Hofmann gegen Konjunkturbonus ...

22.01.2007 ... in Form von Einmalzahlungen - Protest gegen Rente mit 67 Jahren - Interview Jörg Hofmann mit der Nachrichtenagentur AP am 22. Januar 2007

Der Bezirksleiter der baden-württembergischen IG Metall, Jörg Hofmann, sieht keinen Grund zur Zurückhaltung bei der kommenden Tarifrunde. Hofmann sagte der Nachrichtenagentru AP in Stuttgart, der Aufschwung sei nicht vom Himmel gefallen. "Jetzt wollen wir angemessen an dieser Entwicklung beteiligt werden". Es gehe den Firmen prächtig und in den Betrieben brumme es. Der Gewerkschafter kündigte außerdem Proteste gegen die Rente mit 67 Jahren an.
Hofmann sagte: "Wenn wir den Aufschwung stabilisieren wollen, müssen die Einkommen steigen". In den letzen Jahren habe es sehr moderate Lohnzuwächse gegeben. "Die Arbeitgeber sind in der Pflicht und dürfen nicht nur die Renditeerwartungen der Aktionäre im Blick haben, sondern müssen auch in den Aufbau von Beschäftigung investieren." Der Bezirksleiter sagte zu dem Vorschlag der Arbeitgeber, einen Konjunkturbonus in Form von Einmalzahlungen auszuschütten: "Wir brauchen dauerhafte, also tabellenwirksame Entgelterhöhungen, keine zeitlich befristeten." Wer glaube, die Beschäftigten mit Einmalzahlungen abspeisen zu können, mache eine Milchmädchenrechnung. "Aber Metaller können rechnen".
Mit Blick auf die Führungsspitze um IG-Metall-Chef Jürgen Peters sagte er, wer die Gewerkschaft in Zukunft führen werden, darüber werde der Gewerkschaftstag im November entscheiden. "Ich gehe davon aus, dass alle Akteuere aus den Erfahrungen von 2003 gelernt haben und sich an Absprachen halten." Erneut übte er Kritik an der Rente mit 67 Jahren. "Die Wut und Empörung in den Betrieben ist gewaltig, ebenso wie der Informationsbedarf zu den Rentenplänen." Deshalb seien Ende des Monats Proteste geplant. "Das können Informationsveranstaltungen und Kundgebungen sein auch während der Arbeitszeit. Dabei von politischen Streiks zu sprechen, wie dies einzelne Arbeitgeber und Verbandsfunktionäre hochstilisieren, ist Humbug." Jeder habe das Recht von seinem verbrieften Versammlungs- und Demonstrationsrecht Gebrauch zu machen.

Nachfolgend das Interview im Wortlaut:

Die IG Metall hat schon angekündigt einen höheren Tarifabschluss anzustreben als in der letzen Runde - warum?

Die wirtschaftliche Lage hat sich seit der letzten Tarifrunde deutlich verbessert. Wir haben wieder deutliche Wachstumsraten. Aber der Aufschwung ist nicht vom Himmel gefallen. Er ist dem Engagement und Einsatz der Beschäftigten zu verdanken. Jetzt wollen wir angemessen an dieser Entwicklung beteiligt werden.

Wie bewerten Sie das wirtschaftliche Umfeld in der Metall- und Elektroindustrie?

Den Firmen geht es prächtig, in den Betrieben brummt es. Die Metall- und Elektroindustrie befindet sich in einer Sonderkonjunktur. Die Betriebe haben eine Auslastung von 90 Prozent und volle Auftragsbücher. Die Produktivität und die Umsätze sind um acht bzw. elf Prozent gewachsen. Aber die Zuwächse schlagen sich nicht in Beschäftigung nieder, sondern fließen fast ausschließlich in die Gewinne der Unternehmen.

Welche Rolle spielt die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die gestiegene Abgabenlast bei der Lohnforderung?

Wir orientieren uns an der gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsentwicklung und der erwarteten Inflationsrate. Und wir schauen natürlich auf die Metall- und Elektroindustrie.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache und zeigen einen Spielraum, der eine Forderung deutlich oberhalb der letzten rechtfertigt.

Die Arbeitgeber warnen traditionell vor einem zu hohen Abschluss - macht eine deutliche Lohnerhöhung nicht den Aufschwung kaputt?

Nein, das ist der übliche Arbeitgeberreflex. Der Aufschwung wird bisher hauptsächlich vom Export getragen. Die Binnenkonjunktur ist nach wir vor die Achillesferse. Wenn wir den Aufschwung stabilisieren wollen, müssen die Einkommen steigen.

Was kann die IG Metall dazu beitragen, dass es zur Schaffung von neuen Stellen kommt?

In den letzten Jahren hatten die Beschäftigten sehr moderate Lohnzuwächse. Auf neue Jobs warten wir allerdings vergeblich. Die Arbeitgeber sind in der Pflicht und dürfen nicht nur die Renditeerwartungen der Aktionäre im Blick haben, sondern müssen auch in den Aufbau von Beschäftigung investieren.

Wo sollte der Tarifabschluss gemacht werden? Generell ist ja angeblich jeder Bezirk geeignet. Was zeichnet Baden- Württemberg und Nordrhein-Westfalen aus?

Wir haben im Südwesten ordentliche Löhne, motivierte Belegschaften und eine hohe Tarifbindung. Wir sollten dort abschließen, wo am Ende das beste Ergebnis für die Beschäftigten steht.

Wie bewerten Sie die jüngsten Aussagen der Arbeitgeber, die sich für einen Konjunkturbonus ausgesprochen hatten?

Wir brauchen dauerhafte, also tabellenwirksame Entgelterhöhungen, keine zeitlich befristeten. Der Beitrag zur Wertschöpfung durch die Beschäftigten und die Verbraucherpreise steigen auch nicht nur zeitlich begrenzt. Wer glaubt die Beschäftigten mit Einmalzahlungen abspeisen zu können, macht eine Milchmädchenrechnung. Aber Metaller können rechnen.

Erwarten Sie einen Wechsel an der Spitze der IG Metall auf dem Gewerkschaftstag - der derzeitige Vorsitzende it ja Jürgen Peters? Und wo sehen Sie ihre Zukunft in den nächsten Jahren?

Wer die IG Metall in Zukunft führen wird, darüber entscheidet der Gewerkschaftstag im November. Ich gehe davon aus, dass alle Akteure aus den Erfahrungen von 2003 gelernt haben und sich an Absprachen halten.
Ich bin gerne Bezirksleiter.

Die Rente mit 67 treibt die Gewerkschaften um. Was ist ihre Kritik daran?

Das ist doch ein Irrsinn, solange wir die Lücke zwischen realem Rentenzugang und gesetzlichem Rentenzugang nicht schließen. Der durchschnittliche Rentenzugang in der Metall- und Elektroindustrie liegt bei unter 60 Jahren. Viele Beschäftigte können unter den heutigen Arbeitsbedingungen nicht bis zur Rente kommen. Die Regierung will aber alle Möglichkeiten für einen vorzeitigen Ausstieg dicht machen. Dazu sagen wir nein. Wir brauchen auch nach dem Auslaufen der geförderten Altersteilzeit 2009 noch Möglichkeiten für einen früheren Ausstieg.

Was für Proteste planen Sie?

Die Wut und Empörung in den Betrieben ist gewaltig, ebenso wie der Informationsbedarf zu den Rentenplänen. Wir laden deshalb Ende Januar zu verschiedenen Veranstaltungen ein, um die Beschäftigten zu informieren. Das können Infoveranstaltungen und Kundgebungen sein auch während der Arbeitszeit. Dabei von politischen Streiks zu sprechen, wie dies einzelne Arbeitgeber und Verbandsfunktionäre hochstilisieren, ist Humbug. Jeder hat das Recht von seinem verbrieften Versammlungs- und Demonstrationsrecht Gebrauch zu machen.

Letzte Änderung: 20.11.2007