Nein zur Rente mit 67 ...

12.02.2007 ... Ja zu flexiblen Ausstiegsmodellen IG Metall Bezirksleiter Jörg Hofmann in der bw-woche / Staatsanzeiger "Standpunkt" zum Thema Rente mit 67

Die Rentenpläne der Bundesregierung haben sich zum Zankapfel der Nation entwickelt. Obwohl sich die breite Mehrheit der Bevölkerung klar gegen die geplante Heraufsetzung des Rentenzugangsalters wendet, sperrt sich schwarz-rot gegen jeden Hauch einer Änderung am Gesetzesvorhaben. Vor allem die Beschäftigten der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie sind empört über die Regierungspläne.

Die Arbeits- und Leistungsbedingungen in den Betrieben machen es unmöglich, in der Produktion bis zum Renteneintritt zu arbeiten. Hoher Leistungsdruck und kurze Taktzeiten bestimmen die Tätigkeiten an den Bändern und in den Montagen. Dazu meist noch Schichtdienst, der den Körper zusätzlich belastet. Häufig sind gesundheitliche Beeinträchtigungen die Folge. Diese hohen psychischen und physischen Belastungen zwingen deshalb viele Beschäftigte zu einem früheren Ausstieg aus dem Erwerbsleben. In der südwestdeutschen Metall- und Elektroindustrie treffen wir auf ein durchschnittliches reales Rentenzugangsalter von unter 60 Jahren. Diese Kluft zu schließen oder zumindest zu verkleinern wäre eigentlich die vordringlichste Aufgabe. Hier sind Politik und Arbeitgeber gleichermaßen gefordert, denn von einem humanisierten und alternsgerechten Arbeiten sind wir in weiten Teilen der Industrie noch meilenweit entfernt.

Die Bremser sitzen aber gerade in diesen Fragen im Arbeitgeberlager. Schon 2001 wollten wir im Tarifvertrag ein Recht auf Qualifizierung für einen höherwertigen Arbeitsplatz für Fließbandarbeiter verankern. Gescheitert sind wir am Widerstand der Arbeitgeber. Erst im vergangenen Jahr mussten wir mit viel Kraft einen weiteren Angriff auf die Arbeits- und Leistungsbedingungen abwehren, denn die Arbeitgeber wollten die Erholzeitpausen für taktgebundene Tätigkeiten ebenso abschaffen wie die Mindesttaktzeiten, die Bandarbeiter vor Überforderung schützen sollen.
Statt die Leistungsschraube immer weiter anzudrehen und Pläne für eine längere Lebensarbeitszeit zu schmieden, sollten Arbeitgeber und Politik gemeinsam mit den Gewerkschaften lieber nach Wegen suchen, wie Beschäftigte bis zur Rente gesund im Betrieb bleiben können.

Doch zurück zu den Regierungsplänen: Wird unter diesen Umständen das Rentenalter erhöht, bedeutet das nichts anderes als einen Griff in die Taschen der Beschäftigten, denn wer dann früher aus dem Arbeitsleben raus will, weil er einfach nicht mehr kann, der muss mit erheblichen Abschlägen rechnen, die sich auf bis zu 14,4 Prozent summieren können.
Gleichzeitig senkt die Regierung noch das Rentenniveau ab. Die Folge: Liegt die Durchschnittsrente mit der ein Metaller in Rente geht, heute noch bei etwa 900 Euro, wären dies in Zukunft vielleicht noch 700 Euro für Menschen, die ein Leben lang hart gearbeitet haben. Es kann und darf doch nicht Ziel einer Gesellschaft und einer starken Volkswirtschaft wie Deutschland sein, dass solche Menschen nur knapp über Hartz IV-Niveau in die Rente robben müssen.

Vor diesem Hintergrund muss man auch die Pläne der Regierung, sämtliche Modelle für einen vorzeitigen Ausstieg aus dem Erwerbsleben zu schließen, als einen Irrweg bezeichnen. Kommt beides, die Rente mit 67 und das Schließen aller vorzeitigen Ausstiegsmöglichkeiten, werden jungen Menschen Chancen auf einen Job nach der Ausbildung verbaut.
Wir brauchen auch in Zukunft Modelle, die einen flexiblen Übergang vom Arbeitsleben in die Rente gestalten. Mit dieser Meinung stehen wir keinesfalls allein. Es wird an der Zeit, dass diejenigen Arbeitgeber endlich aus der Deckung kommen, die ebenso wie wir überzeugt sind, dass auch künftig ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Berufsleben möglich sein muss.

Letzte Änderung: 20.11.2007