Mehrere Branchen wollen Mindestlöhne

IG Metall Aus den Medien

11.01.2008 Aus den Medien: Nachrichtenagentur AP vom 02.01.08

Kurz vor Inkrafttreten des Post-Mindestlohns am 1. Januar melden weitere Branchen Bedarf an: Bei einer Umfrage der "Frankfurter Rundschau" sprachen sich Arbeitgeber aus der Zeitarbeitsbranche, der Entsorgungswirtschaft und der Wach- und Sicherheitsbranche für festgelegte Lohnuntergrenzen aus. Bereits über die Feiertage hatte die IG BAU erklärt, Gespräche in weiteren Bereichen zu führen. Die Höhe der jeweiligen Mindestlöhne ist allerdings umstritten.

Arbeitgebervertreter übereinstimmend, sie strebten niedrige Mindestlöhne an: "9,80 Euro wie bei der Post kommen für uns nicht in Frage", sagte der Präsident des Bundesverbandes Zeitarbeit (BZA), Volker Enkerts der Zeitung. Der BZA habe mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) für die Zeitarbeit 7,15 Euro ausgehandelt. "Das ist eine Bezahlung, von der die Menschen leben können und die Lohndumping verhindert", wird Enkerts zitiert.

Für die Sicherheitsfirmen bezeichnete der Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband der Wach- und Sicherheitsunternehmen, Harald Olschok, vier bis fünf Euro als "gerade noch verkraftbar". Die 7,50 Euro, die der DGB als allgemeine Untergrenze fordert, seien besonders in den neuen Ländern für die Firmen nicht zu bezahlen. Mindestlöhne sollten für faire Wettbewerbsbedingungen sorgen, erklärte Olschok.
Auch sein Kollege vom Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft, Stephan Harmening, kündigte noch für den Januar Verhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di über einen Mindestlohn-Tarifvertrag an. Gewerkschaften oder Arbeitgeber in weiteren Bereichen hatten sich in den vergangenen Tagen für einen Mindestlohn ausgesprochen, darunter die Fleischverarbeitung, die Landwirtschaft und die private Forstwirtschaft.

Die SPD will weiterhin flächendeckende Mindestlöhne durchsetzen. SPD-Chef Kurt Beck hatte im AP-Gespräch angekündigt, das Thema bleibe für seine Partei auch 2008 "ganz oben auf der politischen Agenda". Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Klaus Brandner, hob am Donnerstag im WDR hervor: "Wir wollen dabei bleiben, dass der Weg aus der Armut erstens Arbeit ist, aber zweitens anständig bezahlte Arbeit. Und das geht nicht, ohne dass wir eine flächendeckende Mindestlohnregelung hinbekommen." Innerhalb der Koalition sei eine entsprechende Vereinbarung getroffen, die nun umgesetzt werden müsse.

Verweis auf niedrige Tarifbindung in Ostdeutschland
Der sächsische Wirtschaftsminister Thomas Jurk verwies auf die in Ostdeutschland niedrigere Tarifbindung: "Anders als noch vor zehn Jahren in Westdeutschland waren Tarifbindung und Organisationsgrad in Ostdeutschland nie so hoch, dass hier Armutslöhne wirksam verhindert werden konnten", sagte der SPD-Politiker der AP. Dazu komme wenn auch in abgeschwächter Form in den grenznahen Gebieten "ein Lohndruck aus Polen und der Tschechischen Republik".

Der baden-württembergische IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann sprach sich für die Einführung gesetzlicher Mindestlöhne in Höhe von 7,50 Euro aus. "Wir haben inzwischen eine Situation, in der selbst Vollzeitarbeit nicht mehr vor Armut schützt", sagte Hofmann der AP. Etwa 32 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten arbeiteten inzwischen im Niedriglohnbereich und seien auf zusätzliche Sozialleistungen angewiesen.

Letzte Änderung: 15.08.2008