Metaller gegen Münte

27.11.2006 FAZ am Sonntag, 26.11.2006 - Jörg Hofmann gegen die Rentenpläne der Regierung.

Die IG Metall macht gegen die Rentenpläne der Regierung mobil.
"Wir werden den Protest gegen die Rente mit 67 in die Betriebe tragen", sagte der Baden-Württemberger Bezirksleiter Jörg Hofmann im Interview mit dieser Zeitung.

Nächste Woche bringt Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) seinen Gesetzentwurf ins Kabinett ein. Daran möchte die Gewerkschaft noch Änderungen durchsetzen. "Der Regierung ist das Gespür für das wahre Leben in den Betrieben verlorengegangen", klagt Hofmann. "Die reale Arbeitswelt kommt in Berlin nicht mehr an. Die Arbeitsbedingungen in der Produktion sind andere als die für Professoren."
Die Rentendebatte belastet empfindlich das Verhältnis zwischen Gewerkschaften und ihrem natürlichen Verbündeten SPD. So äußert sich Hofmann enttäuscht, dass ausgerechnet der SPD-Vizekanzler sich mit dem späteren Renteneintritt zum "Fürsprecher einer Idee macht, mit die Union in den Wahlkampf gezogen ist."

Sinkende Nettorenten würden die Legitimation der Rentenversicherung untergraben, sagt Hofmann. Dabei sei die Rente mit 67 nichts anderes als eine Rentenkürzung über weitere Abschläge. "Die Regierung treibt so die Altersarmut voran und schließt gleichzeitig alle Modelle, die einen differenzierten Übergang von der Arbeit in die Rente ermöglichen. Jenmand, der Jahrzehnte in die Rentenkasse einzahlt, darf nicht mit Hartz IV in die Rente robben. Das ist eine Unverschämtheit."

Der Protest der IG Metall richtet sich gegen ein höheres Renteneintrittsalter und das ersatzlose Auslaufen der geförderten Altersteilzeit. "Das würde zu einem dramatischen Rückgang der Lehrstellen führen und wird der Realität auf dem Arbeitsmarkt nicht gerecht", warnt Hofmann. In der Metall- und Elektroindustrie liege der durchschnittliche Renteneintritt unter 60 Jahren. Er räumt zwar ein, dass die Rentenversicherung Antworten auf die demographischen Entwicklungen finden muss, dass die Jüngeren nicht immer mehr Alte finanzieren können.

"Bevor wir über eine spätere Rente reden, müssen wir aber die Arbeitswelt so weit humanisieren, dass die Beschäftigten in dem Alter überhaupt noch gesundheitlich dazu in der Lage sind zu arbeiten. Hier sperren sich aber die Arbeitgeber,", sagt der Gewerkschaftsfunktionär.
"Unlauter", nennt er Regierungspläne, den frühesten Zugang in die Rente von 62 auf 63 Jahre zu erhöhen. "Die Absenkung auf 62 war erst 1999 beschlossen worden. Eine verläßliche Rentenpolitik sieht anders aus."

Zum selbsternannten Arbeiterführer Jürgen Rüttgers will Hofmann trotz der Kritik am aktuellen SPD-Kurs nicht überlaufen. "Auch wenn es sicher nicht schadet, wenn sich die CDU die Interessen der Arbeitnehmer stärken zu eigen macht."

Letzte Änderung: 20.11.2007