IG Metall Pressedienst 18/07

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14.03.2007 Bezirksleiter Hofmann: Wir überfordern die Betriebe nicht - Erste Verhandlungsrunde vertagt

Nur wenige Stunden nach dem ersten Zusammentreffen haben sich die Tarifparteien der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie auf den 27. März vertagt. Ein Angebot der Arbeitgeber wurde nicht vorgelegt.

IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann sieht die Gewerkschaft in einer guten Ausgangslage für die Tarifverhandlungen in diesem Jahr. "Die Wirtschaft brummt. Es zeichnet sich ab, dass auch in diesem Jahr Produktivität, Umsätze und Gewinne der Unternehmen rasant steigen. Die Stimmung hat sich im Vergleich zur Tarifrunde 2006 sogar deutlich verbessert. Unsere Forderung nach 6,5 Prozent mehr Geld ist begründet und überfordert die Unternehmen nicht".
Die Firmen hätten eine Auslastung von über 90 Prozent, die Auftragsbücher seinen "teilweise am überquellen" und der Buchungszeitraum reiche schon jetzt bis ins kommende Jahr.

Hofmann: "Was nicht in die Landschaft passt ist das ritualisierte Gejammer der Arbeitgeber".
Hofmann machte deutlich, dass sich die verbesserte Lage nicht nur in der Forderung der IG Metall, sondern auch im Abschluss spiegeln müsse. "Unter den aktuellen Vorzeichen muss der Abschluss mehr bringen als letztes Jahr".
Jetzt gehe es darum, den auf glänzenden Exportzahlen aufbauenden Konjunkturboom durch eine verbesserte Inlandsnachfrage zu stabilisieren. "Wir können uns nicht nur auf den Export verlassen. Wir brauchen ein breites Fundament für die wirtschaftliche Entwicklung. Deshalb müssen die Einkommen der Beschäftigten deutlich gestärkt werden um über eine verbesserte Nachfragesituation auch die Chance auf mehr Arbeitsplätze zu öffnen".

Die IG Metall begründet ihre Forderung mit der prognostizierten gesamtwirtschaftlichen Produktivitätssteigerung (+ 1,8 Prozent für 2007) und den steigenden Verbraucherpreisen (Prognose: 2,3 Prozent für 2007). Daraus ergibt sich ein gesamtwirtschaftlich verteilungsneutraler Spielraum von 4,1 Prozent.
Aufgrund steigender Verkaufspreise (+ 2 Prozent) und einer deutlich besseren Produktivität (+ 4,5 Prozent) in der Metallverarbeitung, sind für die Branche 6,5 Prozent finanzierbar. Begründet ist dies durch kräftige Kostenentlastungen für die Unternehmen während der vergangenen Jahre, der überproportional gestiegenen Produktivität der Metallwirtschaft (+ 6,9 Prozent für 2006) und den stark steigenden Umsätzen und Gewinnen der Branche.

So ist zum Beispiel in der Metall- und Elektroindustrie die Lohnquote (Anteil der Löhne und Gehälter am Umsatz) in den letzten 10 Jahren von 24,3 auf 16,4 Prozent gesunken.
Die Produktivität der Branche ist dagegen seit 2003 um fast 20 Prozent gewachsen, während im selben Zeitraum die Lohnstückkosten um über 13 Prozent gesunken sind. Die operativen Gewinne (EBIT) der 40 börsennotierten Metall- und Elektrounternehmen sind seit 2005 (22,3 Milliarden Euro) auf 35,6 Milliarden Euro geklettert.

Die Beschäftigung in der Metall- und Elektroindustrie stagniert dagegen weitgehend. Hofmann: "Wir stellen fest, dass die Mehrproduktion sich nicht in Beschäftigung niederschlägt. Dagegen steigt die Zahl der Überstunden in den Betrieben. Kommt es zu Beschäftigungseffekten, so werden die über befristete Verträge oder zunehmend über Leiharbeit realisiert".
Hofmann betonte, es gehe in der aktuellen Tarifauseinandersetzung um eine dauerhafte und strukturwirksame Entgelterhöhung. Mieten, Stormrechnungen und Preise würden schließlich auch nicht nur einmal fällig und Erhöhungen würden auf dem vorherigen Niveau aufsetzen.
"Ich habe nichts gegen einen Konjunkturzuschlag. Aber er muss schon dauerhaft tabellenwirksam sein. Unsere Beschäftigten brauchen Verlässlichkeit bei der Entgeltentwicklung und kein Stück Kuchen, das man ihnen auf den Tisch stellt und dann wieder wegnimmt, ehe es wirklich schmecken kann".
Auf die Ankündigung von Südwestmetall, in der nächsten Runde ein "attraktives Angebot" vorlegen zu wollen, erwiderte Hofmann: "Über Geschmack und Attraktivität lässt sich ja bekanntlich streiten. Jetzt müssen die Arbeitgeber ihren vollmundigen Ankündigungen Taten folgen lassen. Ein verhandelbares Angebot muss den deutlich verbesserten Rahmenbedingungen Rechnung tragen und muss in vollem Umfang tabellenwirksame Bestandteile enthalten. Alles andere wären wieder die üblichen Pirouetten der Arbeitgeber und hilft nicht den Ablauf der Tarifrunde zu beschleunigen."

Die zweite Verhandlungsrunde für die 800 000 Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg findet am 27. März in Sindelfingen statt.

Letzte Änderung: 22.04.2008