IG Metall Pressedienst 44/07

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23.11.2007 Arbeit weiter humanisieren - Gemeinsame Konferenz von Betriebsräten, Schwerbehindertenvertretungen sowie Jugend- und Auszubildendenvertretungen am 21. November 2007 in Leinfelden-Echterdingen

Die IG Metall fordert eine weitere "Humanisierung der Arbeit". Der baden-württembergische Bezirksleiter Jörg Hofmann warf den Arbeitgebern mit Blick auf die Arbeitsbedingungen eine "weit verbreitete Ignoranz gegenüber den Herausforderungen alternder Belegschaften" vor. Vor über 300 Betriebsräten, Schwerbehindertenvertretern und Auszubildendenvertretern sprach er von einer "teilweise schweren Zunahme körperlicher und psychischer Belastungen in den Betrieben." Mit der Fachkonferenz zum Thema "Gesundheit und demographischer Wandel im Betrieb" in Leinfelden-Echterdingen hat die IG Metall Baden-Württemberg das Thema alters- und alternsgerechtes Arbeiten ganz oben auf ihre Agenda gesetzt.

"Schwere körperliche Arbeit, kurze Takte, Zwangshaltungen, über Kopf Arbeit, Lärm oder Umgang mit Gefahrenstoffen gehören - allem technischen Fortschritt zum Trotz - zum Arbeitsalltag vieler Menschen," umriss Hofmann das brisante Thema. Vor diesem Hintergrund sei es wenig verwunderlich, wenn arbeitsbedingte Erkrankungen seit Jahren ganz oben auf der Liste der Krankschreibungen zu finden seien. "Wir müssen deshalb Arbeit endlich weiter humanisieren."

Hofmann forderte die Arbeitgeber zum Handeln auf. "Die betriebliche Arbeits- und Leistungspolitik muss auf den Prüfstand. Die Menschen in den Betrieben sind keine Hamster im Laufrad. Die Gesundheit darf nicht unter den Arbeitsbedingungen leiden. Die Leistungsschraube kann nicht immer nur weiter angezogen werden."

Dabei drückt der Gewerkschafter gleich ordentlich auf`s Tempo: "Es wird nicht einfach, die Arbeitsbedingungen in den Betrieben so zu verbessern, dass die Beschäftigten überhaupt eine Chance haben fit und gesund durch das Arbeitsleben zu kommen. Gerade deshalb haben wir in dieser Frage keine Zeit zu verschenken. Die Beschäftigten erwarten Antworten von ihren Unternehmen."

Eine weitere Humanisierung der Arbeit nutze außerdem nicht nur den Beschäftigten, sondern auch den Betrieben. "Ordentliche Arbeitsbedingungen sorgen dafür, dass die Menschen auch im Alter leistungsfähig bleiben. Statt Fachkräfte gesundheitlich zu verschleißen bedarf es einer nachhaltigen Arbeitspolitik und Personalentwicklung in den Betrieben. Dies fordert der demographische Wandel."

Hofmann fordert außerdem klare politische Korrekturen. "Die Rente mit 67 zu beschließen war ein Irrsinn. Die Bedingungen in den Betrieben sind nicht so, dass schon heute alle bis zur Rente arbeiten können."

In diesem Zusammenhang erneuerte Hofmann seine Forderung nach gesetzlichen Rahmenbedingungen, um flexible Altersübergangsmodelle tariflich gestalten zu können. "Der Ball ist im Spiel und liegt jetzt im Feld der Bundesregierung. Sie muss den Tarifparteien eine ordent-liche Flanke liefern, damit wir ein Tor für die Beschäftigten schießen können," so Hofmann.
IG Metall und Arbeitgeber haben sich verpflichtet, bis zum Frühjahr 2008 nach Modellen zu suchen, wie ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Erwerbsleben mit fairen Bedingungen gestaltet werden könnte.

Die Kampagne "Tatort Betrieb" der IG Metall Baden-Württemberg

Der "Tatort Betrieb" wurde Ende der 80er Jahre im Bezirk Baden-Württemberg ins Leben gerufen. Die IG Metall Kampagne zum Arbeitsschutz beschäftigte sich seitdem in insgesamt neun Einzelkampagnen mit Belastungen am Arbeitsplatz. Der aktuelle "Tatort Betrieb" zum Thema "Erst ausgepresst - dann abserviert! Humane Arbeit für Jung und Alt" startete 2006 und beschäftigt sich mit den Fragen der Alternsgerechten Arbeit. Aufhänger ist der demographische Wandel. Aber während Politik und Wirtschaft versuchen mit der alternden Gesellschaft unpopuläre Maßnahmen zu begründen, nimmt die IG Metall die realen Arbeitsbedingungen unter die Lupe.

Monika Lersmacher, in der IG Metall-Bezirksleitung für das Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz zuständig: "Wir wollen sensibilisieren, Fragen aufwerfen und erarbeiten dann auch konkrete Problemlösungen. Unser Ziel: Arbeitsbedingungen verbessern und arbeitsbedingte Erkrankungen vermeiden." Konkret werden deshalb folgende Fragen gestellt: Ist Arbeit so beschaffen, dass sie ein älterer Beschäftigter leisten kann? Wie muss Arbeit verändert werden, dass sie über viele Jahre ausgeübt werden kann ohne zu verschleißen?

Die bisherigen Tatort Betrieb Kampagnen:

  • Per und Tri - raus aus den Betrieben (1988)
  • Giftcocktail Kühlschmierstoffe (1989)
  • Tückisches Gift - Lösemittel (1992-1993)
  • Arbeitsplatzgrenzwerte (1994)
  • Lärm am Arbeitsplatz (1995)
  • Arbeitsschutz an Bildschirmarbeitsplätzen und beim Heben und Tragen (1997)
  • Kühlschmierstoffe - hautnah (1999)
  • Terror für die Seele - Psychische Belastungen am Arbeitsplatz (2001-2005)
  • Erst ausgepresst - dann abserviert (seit 2006)

Weitere Informationen zu "Tatort Betrieb" unter www.tatort-betrieb.de

Letzte Änderung: 22.04.2008