Armuts- und Reichtumsbericht

IG Metall

11.05.2017 Gespaltene Gesellschaft: Warum die Politik handeln muss - Reichtum wird in Deutschland vor allem ererbt und nicht erarbeitet

Gleichzeitig wird ein großer Teil der Bevölkerung bei den Löhnen abgehängt. Doch beides lässt sich ändern.

"Reichtum kommt von Fleiß und Leistung", sagte der verstorbene CSU-Politiker Franz Josef Strauß. Eine bei Vermögenden beliebte These. Legt sie doch nahe, dass es bei der Verteilung des Reichtums gerecht zugeht. Aber leider hat sie wenig mit der Wirklichkeit zu tun. Das zeigen Zahlen aus dem 5. Armuts- und Reichtumsbericht von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles.

Danach beruht Reichtum meist nicht auf eigener Leistung. Schon 2016 haben Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) nachgewiesen: Zwei Drittel aller Millionäre verdanken ihren Reichtum maßgeblich hohen Erbschaften und Schenkungen. Das private Vermögen - insgesamt schätzungsweise rund 13 Billionen Euro - konzentriert sich auf nur einen ganz kleinen Teil der Bevölkerung. Nur drei Prozent hatten laut DIW 2014 Vermögen von mehr als einer halben Million Euro. Eine weitere Erkenntnis aus dem Armuts- und Reichtumsbericht: Die Ungleichheit verfestigt sich: Wer reich ist, wird noch reicher, wer arm ist, bleibt es. Die Kluft wächst.

Wer hat, dem wird gegeben

Ähnliches gilt aber auch für die Erwerbseinkommen. Wer gut verdient, freut sich über Lohnerhöhungen, wer wenig verdient hat, leidet unter schrumpfendem Einkommen (siehe Grafik). Beim obersten Zehntel stieg das durchschnittliche Bruttostundenentgelt zwischen 1995 und 2015 real, also nach Abzug der Inflation, von 28,16 auf 30,50 Euro, beim untersten Zehntel sank es von 5,90 auf 5,51 Euro.

Ein großer Teil der Fachkräfte in tarifgebundenen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie hat ein ordentliches Plus erzielt. Aber 40 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wurden von der Einkommensentwicklung abgehängt.

Atypische Beschäftigung

Der Wissenschaftler Markus Grabka vom DIW sieht die Hauptgründe dafür in der Zunahme von Niedriglöhnen, geringfügiger Beschäftigung, Leiharbeit und von Jobs im Dienstleistungssektor, in denen das Lohnniveau niedriger ist als in der Industrie.

Der Armuts- und Reichtumsbericht zeigt: Obwohl immer mehr Menschen erwerbstätig sind, steigt das Armutsrisiko in der Bevölkerung. Viele sind trotz Arbeit arm und immer noch sind eine Million langzeiterwerbslos.

Darunter haben vor allem Kinder zu leiden: Zwei Millionen von ihnen gelten als armutsgefährdet. Unter der wachsenden Ungleichheit leidet der Zusammenhalt in der Gesellschaft. Die IG Metall hält es für dringend erforderlich, politische Konsequenzen aus dem Bericht zu ziehen.

Vom wirtschaftlichen Wachstum müssen alle profitieren, auch die 40 Prozent, die hart arbeiten und deren Löhne trotzdem nicht steigen. Dringende Maßnahmen gegen Armut und Ungleichheit sind, die Tarifbindung zu stärken und den Missbrauch von Leiharbeit zu bekämpfen. Arbeitslose brauchen Perspektiven: vor allem bessere Qualifizierung und öffentlich geförderte Beschäftigung. Menschen im Alter müssen besser abgesichert werden. Gesellschaftliche Aufgaben müssen gerechter finanziert und dafür Kapitaleinkünfte angemessen besteuert werden.

Anhang:

Zuwachs für Gutverdiener, Verluste für Kleinverdiener

Zuwachs für Gutverdiener, Verluste für Kleinverdiener

Dateityp: JPEG image data, JFIF standard 1.01

Dateigröße: 122.61KB

Download

Letzte Änderung: 11.05.2017