Er führte den härtesten Arbeitskampf
Ernst Eisenmann wird 80
Der Einstieg in die 35-Stundenwoche in der deutschen Metallindustrie ist untrennbar mit seinem Namen verbunden:
Ernst Eisenmann, der frühere Bezirksleiter der IG Metall in Baden-
Württemberg, wird am 5. Februar 80 Jahre alt. Er war es, der bis
heute den härtesten Metall-Arbeitskampf der Nachkriegsgeschichte
führte. Der Gewerkschafter war Streikführer des 52-tägigen Ausstandes
vom 14. Mai bis 2. Juli 1984 in Nordwürttemberg/Nordbaden, der erst
nach einer dramatischen Schlichtung mit der 38,5-Stundenwoche endete.
Damit war die Grundlage für die 35-Stundenwoche gelegt, auch wenn
dieser Traum der Metaller erst 1995 Wirklichkeit wurde.
Unter Vermittlung des früheren Bundesministers Georg Leber (SPD)
war am 27. Juni 1984 ein Kompromiss gefunden worden, der die
Arbeitszeit auf 38,5 Stunden verkürzte. Der Tarifkompromiss trug die
Unterschriften von Ernst Eisenmann und dem damaligen
Arbeitgeberführer Hans Peter Stihl. Die Streikkasse der IG Metall
wurde bis an die Grenze belastet. 320 Millionen Mark (rund 163 Mio
Euro) musste die Gewerkschaft an Streikunterstützung zahlen. Die
Automobilindustrie beklagte den stärksten Umsatzeinbruch während
eines Streiks. Er wurde mit rund 10,5 Milliarden Mark (5,36 Mrd Euro)
beziffert.
Für Eisenmann waren es keine leichten Verhandlungen, da im
Hintergrund die Spitzen der Arbeitgeberverbände aber auch der IG
Metall die Fäden zu ziehen versuchten. Eisenmanns Stärke war sein
Rückhalt in den Betrieben, wo man ihn als Mann der Praxis sah. Nach
einer Mechanikerlehre und einer wahren Ochsentour hatte er sich vom
ehrenamtlichen Unterkassierer über den Bezirkssekretär beim bekannten
Arbeiterführer Willi Bleicher bis hinauf zum Bezirksleiter im
Metallpilotbezirk Nordwürttemberg/Nordbaden hochgearbeitet. Eisenmann
stand lange im Schatten seines Vorgängers Franz Steinkühler, der die
Klaviatur medienwirksamer öffentlicher Auftritte beherrschte.
Der am 5. Februar 1928 im schwäbischen Gärtnershof bei Backnang
geborene Arbeitersohn Eisenmann war kein Mann mit großen Visionen. Er
war stets Pragmatiker, der die Arbeit in den Betrieben hervorragend
kannte und seinen großen Vorbildern Steinkühler und Bleicher stets
bei Verhandlungen das richtige Zahlenmaterial zuschieben konnte. Den
öffentlichen Auftritt ließ er anderen. Trotz aller Härte in den
Verhandlungen schätzten die Kontrahenten auf Arbeitgeberseite den
ruhig, aber bestimmt auftretenden Eisenmann. Denn auf sein Wort
konnte man sich verlassen.
Man merkte dem damals 56-jährigen Gewerkschaftschef deutlich an,
wie er während des Streiks 1984 zwischen den Erwartungen der Basis,
den Durchhalteparolen des eigenen Vorstandes und der Ablehnung des
langen Streiks in der Öffentlichkeit fast zerrieben wurde. Noch vor
dem Rentenalter trat er mit Erreichen des 60. Lebensjahres im Februar
1988 aus gesundheitlichen Gründen vom Amt des Bezirksleiters zurück.
Doch die Hände hat Eisenmann auch danach nicht in den Schoß gelegt.
1990 schickte ihn die IG Metall in den Osten, wo er in Dresden die
Verwaltungsstelle aufbaute.
Die Zauberformel für die Zukunft gilt für den heute 80-jährigen
die Qualifizierung der Arbeitnehmer. "Wer heute arbeitslos wird, dem
muss eine Qualifizierung angeboten werden. Das ist unabdingbar",
sagte er jüngst. Als Aufsichtsratsvorsitzender einer
Beschäftigungsgesellschaft mit dem Namen "Pegasus" hat er bewiesen,
das dies funktioniert. Zu seinem Geburtstag hat sich Eisenmann keine
große Feier vom Vorstand gewünscht. Er will mit wenigen alten
Freunden zusammensitzen.
Letzte Änderung: 16.04.2008