7.10.18 - Tag der prekären Beschäftigung

IG Metall - Pressemitteilung

07.10.2018 Tag der prekären Beschäftigung: Leiharbeit und Werkverträge weiter auf dem Vormarsch - Auch im Südwesten werden reguläre Arbeitsplätze verdrängt - Pressemitteilung 55/2018

Stuttgart. Leiharbeit und Fremdvergaben haben auch bei der aktuell sehr guten Wirtschaftslage Hochkonjunktur: In Baden-Württemberg nutzen rund 82 Prozent der Betriebe in der Metall- und Elektroindustrie, der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie sowie der Textilindustrie Leiharbeit oder vergeben Aufträge über sogenannte Werkverträge an Fremdfirmen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage unter Betriebsratsgremien im Land.

Bundesweit haben sich an der IG Metall-Umfrage Arbeitnehmer-Vertreter aus rund 4000 Betrieben beteiligt; über ganz Deutschland hinweg nutzen vier von fünf Unternehmen in den IG Metall-Branchen Leiharbeit und Werkverträge.

Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, sagte anlässlich des heutigen Tags der prekären Beschäftigung: "Die Ergebnisse der Umfrage sind alarmierend. Leiharbeit und Fremdvergabe werden zum billigeren Ersatz für reguläre Arbeitsplätze - und beschränken sich mitnichten auf die Abdeckung von Auftragsspitzen oder anderen vorübergehenden Personalengpässen."

29 Prozent der Befragten in Baden-Württemberg sagen, dass Leiharbeit und Werkverträge in den vergangenen drei Jahren in ihrem Betrieb Stammarbeitsplätze ersetzt haben; das entspricht dem hohen Niveau bei einer vergleichbaren Befragung der IG Metall vor drei Jahren. Damals wie heute erklärten rund zwei Drittel der Betriebsräte im Südwesten, dass das Leiharbeitsvolumen in ihrem Betrieb in den vergangenen drei Jahren gleichgeblieben oder gestiegen sei.

Von der Entwicklung über die IT bis zur internen Logistik und Produktion sind alle Unternehmensteile von Ausgliederungen betroffen. Zwar hat die IG Metall in den vergangenen Jahren über Branchentarifverträge und Betriebsvereinbarungen mehr Geld und bessere Übernahmechancen für Leiharbeiter erreicht und die Tarifbindung bei industrienahen Dienstleistern vorangetrieben. "Die Mitbestimmung für Betriebsräte bei der Fremdvergabe ist aber nach wie vor nicht ausreichend, um Missbrauch zu verhindern", so Zitzelsberger. Daran habe auch die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im vergangenen Jahr nichts geändert.

Laut der Befragung erwarten 29 Prozent im Südwesten, dass in den nächsten zwei Jahren weiterhin Werkverträge vergeben werden, das sind zehn Prozent mehr als vor drei Jahren. Die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in Werkvertragsunternehmen werden von jedem zweiten Betriebsrat als "überwiegend schlechter" als im eigenen Betrieb bewertet. Immerhin geben doppelt so viele Betriebsräte wie 2015 an, dass es betriebliche Vereinbarungen zur Vergabe von Werkverträgen gibt - allerdings ist dies nur bei insgesamt elf Prozent der Betriebe der Fall.

Die IG Metall will künftig gemeinsam mit Betriebsräten und Beschäftigten weitere Verbesserungen durchsetzen, um Missbrauch von Leiharbeit und Fremdvergaben zu verhindern. Im Zuge der betriebspolitischen Kampagne "Gute Arbeit für alle" sollen für alle Beschäftigten eines Betriebs - egal ob Stammbeschäftigte, Leiharbeiter oder Beschäftigte in Werkverträgen - gute Arbeitsbedingungen erreicht werden. Darüber hinaus sieht die IG Metall auch die Politik gefordert. Zitzelsberger: "Die beste Leiharbeit ist die, die nicht stattfindet. Wenn das nicht gelingt, geht es ums Begrenzen und Gestalten. Dabei steht auch die Politik in der Pflicht, prekäre Beschäftigung zurückzudrängen und mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten für Betriebsräte zu schaffen."

Letzte Änderung: 07.10.2018