Betriebsrätepreis - Kandidat Bosch

IG Metall - Betriebsräte

12.08.2016 Balsam für die Seele am Arbeitsplatz - Betriebsvereinbarungen zur Psychischen Gesundheit bei Bosch - Der Gesamtbetriebsrat Bosch ist einer der drei Nominierten aus Baden-Württemberg

Stetiger Wandel und immer komplexere Aufgaben - steigende Anforderungen im Arbeitsalltag können die Psyche der Beschäftigten belasten. Wie ein umfangreiches betriebliches Gesundheitsmanagement mit Fokus auf psychische Gefährdungen aussehen kann - Bosch macht es vor.

Natürlich geht es um Prävention, darum, dass Belastungen möglichst im Vorfeld erkannt und abgestellt werden. Und natürlich geht es ebenso um schnelle, konkrete Hilfe für Kolleginnen und Kollegen, die Hilfe benötigen. "Es geht uns aber auch um einen Kultur- und Wertewandel im Unternehmen", sagt Alfred Löckle, der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats bei Bosch. "Die Beschäftigten sollen ohne Ängste über psychische Belastungen sprechen."

Alfred Löckle Bosch

Die zwei Gesamtbetriebsvereinbarungen, die für den diesjährigen Betriebsrätepreis nominiert sind, legen dafür einen guten Grundstein. Mit den aufeinander aufbauenden Vereinbarungen hofft der Gesamtbetriebsrat die Arbeitsbedingungen im Unternehmen deutlich verbessern zu können. So wurde die "Ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung", die alle drei Jahre für jeden Arbeitsplatz durchgeführt werden und auch psychische Belastungen untersuchen muss, für alle Beteiligten deutlich transparenter und nachvollziehbarer gestaltet: unter anderem mit einem neu entworfenen Ankreuzbogen, der die alltäglichen Arbeitssituationen erfasst und bewertet.

Ludwig Neusinger Bosch Nürnberg

Hervorzuheben ist vor allem der Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung "Psychische Gesundheit". In der Vereinbarung wird betont, dass psychische Erkrankungen kein Makel sind und dass Geschäftsführung und Arbeitnehmervertretungen Betroffene gemeinsam dazu ermutigen, sich in sogenannten "fürsorglichen Gesprächen" ihrer Führungskraft anzuvertrauen. "Ziel dieser Gespräche ist, die Belastungen und deren Ursachen zu erkennen und den Betroffenen Hilfe anzubieten", sagt der Nürnberger Betriebsratsvorsitzende Ludwig Neusinger, der die Vereinbarung mit ausgehandelt hat.

Zur Unterstützung der Führungskräfte wurde ein Leitfaden entwickelt, der den Blick des Vorgesetzten für den Mitarbeiter öffnen soll. In dem Leitfaden ist klar beschrieben, wie man auf den Mitarbeiter zugeht, um fachgerechte Hilfe anbieten zu können, und was man nicht machen darf. Für die Gespräche, das ist ebenso festgeschrieben, werden alle Führungskräfte sensibilisiert, informiert und geschult. Dazu enthält die Vereinbarung eine detaillierte Checkliste für das Gespräch. Sämtliche Abläufe und alle Maßnahmen, die zur Hilfe betroffener Kolleginnen und Kollegen ergriffen werden können, sind konkret beschrieben.

"Wir wissen seit Langem, dass der immer schneller werdende Wandel und die steigende Komplexität der Arbeit die Psyche belasten können", sagt Alfred Löckle. "Mit den beiden Gesamtbetriebsvereinbarungen wollen wir diesen einerseits vorbeugen und andererseits für das Thema sensibilisieren. Anzeichen von Erkrankungen sollen frühzeitig erkannt und Betroffenen Hilfsangebote gemacht werden."

HINTERGRUND

WIR für "Psychische Gesundheit bei Bosch"

Zum Praxisbericht:

Mit den beiden Gesamtbetriebsvereinbarungen "Ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung" und "Psychische Gesundheit" ist dem Gesamtbetriebsrat der Robert Bosch GmbH der große Wurf gelungen: Mit der "Psychischen Gesundheit" bekennen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen gemeinsam dazu, dass das Erkennen von psychischen Belastungen, Gefährdungen und Erkrankungen und Gegenmaßnahmen zur deren Beseitigung eine Führungsaufgabe ist. Hauptaugenmerk liegt auf dem optimalen Schutz der Beschäftigten in Fertigung, Forschung und Entwicklung und in der Verwaltung mit dem Ziel, den Beschäftigten konkrete Hilfen anzubieten. Die GBV regelt das Verfahren und die Verantwortlichkeiten. Die Umsetzung der beiden Gesamtbetriebsvereinbarungen wird begleitet von einer Informationskampagne des Gesamtbetriebsrates und der lokalen Arbeitnehmervertretungen Richtung Beschäftigte und mit Schulung der Führungskräfte.

Zum Unternehmen:

Bosch ist mit seinen ca. 370.000 Beschäftigten ein weltweit tätiger Konzern. In Deutschland ist die Robert Bosch GmbH mit ca. 68.000 Beschäftigten an etwa 30 Standorten ein bedeutender Automobilzulieferer. Klassische Produkte sind Zündkerzen und Module für Benziner und Dieselmotoren. Die Zukunft sieht die Robert Bosch GmbH vor allem in der E-Mobilität und im autonomen Fahren.

Zum Referenten:

Ludwig Neusinger, BR-Vorsitzender, Robert Bosch GmbH in Nürnberg

Ludwig Neusinger (geb. 1962) ist ein Bosch-Eigengewächs und er hat eine durchgängige Erwerbsbiographie am Standort Nürnberg: Seiner Mechaniker-Ausbildung folgte Facharbeitertätigkeit in der Produktion, Weiterqualifizierung zum Industriemeister, Beschäftigung als Fertigungsmeister und als Assistent des Abteilungsleiters. 1988 wurde er erstmals in den Betriebsrat gewählt, seit 1998 ist er Betriebsratsvorsitzender und freigestellt. Im Gesamtbetriebsrat der Robert Bosch GmbH ist er Sprecher der Arbeitsgruppe 6 "Soziales, Gesundheit und Arbeitssicherheit". Der IG Metall gehört er seit 1979 an.

Letzte Änderung: 10.03.2019