Mehr bezahlbarer Wohnraum

Pressemitteilung

14.12.2023 Eine Baden-Württemberg-Milliarde für mehr bezahlbaren Wohnraum! Grün-Schwarz muss zur Stabilisierung der Baukonjunktur deutlich mehr Geld in die Hand nehmen - Gemeinsame PM DGB, IG BAU, IG Metall

Stuttgart. Der massive Einbruch im Wohnungsbau hat für Wohnungssuchende dramatische Folgen. Zudem trifft die schwache Baukonjunktur auch die Beschäftigten in der Bauwirtschaft, im Handwerk und bei den Herstellern von Baumaschinen und Haushaltsgeräten mit Wucht.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Baden-Württemberg, die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und die IG Metall fordern die Landesregierung auf, mit Fördermitteln in Höhe von einer Milliarde Euro für bezahlbaren Wohnraum gegenzusteuern. Eine aktive Wohnungspolitik würde sich positiv auf die Bauwirtschaft auswirken und Arbeitsplätze sichern. Bei einer Pressekonferenz heute (14. Dezember 2023) im Willi-Bleicher-Haus in Stuttgart haben DGB, IG BAU und IG Metall ihre Forderungen konkretisiert.

Maren Diebel-Ebers, stellvertretende Vorsitzende DGB Baden-Württemberg: "Haushalte mit geringem und mittlerem Einkommen sind am stärksten von der Wohnungsnot betroffen. Die Wohnungsnot ist mit voller Wucht in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen. Der Wohnungsbau in Baden-Württemberg ist massiv eingebrochen. Die Gründe hierfür sind: für 2023 längst aufgebrauchte und auch für 2024 schon gebundene öffentliche Fördermittel, steigende Zinsen, explodierende Baupreise und hohe Bodenpreise. Bis Ende Oktober sind im Südwesten nur noch rund 24.500 Genehmigungen für Wohnungen erteilt worden. 2022 gab es lediglich gut 42.000 Fertigstellungen. Wir brauchen aber jährlich mindestens 70.000 im Land, davon 13.000 Sozialwohnungen."

Der DGB sieht sich angesichts der Marktverwerfungen in seiner Auffassung bestätigt, dass Baden-Württemberg eine Landeswohnungsbaugesellschaft braucht. Diebel-Ebers weiter: "Eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft könnte die Kommunen bei gemeinwohlorientierten Bauprojekten unterstützen und langfristig einen eigenen Wohnungsbestand aufbauen. Wir wollen, dass die landeseigene Landsiedlung Baden-Württemberg GmbH aktiv mehr Grundstücke für sozialen Wohnungsbau ankauft und diese dann per Erbpacht für den Wohnungsbau zur Verfügung stellt. Bodenpreissteigerungen von durchschnittlich 40 Prozent zwischen 2019 und 2022 sind neben explodierenden Baukosten die wesentlichen Preistreiber in Baden-Württemberg. Durch Vererbpachtung könnte Boden gemeinwohlorientierten Wohnungsbauunternehmen zur Verfügung gestellt werden. Gerade in Krisenzeiten muss das Land antizyklisch agieren und aktiven Wohnungsbau betreiben."

Andreas Harnack, Regionalleiter IG BAU Baden-Württemberg: "Wir erleben einen teilweise skandalösen Rückzug von privaten und öffentlichen Investoren im Wohnungsbau, der die Bauwirtschaft noch weiter in Turbulenzen bringt. Ein Werk in Baden-Württemberg mit innovativer Produktion und nachhaltigen Produkten wird gerade geschlossen. Das ist skandalös.
Über Materialpreise und Zinsen zu jammern nutzt nichts, zumal hier schon wieder etwas Entspannung eintritt. Entscheidend ist mehr Geld in die Hand zu nehmen und Wohnungs- und Quartiersbau konsequenter zu fördern.
Die Landesregierung hat die Wohnungsbaufördermittel zuletzt um 62 Millionen Euro auf 494 Millionen Euro erhöht. Für 2024 plant sie mit rund 550 Millionen Euro. Die Mittel reichen hinten und vorne nicht. Es braucht deutlich mehr Geld, um vor allem sozialen Wohnraum zu schaffen. Das Land muss die Bundesmittel um 50 Prozent aufstocken. 35 Prozent sind nicht genug.
Aus dem Landeshaushalt sind mehr als sechs Milliarden Euro liquide Mittel verfügbar. Grün-Schwarz muss es zumindest teilweise einsetzen, anstatt zu hamstern. Alle reden über Transformation in Baden-Württemberg, aber ohne Wohnungsbau und gute soziale und verkehrsmäßige Infrastruktur kommen keine Arbeitskräfte in den Südwesten.
Dies rechtfertigt den zusätzlichen Einsatz von zusätzlichen Fördermitteln, die jährlich und verstetigt in die Hand genommen werden: Wir brauchen hier eine Milliarde Euro des Landes - eine "echte Baden-Württemberg-Milliarde" zusätzlich zu Bundesmitteln jedes Jahr und auf mittlere Dauer. Diese ist vordringlich für leistbaren Wohnraum, besonders im Mehrgeschossbau und die Entwicklung guter Quartiere einzusetzen.
Das bringt das Land voran, denn: Jeder Euro an Hochbauinvestitionen bringt fünf bis sechs weitere Euro an Investitionen in den nachgelagerten Wirtschaftszweigen.
Und wenn die Vergabestellen im Land und in den Kommunen konsequent geltende Baubestimmungen, die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) anwenden, dann wird das Geld wettbewerbsgerechter und nachhaltiger verwendet - in Baden-Württemberg und für Baden-Württemberg."

Rolf Ebe, Vorsitzender Gesamtbetriebsrat Liebherr-Werke Ehingen: "Die Auftragseinbrüche im Wohnungsbau sind bei den von der Baukonjunktur abhängigen Unternehmen angekommen. Als Hersteller von Baumaschinen und Haushaltsgeräten ist auch Liebherr von der Flaute betroffen. Das bereitet uns als Betriebsräte große Sorgen. Die Unternehmen investieren weniger. Grund hierfür sind die ungünstigen Rahmenbedingungen. Damit es nicht zu Arbeitsplatzverlusten kommt, sehen wir neben den Arbeitgebern auch das Land und die Kommunen gefordert: Sie sollten gerade im Wohnungsbau private Investitionen anstoßen. Wir brauchen auch deshalb mehr Wohnraum, damit die Anwerbung von Fachkräften nicht an der Wohnungsfrage scheitert. Wir haben bei Liebherr mehrere Standorte mit wachsendem Personalbedarf. Die Menschen brauchen nicht nur Arbeit, sondern auch Wohnraum. Die Wohnungsknappheit verschärft den Fachkräftemangel. Dieser Engpass muss aufgelöst werden."

Letzte Änderung: 20.12.2023