IG Metall Pressedienst 20/2014

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14.05.2014 Schwerbehinderte im Arbeitsleben immer noch benachteiligt - IG Metall fordert größere Anstrengungen der Unternehmen

Reutlingen - Nach wie vor beschäftigt mehr als ein Drittel der Unternehmen überhaupt keine Menschen mit Behinderungen, viele Betriebe sind bis heute nicht barrierefrei. Dieses Fazit zog Monika Lersmacher, IG Metall-Sekretärin in der Bezirksleitung Baden-Württemberg, am heutigen Mittwoch auf einer Konferenz für Schwerbehindertenvertreter und Betriebsräte in Reutlingen. "Es ist ein Skandal, dass sich Unternehmen von der Beschäftigungspflicht Schwerbehinderter freikaufen können. Die Schaffung entsprechender Arbeitsplätze hat etwas mit Fürsorgepflicht von Unternehmen zu tun", betonte Lersmacher. Dies sei umso wichtiger, da im Herbst die nächsten Wahlen zu den Schwerbehindertenvertretungen anstehen.

Auf der Konferenz unter dem Motto "Von der Integration zur Inklusion im Betrieb" forderte die IG Metall vor mehr als 160 Teilnehmern eine Reihe von Verbesserungen für behinderte Menschen im Arbeitsleben. 2012 betrug die durchschnittliche Beschäftigungsquote von Schwerbehinderten über alle Arbeitgeber 4,6 Prozent, in Baden-Württemberg 4,4 Prozent. Gesetzlich vorgeschrieben sind 5 Prozent. Die IG Metall spricht sich daher für die Rückkehr zur Mindestbeschäftigungsquote von 6 Prozent aus, zudem für eine Mindestquote von Ausbildungsplätzen für Menschen mit Behinderung. Ihre Inklusion ist ebenfalls verbesserungswürdig: Nur 0,9 Prozent der betrieblichen Auszubildenden sind Behinderte, zum überwiegenden Teil verbringen sie ihr gesamtes Arbeitsleben in einer Behindertenwerkstatt.

"Menschen mit Behinderung sind ein Fachkräftepotenzial und leisten auch auf dem Arbeitsmarkt einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag", sagte Wolfram Leibe, Mitglied der Geschäftsführung der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesarbeitsagentur. Die "Initiative Inklusion", Teil des Nationalen Aktionsplanes der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, solle dazu beitragen, die berufliche Teilhabe von Behinderten zu verbessern und neue Ausbildungsplätze zu schaffen. Ein offener Arbeitsmarkt, wie ihn die UN fordere, müsse aber erst noch erarbeitet werden, räumte Leibe ein.

Laut Lersmacher werden 95 Prozent der Betroffenen im Laufe ihres Lebens oder Berufs behindert. Umso wichtiger seien im Zuge von Arbeitsverdichtung und der Zunahme psychischer Erkrankungen die Vorbeugung von Arbeitsunfähigkeit und die Erhaltung des Arbeitsplatzes. Der Gesetzgeber sieht dafür seit 2004 im Sozialgesetzbuch IX ein betriebliches Eingliederungsmanagement vor. Aus Sicht der IG Metall muss dieses aber noch praxisnäher werden. Krankenrückkehrgespräche müssten der Vergangenheit angehören, Gefahrenquellen frühzeitig abgestellt werden. Lersmacher: "Dazu bedarf es einer Reform von Unternehmenspolitik. Wir wollen nicht nur vernünftige Instrumente, wenn jemand länger erkrankt ist, sondern wir brauchen präventive Instrumente, damit die Menschen erst gar nicht erkranken."

Letzte Änderung: 14.05.2014