Zeitarbeit

13.02.2007 Jörg Hofmann, IG Metall Bezirksleiter Baden-Württemberg, in der Beilage "Wirtschaftsstimme" der Heilbronner Stimme am 13. Februar 2007 (in Auszügen erschienen, hier die komplette Stellungnahme)

Heilbronner Stimme:
Kritiker sehen in den Zeitarbeitsplätzen eine Konkurrenz zu regulären Stellen. Sehen auch Sie diese Gefahr?

Jörg Hofmann:
Die Gefahr, dass Stammpersonal durch Zeitarbeitskräfte verdrängt wird, besteht sogar ganz massiv.
Seit 1994 hat sich die Zahl der Leiharbeiter in den Betrieben vervierfacht, während Stammbelegschaften allerorts oft reduziert wurden. In der Metall- und Elektroindustrie haben wir Betriebe mit einem Anteil an Leiharbeitern von bis zu 25 Prozent. Oft benutzen Arbeitgeber den Einsatz von Leiharbeitern auch, um Druck auf die tariflich Beschäftigten im Unternehmen zu erzeugen. Der oft beschriebene Klebeeffekt ist dagegen sehr gering. Weniger als 12 Prozent aller Leiharbeiter bekommen die Chance auf eine Festanstellung.

Heilbronner Stimme:
Verschafft die Zeitarbeit den Unternehmen nicht jene Flexibilität, mit der sie rasch auf konjunkturelle Schwankungen reagieren können und die tariflich gebundene reguläre Arbeitsplätze vielleicht nicht zulassen?

Jörg Hofmann:
Die Unternehmen haben genügend Möglichkeiten um auf konjunkturelle Schwankung rasch zu reagieren. Gerade mit unseren Tarifverträgen bieten wir zahlreiche Möglichkeiten. Arbeitszeitkonten sind zum Beispiel eine Stellschraube. Ärgerlich ist es, dass Arbeitgeber die Frage von Wachstum und Beschäftigung immer mit der Frage verbinden, wie sie ihre Leute am leichtesten loswerden. Das zeugt nicht gerade von großem sozialen Verantwortungsbewusstsein und wird immer mehr zu einem gesellschaftlichen Problem. Ohne feste und sozialversicherungspflichtige Jobs werden die Menschen ihrer Perspektiven und ihrer Sicherheit beraubt.

Ein Grund für die starke Zunahme von Leiharbeit liegt auch in der gesunkenen Bereitschaft der Unternehmen, soziale Verantwortung für Beschäftigung zu übernehmen. Wir halten es für wichtiger, dass Betriebe in Zeiten des Konjunkturaufschwungs selbst sozialversicherungspflichtige Beschäftigte einstellen.

Heilbronner Stimme:
Sind die Tarifverträge für die Beschäftigten in der Zeitarbeitsbranche ausreichend?

Jörg Hofmann:
Mit dem gefundenen Branchentarifvertrag ist es uns zumindest gelungen Mindestbedingungen und Entlohnung für Zeitarbeiter zu regeln, auch wenn der Einstiegstarif mit 7.15 Euro deutlich unter dem Metalltarif liegt. Daneben verfolgen wir das Ziel, über Tarifverträge Leiharbeit/Zeitarbeit zu quotieren und ein echtes ´equal-pay´ durchzusetzen. Solche Tarifverträge existieren bereits bei Audi oder DaimlerChrysler.

Letzte Änderung: 20.11.2007