Wir wollen Perspektiven

Lea Marquardt, Jugendsekretärin IG Metall

09.06.2010 Interview mit Lea Marquardt, Jugendsekretärin der IG Metall Baden-Württemberg - Jugendaktionstag "Show Balls!" am 10.06.2010 an fünf Standorten

metallnachrichten (mn): Die Jugend ist massiv in Bewegung. Lea, was treibt die jungen Menschen gerade um?

Lea:
Die Perspektiven fehlen. Ausbildungsplatzsuche oder Übergang von der Ausbildung ins Berufsleben - die junge Generation hat es immer schwerer. 200 Bewerbungen für einen Ausbildungsplatz schreiben ist schon fast normal. Früher gab es noch die Sicherheit, nach der Ausbildung im Betrieb übernommen zu werden. Heute ist das eher die Ausnahme.

mn: Hat die Krise auch die jungen Menschen im Südwesten getroffen?

Lea:
Ja. Gerade die Jungen hat es voll erwischt. Fehlende Ausbildungsplätze und Schwierigkeiten bei der Übernahme nach der Ausbildung gab es schon vor der Wirtschaftskrise, die Situation war angespannt. Jetzt aber wirkt die Krise wie ein Turbo.

mn: Wie meinst Du das?

Lea:
Die Probleme wachsen. 2009 ist das Ausbildungsplatzangebot um 10 Prozent geschrumpft. Auch 2010 wird es weiter abschmelzen. Wir rechnen mit minus 7 Prozent. Gerade mal noch ein Viertel aller Azubis ist dieses Frühjahr unbefristet übernommen worden. 11 Prozent bekamen gar keine Chance in ihrem ehemaligen Ausbildungsbetrieb.

mn: Hat die Krise auch auf die Qualität der Ausbildung gewirkt?

Ja klar. Die Ausbildungsqualität hat unter der Krise gelitten. Ohne Ziel und Verstand wurden Ausbildungsmeister in Kurzarbeit geschickt. Die entstandenen Engpässe mussten Azubis ausgleichen. Das ging zu Lasten der Ausbildungsinhalte.

mn: Was kann man dagegen tun?

Lea:
Nur mit einer guten Ausbildung können sich junge Leute auf dem Arbeitsmarkt behaupten. Da muss angesetzt werden.

mn: Stichwort Leiharbeit: Lieber Leiharbeit als gar keine Arbeit?

Lea:
Na vielen Dank. Das ist die Wahl zwischen Pest oder Cholera.

mn: Warum?

Leiharbeit und Befristungen verbauen Menschen die Möglichkeit Zukunftspläne zu schmieden. Häusle bauen und eine Familie gründen? Die Frage stellt sich dann meist gar nicht erst. Die beste Leiharbeit ist die, die gar nicht stattfindet. Junge Menschen nach der Ausbildung nicht zu übernehmen, sondern als Leiharbeiter zu viel schlechteren Konditionen wieder im Betrieb zu beschäftigen, gehört abgeschafft.

mn: Das ist ja eine ganz klare Ansage an die Politik. Was tut die IG Metall sonst für die Chancen der Jugend?

Lea:
Vieles! Wir haben die Möglichkeit zur Weiterbildung nach der Ausbildung gestärkt. Alle Azubis können jetzt direkt im Anschluss an die Ausbildung eine Weiterbildung machen, ohne dass ihr tarifvertraglicher Anspruch auf Übernahme verloren geht. Ein klarer Vorteil auf dem Arbeitsmarkt.

mn: Welche Rolle spielen die Jugend- und Auszubildendenvertretungen und die Betriebräte?

Lea:
Die machen einen tollen Job. Sie setzen sich im Betrieb für mehr Ausbildungsplätze, bessere Ausbildungsqualität und die Übernahme ein.

mn: Wie kann man der jungen Generation helfen?

Lea:
Am 10. Juni 2010 mit uns lautstark auf die Straße gehen. Egal ob 20, 40 oder 100 Jahre alt. Die Zukunftsthemen gehen uns alle an. In Stuttgart, Aalen, Friedrichshafen, Offenburg und Rastatt werden wir die Aktionsorte mit tausenden gelben Wasserbällen in ein Meer aus Zukunftswünschen verwandeln. Politik und Arbeitgeber werden spüren, dass es jungen Menschen ernst ist mit ihrer Zukunft. Wir lassen uns nicht mit warmen Worten vertrösten. Wir wollen Perspektiven. Deshalb "Show Balls!".

Weitere Infos unter: www.jugend.igm.de

Letzte Änderung: 10.06.2010