Sachbericht
Projekt KUGzeit = LERNzeit:
Qualifizierung in Kurzarbeit in der IT-Industrie
Projektlaufzeit: 27.06.2001 – 31.12.2001
Im Rahmen des Pilotprojektes KUG-Zeit = LERN-Zeit wurde in einem gemeinsamen Projekt von IG Metall und Südwestmetall in zwei Betrieben der Region Stuttgart versucht, die aktuelle, konjunkturbedingte Kurzarbeitsphase mit sinnvollen Qualifizierungsbausteinen so zu verbinden, dass es sich nicht lediglich um einen passiven „Arbeitsausfall“ handelt. Ziel war die Teilnahme möglichst vieler betroffener Mitarbeiter/innen an Qualifizierungsmaßnahmen, die ihnen sowohl in ihrer jetzigen Tätigkeit nutzen als auch ihre Position auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Im Zeitraum zwischen dem 25. Juni 2001 und dem 21. Dezember 2001 wurden im Rahmen des Projektes in den Unternehmen im Rahmen der Kurzarbeit in erheblichem Umfang Qualifizierungsmaßnahmen durchgeführt. Insgesamt fanden in beiden Unternehmen 63 einzelne Kurse statt. Daran waren knapp 600 Mitarbeiter/innen beteiligt, die zusammengenommen knapp 2.900 Tage in Weiterbildung verbracht haben.
An den Maßnahmen mit mindestens 1 Tag Dauer haben insgesamt 145 Frauen teilgenommen, die Frauenquote lag somit bei 24,2 %. Ein höherer Wert wurde erstens dadurch verfehlt, dass schon zwischen Mai und Ende Juni Qualifizierungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Bei einem der Unternehmen kam hinzu, dass sich dieses parallel an einem ESF-Modellprojekt zur Qualifizierung von un- und angelernten Frauen (Mentoring) beteiligt hat. Bei den Teilnehmer/innen überwiegen – wie im Rahmen des Projektes geplant – diejenigen, die üblicherweise im Rahmen von Qualifizierungsmaßnahmen nicht oder geringer berücksichtigt werden. 62,5% der Teilnehmer/innen kamen aus dem Bereich der Operator, sind also in der Regel angelernte Maschinenbediener/innen. 18,9% arbeiten als Einrichter oder in der Instandhaltung; hier finden sich zwar häufig metallspezifische Qualifikationen, in der Regel aber zu geringe Kenntnisse im Bereich Elektrik und in IT-spezifischen Bereichen. 7,2% der Teilnehmer/innen kamen aus der Verwaltung, und 11,5% aus dem Bereich der Entwicklung.
Ähnlich verhält es sich, wenn man nicht auf die Personen, sondern auf die in Qualifizierungsmaßnahmen verbrachte Zeit schaut. 39,8% des so definierten Qualifizierungsvolumens kam der Zielgruppe der Operator zugute, sogar 44,1% entfiel auf den Bereich Einrichter oder Instandhaltung; hier wirkt sich insbesondere die umfangreiche Einzelmaßnahme „Elektrofachkraft“ aus, die in einem Unternehmen durchgeführt wurde. Lediglich 4,4% des Volumens entfielen auf den Bereich Verwaltung, 11,7% auf den Bereich Entwicklung und Technik.
Pro Kopf wurden im Durchschnitt im Förderungszeitraum Maßnahmen im Umfang von 4,9 Qualifizierungstagen durchgeführt. Dabei gibt es eine relativ breite Streuung: in beiden Unternehmen wurde je ein längerer Kurs (Geprüfte Elektrofachkraft 3 Monate, Anlagenführer 1 Monat) angeboten, ein größerer Anteil der Teilnehmer hat mehrere Einzelmaßnahmen im Volumen von 3-4 Tagen besucht, allerdings gab es auch einen relevanten Teilnehmerkreis, der nur eine Maßnahme besucht hat. Hierfür gibt es mehrere Ursachen: erstens die doch sehr kurze Vorlaufzeit für die Definition der Maßnahmen, zweitens immer wiederkehrende Turbulenzen in der Auftragssituation der Unternehmen, und drittens die Freiwilligkeit zur Teilnahme an Maßnahmen. Ein zusätzliches Problem entstand durch den späten Bewilligungstermin: dadurch lag die Umsetzung des Pilotvorhabens parallel zu den Sommerferien, eine Zeit, in der auch das Arbeitsamt auf einem Vorrang des tariflichen Urlaubs vor der Gewährung von KuG besteht; diese Zeit stand somit für Qualifizierung de facto nicht zur Verfügung. Die Kombination dieser Faktoren hat dazu geführt, dass einige geplante Maßnahmen ausgefallen sind, andere auf das Jahr 2002 verschoben werden mussten, auch wenn sie damit nicht mehr förderfähig waren.
Wirksam war in diesem Kontext sicherlich auch, dass die Maßnahmen einem breiten Interessentenkreis angeboten werden sollten. Dadurch wurde dem quantitativen Aspekt ein größeres Gewicht eingeräumt als der Definition eines für kleinere Zielgruppen spezifizierten und einheitlichen Qualifizierungsprogramms. Damit wurde zwar eine große Breitenwirkung erreicht; für eventuell folgende Fördermaßnahmen wird hier jedoch eine andere Schwerpunktsetzung bzw. eine klarere Unterscheidung zwischen Breitenmaßnahmen mit dem Ziel eines Aufschlusses der MitarbeiterInnen für Qualifizierung (Akzeptanzgewinnung) und zielgruppenspezifischer Qualifikation (zertifizierte Abschlüsse) empfohlen. In der Durchführung des Pilotprojektes wurde diesem Gedanken durch die 2 größeren Einzelmaßnahmen Rechnung getragen.
Thematisch waren die durchgeführten Maßnahmen breit gestreut (vgl. Anlage Themenliste). Dies war einerseits der Tatsache geschuldet, dass ein möglichst breites Angebot an Maßnahmen definiert werden sollte, um die Akzeptanz bei den Mitarbeiter/innen zu erhöhen und zugleich keine enge Ausrichtung an rein betrieblichen Erfordernissen zu erreichen. Es wurde in beiden Unternehmen in enger Abstimmung mit dem zuständigen Arbeitsamt sichergestellt, dass für jede Einzelmaßnahme der arbeitsmarktpolitische Bezug (Erhöhung der Vermittlungsfähigkeit des Arbeitnehmers) gegeben war. Innerhalb der insgesamt breiten Streuung lassen sich drei Komplexe von Qualifizierungsthemen herausdestillieren:
a) berufsspezifische Kenntnisse wie Grundlagen der Leiterplattenchemie, Statistik für Operator, Kenntnisse über gängige HL-Fertigungsverfahren und –Tools sowie eine Ausbildung zur geprüften Elektrofachkraft;
b) Erweiterung sozialer Kompetenzen wie Problemlösungsfähigkeit, Konfliktmanagement oder Rede-/Kommunikationstraining;
c) Vermittlung von allgemeinen EDV-Kenntnissen wie Excel, Word oder Lotus-Notes.
Dabei lag jedoch – wie schon im Antrag skizziert – ein eindeutiger Schwerpunkt auf den berufsspezifischen Kenntnissen: ihr Anteil am Gesamtvolumen belief sich auf 77,4%, 12,0% entfielen auf die allgemeinen EDV-Kenntnisse und 10,6% auf den Bereich sozialer Kompetenzen. Alle Teilnehmer/innen haben eine entsprechende Bestätigung erhalten, zudem wird die Teilnahme in den jeweiligen Personalakten vermerkt. Die beiden größeren Maßnahmen – der Kurs „geprüfte Elektrofachkraft“ und der Kurs „Anlagenführer 1“ enden zudem mit dem Erwerb eines anerkannten Zertifikats der IHK. Insgesamt kann daher die Durchführung des Modellprojektes sowohl vom Volumen wie auch von der Ausrichtung der durchgeführten Qualifizierungsmaßnahmen her als Erfolg bewertet werden.
Dies gilt insbesondere dann, wenn man die doch starke psychologische Belastung in Rechnung stellt, die sich in einem Unternehmen ergibt, wenn aufgrund der Auslastungsrückgänge Kurzarbeit unvermeidlich wird. Die Ursache hierfür ist ja extern, durch einen Zusammenbruch der Nachfrage gegeben; das gleiche gilt auch für die erhoffte „Lösung“ einer wieder ansteigenden Auslastung. Zwar entfällt dadurch eine innerbetriebliche Schuldzuweisung, aber zugleich stellt sich ein Gefühl der Ohnmacht ein, insbesondere wenn die Kurzarbeitsphase länger andauert. Sowohl die Mitarbeiter/innen wie auch die Führungskräfte suchen in solchen Phasen nach Signalen, die ihnen Perspektive und Sicherheit geben. Bleibt dies aus, ist häufig die Suche nach individuellen Auswegen durch berufliche Neuorientierung gegeben. Es gehen dann allerdings „die Besten zuerst“, also diejenigen, die trotz schlechter Konjunktur keine Probleme haben, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Für die Übrigen verschärft sich dadurch jedoch das Dilemma. Einerseits erodieren Ressourcen und Know-how, was bis zum Paradox führen kann, das trotz genereller Unterauslastung in einzelnen Wochen und / oder Funktionsbereichen Mehrarbeit geleistet werden muss. Zum anderen stellt sich dann immer wieder die Frage, ob man nicht auf das falsche Pferd gesetzt hat und sich beruflich in einer Sackgasse befindet.
Es war durchaus ein Ziel der betrieblichen Vorhaben, durch das Angebot zu beruflicher Weiterbildung für die Mitarbeiter/innen ein Stabilitätssignal zu setzen: hier investiert ein Unternehmen ja nur dann, wenn es an die eigene Zukunftsfähigkeit glaubt. Auch dieser intendierte Nebeneffekt kann durchaus als erfolgreich beurteilt werden. Beide Unternehmen haben zumindest ihre Kernbelegschaft stabilisiert und ihre technologische Kompetenz erhalten. Dies wäre ohne die durchgeführten Maßnahmen sicher nicht in gleichem Umfang möglich gewesen.
Im Zentrum der Maßnahmen standen Mitarbeiter/innen aus der Fertigung:
n „Operator“ genannten Maschinenbediener: Dieses sind in der Regel Anlerntätigkeiten, die zugleich hoch spezialisiert sind. Aufgrund von Besonderheiten der IT-Industrie wie ein geringer Grad manueller Tätigkeiten oder einer DV-gestützte Anlagenbedienung und Prozesslogistik erfordern diese Tätigkeiten eine längere Anlernzeit als in anderen Wirtschaftszweigen.
n Einrichter und Instandhalter.: Auch diese Tätigkeiten sind in der IT-Industrie– anders als in anderen Sektoren – aufgrund der starken Anlagenorientierung der Produktion schichtgekoppelt. Für beide Funktionsbereiche gilt, dass ein Verständnis des eher abstrakten Produktionsprozesses unter Reinraumbedingungen technisch-naturwissenschaftliches Grundwissen erforderlich ist, während die Fachsprache stark mit Englisch vermischt ist, so dass die spezifischen Qualifikationsanforderungen in Summe als recht hoch anzusehen sind.
Wie so häufig bezogen sich in den beiden Unternehmen die normalerweise laufenden Qualifizierungsmaßnahmen eher auf den Bereich der mittleren und höheren Angestellten, die Mitarbeiter/innen aus der Produktion bleiben gewöhnlich unterrepräsentiert. Gerade für diese Zielgruppe stellt die Kurzarbeitsphase daher eine Chance dar, die Entkoppelung vom ansonsten strikten Arbeitsregime (in der IT-Industrie wird in der Regel in Conti-Schicht, also an 7 Tagen pro Woche 24 Stunden gearbeitet) für passgenaue Maßnahmen zu nutzen. Im Zuge des Projektes wurden Kurse wie „Grundwissen Chemie“, „Grundwissen Leiterplattentechnik“, „Statistik für Operator/innen“, „Problemlösung in Gruppen“, aber auch eine umfassendere Qualifizierung zur zertifizierten Elektrofachkraft durchgeführt.
Für beide Unternehmen konnte im Rahmen des Pilotprojektes gezeigt werden, dass es durchaus gelingen kann, Kurzarbeitszeiten breit angelegt für die Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen zu nutzen. Die Ausfallzeiten wurden so sinnvoll ausgefüllt, die Hauptzielgruppen wurden mit entsprechenden Angeboten erreicht, und die koordinierte Flankierung und Betreuung durch die betriebsinternen Vertrauenspersonen (Betriebsrat, Personalleitung) führte auch zu einer vergleichsweisen hohen Akzeptanz bei den Beschäftigten.
Allerdings darf dabei nicht außer Acht gelassen werden, dass der Managementaufwand für die Konzipierung und Durchführung eines solchen Programms sehr hoch ist. Er stellt – neben den finanziellen Belastungen – den wichtigsten restriktiven Faktor dar.
Die erste Herausforderung besteht darin, dass man in der Regel nicht planmäßig, sondern durch externe Ereignisse (z.B. Stornierungen, kurzfristige Marktschwankungen etc.) in eine Unterauslastung gerät. Daher ist auch die Vorlaufzeit bis zum eigentlichen Start der Kurzarbeit sehr kurz; wenn dann noch das entsprechende Umsetzungs-Know-how fehlt (etwa weil es in den letzten 4-5 Jahren keine Erfahrungen mit Kurzarbeit gab), sind erfahrungsgemäß die Ressourcen von Personalabteilung, Betriebsrat und Produktionsleitung mit der Organisation der Kurzarbeit allein vollständig ausgelastet. Kaum jemand kann sich „zusätzlich“ um die Vorbereitung und Organisation von Qualifizierungsmaßnahmen kümmern. Gerade durch solche Effekte und weniger aufgrund „echter Blockaden“ wird eine Koppelung von Kurzarbeit und Qualifizierung nur in den Betrieben gelingen, die bereits vorher über eine ausgeprägte Weiterbildungskultur verfügen.
Zweitens ist zu berücksichtigen, dass die Kurzarbeit auch in ihrer Umsetzung durch eine extreme Kurzfristigkeit gekennzeichnet ist, was die Planbarkeit enorm erschwert. Auch wenn das Produktionsniveau zum Teil auf 50 % herunter gefahren wurde, mussten dennoch kurzfristige Kleinaufträge angenommen und durchgeschleust werden, was dann Änderungen der Schicht- und Auslastungsplanung erforderte. Zudem ist der Arbeitsausfall in der Regel nicht gleichmäßig über alle Bereiche verteilt, es gibt Schwankungen sowohl zwischen den einzelnen Funktionsbereichen (Fertigung, Logistik, Einkauf, Konstruktion etc.) als auch innerhalb derselben (z. B. stärkere Belastung an Engpassmaschinen).
Hinzu kommen die Besonderheiten der Conti-Schicht in der IT-Industrie: da die einzelnen Fertigungsprozesse aufeinander aufbauen und zum Teil nicht unterbrochen werden können, ist es nicht möglich, in allen Bereichen die Arbeit linear abzusenken. In einem Unternehmen gelang dies noch eher, dort war die Fabrik immer Freitags sowie in der Regel einen weiteren Tag pro Woche geschlossen. In einem anderen Unternehmen war dies komplizierter, dort hatten die Mitarbeiter/innen wochenversetzt einmal einen, einmal zwei Tage Arbeitsausfall. Hinzu kommt die Problematik von Nachtschichten und Wochenendschichten: da an diesen Tagen bzw. zu diesen Zeiten keine Weiterbildung sinnvoll durchführbar erschien, war das reale Zeitfenster auf die Wochen begrenzt, in denen die Mitarbeiter/Innen sich in der Tagschicht befinden. Allerdings hat das Arbeitsamt Stuttgart ausnahmsweise Schichtwechsel aufgrund geplanter Qualifizierungsmaßnahmen gebilligt, um diese Hürde möglichst klein zu halten
Schon das Management dieses realen Arbeitsausfalls sowie der erforderliche regelmäßige Abgleich mit der Arbeitsverwaltung stellt eine große Herausforderung dar. Dies gilt in noch stärkerem Maß für die Vorbereitung und Durchführung der Maßnahmen selber. Auch wenn Klarheit über sinnvolle Themen und die jeweiligen Zielgruppen besteht, erfordert es eine sehr detaillierte und verbindliche Planung, für eine Kalenderwoche X Referenten, Räume sowie ggf. Sachmittel bereitzustellen und eine Mindestteilnehmerzahl zu gewinnen. Diese Planungen werden dann nicht nur durch die betrieblichen Turbulenzen gestört, sondern auch persönliche Entscheidungen oder Probleme (Krankheit etc.) können die Umsetzung erheblich beeinflussen.
In diesem Sinne lassen sich aus dem Pilotvorhaben einige allgemeine Erfolgsfaktoren für Qualifizierung während Kurzarbeit generalisieren:
n Überblick über Qualifizierungsstand und Bedarf der Mitarbeiter/innen: Bei beiden beteiligten Unternehmen gibt es schon seit langem eine interne Datenbank, in der für jede/n Mitarbeiter/in die intern oder extern durchlaufenen Weiterbildungsmaßnahmen erfasst sind. Die Mitarbeiter/innen erhalten darüber hinaus einmal jährlich einen Weiterbildungspass, auf dem die Maßnahmen, an denen sie teilgenommen haben, dokumentiert sind. Dieser Datenbestand diente als Grundlage zur Formulierung von Qualifizierungsbausteinen und Modulen.
n Weiterbildungs-Ressourcen und Know-how: Qualifizierungsmaßnahmen, die während Kurzarbeit durchgeführt werden, müssen mit dem jeweiligen Arbeitsamt auf ihre Arbeitsmarktrelevanz hin abgestimmt werden. Da aber die Zeit für eine umfassende Bedarfsplanung und Bildungsanamnese fehlt, sind neben dem Überblick über den Qualifizierungsstand konkrete Vorstellungen über zielgruppenspezifische Module erforderlich, die sowohl im betrieblichen Kontext vermittelbar als auch mit dem Arbeitsamt regelbar sind. In beiden Unternehmen gibt es Weiterbildungsbeauftragte, die ohnehin regelmäßig Vorschläge für Weiterbildungsmaßnahmen erarbeiten und die jeweiligen internen Programme und Angebote erstellen. Es war sicherlich ein Vorteil, dass dieses Know-how betriebsintern statt (wie häufig zu beobachten) in fernen „Zentralbereichen“ weitab von den Beschäftigten vorhanden war.
n Positives Weiterbildungsklima in der Belegschaft: Ein KO-Kriterium ist die Frage, ob es gelingt, bei relevanten Teilen der Belegschaft eine positive Grundhaltung zu Weiterbildungsmaßnahmen zu wecken. Je mehr praktische Erfahrungen vorhanden sind, desto leichter fällt es, den Mitarbeiter/innen glaubwürdig die Vorteile von Qualifizierungsmaßnahmen zu vermitteln. Allerdings zeigte sich bei den beteiligten Unternehmen, dass gerade die unmittelbaren Produktionsbeschäftigten, die zudem weitgehend Un- und Angelernte sind, traditionell nur wenig von den vorher vorhandenen Angeboten profitieren konnten. Von daher waren sowohl das Misstrauen in die Maßnahmen selbst als auch die Unsicherheiten über die eigenen Positionen sehr groß. Unterstützend haben Diskussionen auf Abteilungs- und Arbeitsgruppenebene sowie Ansprachen der Vorgesetzten gewirkt. Untauglich scheint jedoch die Ausübung eines formalen Drucks auf die Beschäftigten, auch wenn der Bezug von Kurzarbeitsgeld (als Leistung der Sozialversicherung) durch das Arbeitsamt an eine Teilnahme gekoppelt werden könnte.
n Rolle des Betriebsrates: Eine Schlüsselrolle für die Überwindung solcher subjektiver Barrieren besitzt der Betriebsrat, da ihm einerseits zugetraut wird, zusammen mit den Beschäftigten Strategien in Krisenphasen zu entwickeln und er andererseits in Phasen der Verunsicherung, die ja bei Kurzarbeit immer gegeben ist, stabilisierend auf die Belegschaft einwirken kann. Dies setzt aber voraus, dass der Betriebsrat intern über das Know-how verfügt und dass er sich glaubwürdig zu Fragen der strategischen Ausrichtung des Unternehmens bzw. des Betriebs äußern kann. Beides erfordert eine gewisse Kontinuität und ist nicht kurzfristig im Krisenfall herstellbar.
n Aufbau einer Lenkungsgruppe: von entscheidender Bedeutung war die Etablierung einer betrieblichen Lenkungsgruppe, bestehend aus Personalabteilung, Produktionssteuerung und Betriebsrat. In diesem Kreis konnte sehr kurzfristig auf Änderungen im Zeitplan reagiert werden, konnten bei Bedarf Schichtbesetzungen so verändert werden, dass Mitarbeiter/innen zielgerichtet an für sie relevanten Maßnahmen teilnehmen konnten. In diesem Kreis war im Grunde das betriebsnotwendige Know-how gebündelt, welches für die Planung und Umsetzung eines derartigen Qualifizierungsprogramms erforderlich ist.
n Externe Projektbetreuung: Die Funktion der Projektbetreuung konnte sich daher auf ein Coaching dieser Lenkungsgruppen konzentrieren. Gegenstände reichten hierbei von Fragen der Förderfähigkeit und ihrer jeweiligen Voraussetzungen bis hin zur Unterstützung bei der Definition von Qualifizierungsbausteinen. Eine Umsetzung ohne ein derartig hohes Engagement der betrieblich Zuständigen wäre im Rahmen des vorhandenen Budgets nicht möglich gewesen. Dadurch war der Spielraum dafür gegeben, den Schwerpunkt der Projektarbeit auf die notwendige Abwicklung mit Bildungsträgern und externen Teamern zu legen.