IG Metall-Umfrage in der Autoindustrie

IG Metall - Pressemitteilung

20.10.2017 IG Metall-Umfrage in baden-württembergischer Autoindustrie: Jeder zweite Betrieb noch nicht ausreichend auf Elektromobilität vorbereitet - Pressemitteilung 42/2017

Gros der Veränderungen nach 2025 erwartet - 40 Prozent gehen von stabiler Beschäftigung aus

Stuttgart. Die baden-württembergischen Automobilhersteller und Zulieferer sind unterschiedlich auf den technologischen Wandel vorbereitet. In mehr als jedem dritten Betrieb gibt es darauf seitens des Betriebsrats eine negative Sicht, in weiteren 13 Prozent wird die Vorbereitung als "teilweise" eingeschätzt. Allerdings herrscht keine Untergangsstimmung: Knapp die Hälfte stuft die Stimmung der Belegschaft gegenüber den Veränderungen als "neutral" ein - das sind mehr als diejenigen mit großen oder kleineren Befürchtungen (18 bzw. 24 Prozent).

4 von 10 Betriebsräten erwarten, dass sich die Beschäftigung stabil entwickelt, weitere 35 Prozent befürchten einen Rückgang. Insgesamt werden in 58 Prozent der Betriebe "sehr große" bis "große" Auswirkungen durch Trends wie Elektromobilität, dem autonomen und vernetzen Fahren sowie neuen Mobilitäts-Dienstleistungen erwartet, das Gros nach 2025.

Das sind einige Kernaussagen einer Bestandsaufnahme zur baden-württembergischen Autoindustrie. Dazu hat die IG Metall Baden-Württemberg bis zum Sommer 2017 Betriebsräte aus rund 125 Betrieben mit mehr als 220.000 Beschäftigten befragt. Neben den Autoherstellern waren Zulieferer, Maschinen- und Anlagenbauer sowie Service-Dienstleister, die für die Autobranche tätig sind, an der Umfrage beteiligt.

Roman Zitzelsberger

Unzureichende Vorbereitung birgt Risiken für gesamte Branche

Fazit Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter IG Metall Baden-Württemberg: "Die Bestandsaufnahme belegt unsere Vermutung, dass die Standorte extrem unterschiedlich von Veränderungen betroffen sein werden. Positiv ist, dass in den Unternehmen vermehrt über Auswirkungen der Elektromobilität nachgedacht wird. Für problematisch halte ich, dass in über einem Drittel der Betriebe die Firmenseite offenbar nicht ausreichend vorbereitet ist - gerade auch an Standorten, die vor großen Veränderungen mit negativer Beschäftigungserwartung stehen. Das ist nicht nur ein Problem für die betroffenen Standorte, sondern wegen der engen Verflechtungen ein Risiko für die gesamte Branche."

Grundsätzlich gilt: Je dichter die Standorte am Verbrenner hängen, desto größere Auswirkungen werden erwartet. Die Situation der Zulieferer ist verglichen mit den Herstellern unübersichtlicher und die Vorbereitung auf den Wandel ist geringer. Zudem sind Zulieferer zusätzlich von Verlagerungen und anhaltendem Kostendruck betroffen. Im Maschinen- und Anlagenbau werden in zwei von drei Betrieben große bis sehr große Veränderungen erwartet. Durch den Wegfall von Komponenten rund um den Verbrennungsmotor wie Kolben oder Abgasanlagen werden auch weniger Maschinen für deren Herstellung benötigt.

Neue Mobilitäts-Dienstleistungen als Chance

An Standorten, die solche Komponenten entwickeln und produzieren, besteht eine sehr genaue Einschätzung über die später nicht mehr gebrauchten, beziehungsweise in der Stückzahl reduzierten Komponenten. Viel unsicherer hingegen ist, ob es künftig gelingt, neue Produkte an den Standort zu bekommen. Die in der Umfrage aufgelisteten möglichen Alternativprodukte reichen von neuen Komponenten im Bereich Batterien, Thermomanagement, Leichtbau und Brennstoffzellen bis zu konkreten E-Fahrzeugen.

Zudem sind viele Betriebe rund um neue Mobilitätsdienste aktiv. Zwar ist es für verlässliche Einschätzungen zu Umsätzen und Beschäftigung noch zu früh. An vielen Standorten spielen neue Geschäftsmodelle (34 Prozent), Fahrzeugvernetzung (32 Prozent) und Autonomes Fahren (19 Prozent) aber eine Rolle. In mehr als 10 Betrieben wurden im Zusammenhang mit den Veränderungen rund ums Auto neue Einheiten und teils eigenständige Unternehmen aufgebaut. In weiteren 14 Betrieben ist dies geplant. Mittelfristig erwartet die IG Metall Baden-Württemberg eine weitere Dynamik rund um das Thema neue Einheiten.

Zitzelsberger: "Bei allen absehbaren Veränderungen auf technischer und wirtschaftlicher Ebene haben die Beschäftigten das Recht auf Sicherheit im Wandel. Die Belegschaften erwarten jetzt, dass vor Ort in die Zukunft des Autos und der Arbeitsplätze investiert wird. Jeder Stand-ort braucht eine Perspektive und in neu entstehenden Einheiten muss es selbstverständlich sowohl Betriebsräte als auch eine Tarifbindung geben!"

Wandel gelingt nur gemeinsam mit Beschäftigten

Aus Sicht der IG Metall gelingt der Wandel nur gemeinsam mit den Belegschaften, das bestätigt einmal mehr die Umfrage: Die Einschätzungen gegenüber der Zukunft sind in denjenigen Betrieben besonders positiv, in denen die Geschäftsleitung den Betriebsrat in ihre Beratungen einbezieht. An Standorten mit negativer Einschätzung wird im Zuge der Elektromobilität teils überlegt, Produktionen außerhalb Deutschlands neu aufzubauen.

Die IG Metall Baden-Württemberg wird den Wandel begleiten und mitgestalten, damit die Be-schäftigten weiterhin sichere Arbeitsplätze und gute Einkommen haben. Regelmäßig werden wir deshalb den Blick auf die Standorte aktualisieren; zudem bieten wir Betriebsräten und Ver-trauensleuten eine Plattform zum Austausch über die erwarteten Veränderungen. Nicht zuletzt sollen ab 2018 vier zusätzliche Gewerkschaftssekretäre die Betriebsräte vor Ort dabei unter-stützen, die Standorte zukunftsfähig zu machen.

Auch von Wirtschaft und Politik erwartet die IG Metall einen Beitrag für das Gelingen der Transformation: Eine Bedingung dafür ist es, auch künftig die gesamte Wertschöpfung am Automobilstandort Baden-Württemberg abbilden zu können. Sobald der elektrische Antrieb an Bedeutung gewinnt, gehört dazu eine Zell- und Batteriefertigung im Land. Eine strategische Industriepolitik sollte die wesentlichen Veränderungen unterstützen; der vom Landeswirt-schaftsministerium eingerichtete Transformationsrat ist dazu ein erster richtiger Schritt.

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Letzte Änderung: 20.10.2017