Rente mit 67 ist ein Blödsinn

09.11.2006 Heilbronner Stimme 04.11.2006 - Jörg Hofmann, Bezirksleiter der IG Metall, rechnet mit hoher Lohnforderung

Er kennt die "Sorgenkinder" der Metallindustrie wie etwa Maschinenbauer und Automobilzulieferer im Südwesten genau: Jörg Hofmann, Bezirksleiter der IG Metall in Baden-Württemberg.

Im März nächsten Jahres läuft der Tarifvertrag in der Metallindustrie aus. Bereits jetzt beginnen aber bei der IG Metall die internen Diskussionen über die Lohnforderung, die im Februar beschlossen werden soll. Einen Grund zur Zurückhaltung kann Jörg Hofmann, der baden-württembergische Bezirksleiter, nicht erkennen. "Der Metall- und Elektroindustrie geht es in großem Umfang gut", sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion.

Die konjunkturellen Rahmendaten hat Hofmann bereits im Kopf. Deutlich zweistellig sei das Umsatzplus in der Branche, nahezu zweistellig wachse auch die Produktion. Trotzdem hätten die Unternehmen keine neuen Stellen geschaffen. Hofmann: "Der Profit der Mehrproduktion fließt in die Gewinne." Einen spürbaren Einbruch erwartet er für das nächste Jahr nicht. Entsprechend hoch dürften die Erwartungen der Mitglieder sein. Durch die Mehrwertsteuererhöhung ab Januar wird nach Hofmanns Einschätzung der "Druck auf eine hohe Zahl relativ stark wachsen".

Noch will Hofmann aber keine konkrete Ziffer für die nächste Lohnrunde nennen. Dabei ist ihm klar, dass diese "desto einfacher den Mitgliedern zu erklären ist, je höher sie ist". In den nächsten Wochen gehe es darum, die richtige Zahl zu finden, betont der vorsichtige Gewerkschafter. Denn er kennt auch die "Sorgenkinder" der Metallindustrie im Südwesten. Vor allem die Maschinenbauer, die Ausrüstungen für die Automobilzulieferer produzieren, tun sich derzeit schwer.

Um die Wettbewerbsfähigkeit der einheimischen Unternehmen ist es Hofmann auch bei steigenden Personalkosten nicht bang. "Die Außenhandelsbilanz ist glänzend positiv", kontert er. Zwar kämen mehr Vorleistungen aus dem Ausland, aber gleichzeitig hätten die Unternehmen die Exporte deutlich gesteigert. Bei der Verlagerung von Produktion ins billigere Ausland sieht der Gewerkschafter "deutliche Bremsspuren". Zwei Ausnahmen gesteht er zu: Neue Fabriken zur Belieferung von Kunden vor Ort würden noch gebaut und ganz einfache Tätigkeiten, die überall machbar sind, weiter verlagert. Genüsslich verweist er aber auf den Verband der Deutschen Maschinen- und Anlagenbauer, der seine Mitglieder häufiger vor den Risiken von Investitionen im Ausland warne.

Mehr Sorgen als die Tarifpolitik bereiten dem Stuttgarter Bezirksleiter die aktuellen politischen Diskussionen. Die Rente mit 67 nennt er "einen Blödsinn". Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit führe zu Abschlägen bei der Altersversorgung, die langfristig auf 50 Prozent des letzten Nettolohns sinke.

Von Peter Reinhardt

Letzte Änderung: 20.11.2007