Ein harter Verhandler in der ...

IG Metall Aus den Medien

21.02.2008 ... Höhle des Löwen - Stuttgarter Nachrichten vom 20. Februar 2008 - von Alexia Angelopoulou

Der IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber zu Gast beim Forum Wirtschaft - Klares Ja zur 35-Stunden-Woche

In Leipzig ist er vergangenen November von 92,6 Prozent der IG-Metall-Delegierten zum Vorsitzenden gewählt worden. Umso bemerkenswerter, dass er auch bei den Größen der baden-württembergischen Wirtschaft Ansehen und Respekt genießt.

Am Dienstagabend stellte sich IG-Metall-Chef Berthold Huber im Forum Wirtschaft der BW-Bank den drängenden Fragen des Mittelstands. Den trockenen schwäbischen Witz hat sich der gebürtige Ulmer Huber auch als Vorsitzender der IG Metall bewahrt. Überlegt, gelassen, bisweilen zynisch, vor allem aber konstruktiv und eben auch humorvoll gibt sich der 58-Jährige im Gespräch mit dem ehemaligen Chefredakteur der Stuttgarter Nachrichten, Jürgen Offenbach. Mögen die Themen noch so bedrückend sein, ein knitzes Augenzwinkern ist immer drin.

Beispielsweise, wenn es um den früheren Post-Chef Klaus Zumwinkel geht, gegen den wegen Steuerhinterziehung ermittelt wird. "Ich bin viel unterwegs", sagt Huber dazu, "und ich glaube, dass die Zahl jener, die sich in diesem Land ungerecht behandelt fühlen, nach Zumwinkel noch mal signifikant steigen wird."

Auf den Einwurf Offenbachs, dass immerhin auch die IG Metall über ihre Zumwinkels verfüge, etwa in Person des ehemaligen Vorsitzenden Franz Steinkühler, der einst wegen Verdachts auf Insidergeschäfte zurücktrat, merkt Huber zum Gelächter des Publikums nur trocken an: "Ja, der ist uns wohl abhanden gekommen."

Der ruhige, realistische Gewerkschafter ist ein gefragter Mann. Im Publikum sitzen neben Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt Unternehmer wie Hans Peter Stihl, Helmut Aurenz, aber auch der frühere Minister Christoph Palmer (CDU) und der ehemalige Daimler-"Außenminister" Matthias Kleinert. Von den Automobilzulieferern Bosch und Behr kommen mit Hermann Scholl und Horst Geidel jeweils die Aufsichtsratsvorsitzenden, um Fragen zu stellen. Den Mittelstand repräsentiert außerdem Dorothee Stein-Gehring, geschäftsführende Gesellschafterin des Zulieferers Gehring in Filderstadt. Sie alle sind von der diesjährigen Tarifrunde betroffen, fordern maßvolle Verhandlungen und mehr Flexibilität. Für letzteren Punkt spricht sich auch Huber aus. "Es muss ein System geben, das entsprechend der jeweiligen Situation nach unten und oben flexibel ist", sagt der Gewerkschafter. "Ob gute oder schlechte Zeiten, wir brauchen Reaktionsmöglichkeiten."

Da endet sie dann aber auch, die Übereinkunft. Die große Mehrheit im Publikum wünscht sich die Abkehr von der 35-Stunden-Woche - ohne Lohnausgleich, versteht sich. "Jetzt werde ich etwas lauter", kündigt der IG-Metall-Chef vorsorglich an, um dann klarzustellen: "Länger zu arbeiten, ohne das entsprechende Entgelt zu erhalten, ist nicht redlich. Ich lehne das strikt ab und empfinde es als Zumutung."

Da hilft auch die Sichtweise des Bosch-Aufsichtsratsvorsitzenden Scholl nicht. Dieser erklärt, dass man die 35-Stunden-Woche damals unter Beibehaltung des bestehenden Lohns eingeführt habe und der Weg zurück für die Unternehmen deshalb nicht zusätzliche Kosten verursachen dürfe. "Das mit der 35-Stunden-Woche handeln wir dem Huber heute nicht mehr ab", flüstert einer im Publikum.

Ein harter Verhandler gefällt den Wirtschaftsbossen vielleicht nicht immer, aber wenn er auf der eigenen Seite steht, begrüßen sie ihn dennoch. So erntet Gewerkschaftschef Huber heftigen Applaus, als er auf den Konflikt um den Kohlendioxid-Ausstoß zwischen Deutschland, Frankreich und Italien zu sprechen kommt. "Dies ist eine klare Strategie gegen die deutsche Automobilindustrie. In diesem Fall zählt unsere Gemeinsamkeit."

Letzte Änderung: 16.04.2008