IG Metall sagt starkes ...

IG Metall Aus den Medien

25.01.2008 ... Wachstumsjahr voraus - Stuttgarter Zeitung - 25. Januar 2008 - von Matthias Schiermeyer

"Extremer Entgeltdruck" in Tarifrunde - Kritik an Koalition wegen Verzugs bei Altersteilzeit

Ungeachtet der wirtschaftlichen Turbulenzen erwartet die IG Metall in Baden-Württemberg für die Metall- und Elektroindustrie ein Jahr auf "hervorragend hohem Niveau". Viele Betriebe seien bereits bis Anfang 2009 ausgelastet.

Trotz zunehmender Sorgen um die Konjunktur zeigt sich der Stuttgarter IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann optimistisch. "Auch 2008 wird ein Wachstumsjahr", sagte er. Die Betriebe im Maschinenbau und in der Elektrotechnik seien bis Anfang 2009 voll ausgelastet; auch im Nutzfahrzeugbereich sei die Auftragslage sehr gut. Die teilweise zweistelligen Zuwachsraten wie im Vorjahr werde es aber nicht mehr geben, zumal stellenweise die Kapazitätsgrenze in der Produktion erreicht sei. Schwierig sei die Situation lediglich bei den Pkw-Herstellern, weil im Inland zu wenige Autos gekauft würden. Auch der Beschäftigungsaufbau werde anhalten. Allerdings hätten Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen hier eine deutlich bessere Entwicklung vorzuweisen als der Südwesten.

Wegen des starken Zuwachses in Asien sei die Abhängigkeit von der US-Konjunktur zurückgegangen. Gleichwohl bringe der starke Euro Risiken mit sich, weil er die Exporte in den gesamten Dollarraum belaste. Wie sich das auf die Tarifrunde 2008 auswirkt, vermag Hofmann noch nicht einzuschätzen. Noch vor den Sommerferien solle die gewerkschaftsinterne Debatte um die Forderung beginnen, Ende September werde dann der Beschluss gefasst. Die Entgelttarifverträge laufen bis Ende Oktober. Dann endet auch die Friedenspflicht. Aufgrund der hervorragenden Auslastung werde Ende 2008 ein "extremer Entgeltdruck" aufkommen, weil die Beschäftigten dann erkennen würden, was sie geleistet hätten, sagte Hofmann voraus. Es wäre daher "vollkommen unnötig", weitere Themen einzubringen.

Damit reagierte er auf eine Forderung von Südwestmetall-Chef Jan Stefan Roell im StZ-Interview, mit den Arbeitgebern über eine Ausweitung der Arbeitszeit zu verhandeln. Es gebe bereits eine weitgehende Flexibilisierung etwa mit Langzeitkonten bei den Unternehmen, aber wenig Bedarf für diese Instrumente, so der Bezirksleiter.
"Die Realitäten lassen keine Notwendigkeit erkennen", sagte er in Richtung des Südwestmetall-Chefs. Dennoch ließ er Bereitschaft anklingen, Arbeitszeitmodelle beispielsweise für junge Eltern zu entwerfen, um "die Wirklichkeit in den Betrieben mit den Wünschen der Beschäftigten stärker zusammenzubringen".

Fest vorgenommen haben sich Gewerkschaft und Arbeitgeberverband, bis Juni eine neue Tarifregelung für den Altersübergang zu finden. Die vom Staat geförderte Altersteilzeit endet 2009. Die Tarifparteien sind sich einig, dass die Große Koalition im Verzug ist. "Die Zeit drängt - der Gesetzgeber muss jetzt die Rahmenbedingungen schaffen", mahnte Hofmann. Als zentrales Element sieht er die Teilrente. Dieses Modell müsse durch verbesserte Hinzuverdienstgrenzen und einen Zugang schon von 60 Jahren an attraktiver werden. Der Gesetzgeber müsse den Arbeitgebern den Ausgleich von Rentenabschlägen und fehlenden Erwerbsjahren erleichtern.

Kategorisch wies Hofmann das Ansinnen von Roell zurück, in diesem Zusammenhang den Kündigungsschutz und die Verdienstsicherung älterer Beschäftigter aufzuweichen. "Wir wären mit dem Klammerbeutel gepudert, an der Stelle auch nur ein Jota zu verändern", sagte er. Bereits heute könnten Ältere mit Kettenverträgen ohne Befristung eingestellt werden. Die gesetzliche Deregulierung habe strukturell aber nichts gebracht.

Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer erwartet keine Auswirkungen der Bank- und Börsenkrise auf die Tarifrunden dieses Jahres. Die Arbeitnehmer dürften nicht zur Kasse gebeten werden für "die teilweise eklatanten Fehlleistungen und das Kasino-Kapitalismus-Gehabe von einigen Managern mit ihrem US-Engagement, weil sie meinten, sie könnten nicht anders zweistellige Renditen erwirtschaften", sagte er. Sommer hält es für "nahezu unverfroren", den Arbeitnehmer nun abermals Verzicht abzufordern. Stattdessen müssten sie einen gerechten Anteil am Aufschwung erhalten. "Der muss sich in deutlich steigenden Realeinkommen manifestieren und damit die erwartete Preissteigerungsrate spürbar übersteigen", verlangte er.

Letzte Änderung: 16.04.2008