaltpilz zwischen die Belegschaften. Das können wir nicht akzeptieren", sagte IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann vor den rund 150 Konferenzteilnehmern. Er warf den Unternehmen vor, Leiharbeit zu missbrauchen und durch den verstärkten Einsatz reguläre Beschäftigung aus den Betrieben zu verdrängen.
"Wir akzeptieren keine Zweiklassengesellschaft in den Betrieben. Flexibilität ist wichtig und richtig, darf aber nicht auf Kosten der Belegschaft ausgetragen werden." Deshalb gelte es in erster Linie Leiharbeit zu verhindern. "Die beste Leiharbeit ist die, die gar nicht erst stattfindet", so Hofmann weiter.

Leiharbeit müsse zu fairen Bedingungen stattfinden, mahnte Detlef Wetzel, der Zweite Vorsitzende der IG Metall. "Leiharbeit darf nicht zu Dumpinglöhnen führen. Der Grundsatz muss lauten: "Gleiche Arbeit - Gleiches Geld"." Die Leiharbeit müsse auf ihren Ursprung als reine Flexibilitätsreserve zurückgedreht werden, betonte Wetzel. Im vergangenen Jahr sei die Zahl der Leiharbeiter allein in der Metall- und Elektroindustrie um 40.000 gestiegen. Unter Berücksichtigung der Fluktuation betrage sie derzeit 260.000, in der Gesamtwirtschaft 900.000.

"Die Unternehmen überziehen beim Thema Leiharbeit. Da können wir nicht tatenlos zuschauen." Deshalb werde die IG Metall mit einer bundesweiten Kampagne gegen die Auswüchse von Leiharbeit angehen und sich für faire Bedingungen einsetzen. "Dabei geht es um spürbare Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, einen funktionsgerechten Einsatz, mehr Mitbestimmungsrechte und vor allem um mehr Geld", sagte Wetzel. Gleichzeitig sei die Politik gefordert, Verantwortung zu übernehmen und einen wirksamen rechtlichen Rahmen zu schaffen. "Ungeschützte Prekarität kann kein Leitbild für die Gesellschaft sein", sagte Wetzel. Die IG Metall fordere deshalb von der Bundesregierung die 2004 beschlossenen Änderungen am Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) wieder zurückzunehmen, da sie zu einer Entgrenzung von Leiharbeit geführt habe.

"Zwei Menschen, die gleiche Firma, die gleiche Tätigkeit, vergleichbare Ausbildung, aber unterschiedliche Bezahlung und Arbeitsbedingungen. Dieser himmelschreienden Ungerechtigkeit sind immer mehr Menschen ausgesetzt", beschreibt Jörg Hofmann die aktuelle Situation in Baden-Württemberg. Die Bezahlung von Leiharbeitskräften liege teilweise bis zu 40 Prozent unter den gültigen Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie.

Auch im Südwesten ist die Zahl der Leiharbeitnehmer in den letzten Jahren rasant nach oben geschnellt. Waren es 1996 noch knapp 19.000 Beschäftigte in Leiharbeit, ist die Zahl bis 2006 auf deutlich über 65.000 angewachsen*.

Ende 2007 dürften es nach ersten Schätzungen der IG Metall über 80.000 Leiharbeitnehmer in Baden-Württemberg gewesen sein. Auch die Zahl der Verleihunternehmen ist von 860 im Jahr 1996 auf fast 2.200 im Jahr 2006 gestiegen. Ein Schwerpunkt für den Einsatz von Leiharbeitnehmern ist die Metall- und Elektroindustrie. Dort gibt es Betriebe mit einem Anteil von über 30 Prozent Leiharbeitern im Vergleich zu den Stammbeschäftigten.

Mit ihrer Kampagne will die IG Metall Baden-Württemberg jetzt offensiv für die Ein-dämmung von Leiharbeit streiten und sich für faire Bedingungen dort einsetzen, wo Leiharbeit stattfindet. Neben einem Ratgeber für Beschäftigte in Leiharbeit soll den Betriebsräten außerdem ein Aktionshandbuch an die Hand gegeben werden. Es soll Unterstützung bieten Leiharbeit als betriebliches Thema systematisch zu bearbeiten, sie einzudämmen, die Situation von Leiharbeitern zum betrieblichen Thema zu machen und vor allem auch Leiharbeitnehmer für die IG Metall zu gewinnen.
Ziel der IG Metall ist es, im Bezirk möglichst viele betriebliche Vereinbarungen zu schließen, die den Grundsatz der gleichen Bezahlung (equal pay) und der gleichen Bedingungen (equal treatment) umsetzen. Bezirksleiter Jörg Hofmann: "Wir werden alles daran setzen, dass die Menschen zu fairen Bedingungen ihre Arbeit machen können." Es gehe darum, bessere und faire Arbeitsbedingungen für Leiharbeiter zu erstreiten.
Bundesweit hatte die Zeitarbeitsbranche Zuwächse von 138 Prozent mehr Unternehmen und 224 Prozent mehr Leiharbeiter als vor 10 Jahren. Über die Hälfte (55 Prozent) der Beschäftigungsverhältnisse in der Zeitarbeit sind kürzer als drei Monate. Der sogenannte Klebeeffekt, also die Übernahme eines Leiharbeitnehmers in ein festes Beschäftigungsverhältnis im Entleihunternehmen, liegt bei etwa 12 Pro-zent. **

(* Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Baden-Württemberg
(** Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Branchenbericht Zeitarbeit

Anlage: Abschlusserklärung der Teilnehmer/-innen der Konferenz

Anhang:

Abschlusserklaerung

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Letzte Änderung: 16.04.2008