Vorkämpfer der 35-Stunden-Woche

IG Metall Aus den Medien

04.02.2008 Stuttgarter Zeitung - 04. Februar 2008 - von Matthias Schiermeyer - Zur Person Ernst Eisenmann

Ernst Eisenmann wird morgen 80 Jahre alt

Neulich, bei der Porsche-Hauptversammlung, hatte Ernst Eisenmann noch einen großen Auftritt, als er - etwas überraschend vielleicht - das hohe Einkommen von Unternehmenschef Wendelin Wiedeking verteidigte. Eisenmanns eigene Schaffensperiode liegt lange zurück und erinnert an eine Zeit, als die IG Metall noch eine Macht im Staate war. Von 1983 bis 1988 war er Chef des Bezirks Baden-Württemberg. Damit steht er in einer Reihe mit so namhaften Gewerkschaftern wie Willi Bleicher, Franz Steinkühler, Walter Riester und Berthold Huber.

Vor 1983 leitete Eisenmann zwei Jahre lang als Erster Bevollmächtigter die größte Verwaltungsstelle in Stuttgart, die damals 108 000 Mitglieder betreute. Klaus Zwickel folgte ihm nach. Die IG Metall strotzte vor Selbstbewusstsein. Entsprechend erinnerte Zwickel in seiner Biografie mit einem knappen Satz an Eisenmann und fügte markant an: "Durch meine bundesweite und internationale Popularität während und nach den Auseinandersetzungen um den Erhalt der Audi NSU in Neckarsulm war ich ein gefragter und geachteter Mann. Was lag da näher, als mich aufzufordern, meine Bewerbung für Stuttgart abzugeben?" Solche Sätze wie Zwickel würde Eisenmann nie prägen, obwohl er die vielleicht wichtigste Schlacht der Gewerkschaft schlug: den Kampf um den Einstieg in die 35-Stunden-Woche. Gut sieben Wochen währte einer der härtesten Arbeitskämpfe in der Metallindustrie.

Eisenmann vertrat die Gewerkschaftsziele in der Sache mit Vehemenz und ohne übertriebenen Hang zur Ideologie. Im Ton blieb er aufgrund seines ruhigen Naturells meist bedächtig und bescheiden. Zwickel war es aber auch, der Eisenmann zu seinem 70. Geburtstag vor zehn Jahren würdigte: "In deine Zeit als Bezirksleiter fiel eine der wichtigsten tarifpolitischen Entscheidungen der Nachkriegszeit", lobte er. "Es ist sicher zum Gutteil dein Verdienst, wenn heute die 35-Stunden-Woche die Regelarbeitszeit aller Metaller ist." Eisenmann hätte, "in allen Phasen und trotz der enormen Belastung immer die Nerven behalten, immer einen klaren Kopf behalten", sagte Zwickel.

Die "Methoden zur Arbeits- und Leistungsbewertung", mit denen sich Eisenmann auf Anraten von Willi Bleicher beschäftigt hatte, waren sein wesentliches Anliegen. Den Einsatz im Jahr 1984 für die "35" hält er daher noch heute für wegweisend. Allein binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten der 38,5-Stunden-Woche 1985 seien 7600 Neueinstellungen in 108 Betrieben registriert worden, berichtete er mal. Zudem seien im Anschluss neue Instrumente zur Flexibilisierung der Arbeitszeit entwickelt worden, um die Maschinen besser auszulasten. Heute arbeite keine Branche flexibler. Wirkungsvoll sei die Minimax-Taktik gewesen: Mit der Blockade bei Kühler-, Kolben- und Pumpenherstellern hätte die IG Metall die Produktion aller Autobauer gestört.

Geboren wurde Eisenmann im Schwäbischen Wald. 1949 trat er in die IG Metall ein. Über seine Aufgabe als Betriebsratsvorsitzender bei der Spinnereimaschinenfabrik Spintex in Murrhardt, wo er als Dreher und Werkzeugprüfer tätig war, sowie über den IG-Metall-Bezirk Waiblingen gelangte er 1968 in die Bezirksleitung. Geprägt wurde sein Leben auch durch die Nazidiktatur.

Ernst Eisenmann ist verheiratet und hat zwei Kinder. Die IG Metall würdigt ihn zum morgigen 80. Geburtstag mit einer Feierstunde in Leinfelden-Echterdingen. Angesagt hat sich viel Prominenz aus dem Gewerkschafts- und dem Arbeitgeberlager.

Letzte Änderung: 16.04.2008