IG Metall Pressedienst 04/2012

IG Metall Pressedienst

14.02.2012 Gleiches Geld für gleiche Arbeit - Ergänzungstarifgemeinschaft Arbeitnehmerüberlassung in Baden-Württemberg

Die IG Metall und ausgewählte Leiharbeitsunternehmen haben in Baden-Württemberg eine Ergänzungstarifgemeinschaft für Arbeitnehmerüberlassung ins Leben gerufen. Das gab die Gewerkschaft heute in Stuttgart bekannt. Zusammen mit den Verleihunternehmen habe man in einem Ergänzungstarifvertrag einen tariflichen Rahmen für die Vergütung von Leiharbeitnehmern, die in Betrieben der Metall- und Elektroindustrie eingesetzt werden, geregelt.

Individueller und einklagbarer Anspruch

Frank Iwer und Jörg Hofmann, IG Metall Baden-Württemberg

IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann: "Das ist ein wichtiges Signal. Wir haben zwar inzwischen in vielen Betrieben Vereinbarungen, in denen die Bezahlung von Leiharbeitern geregelt ist. Aber es gab für die Leiharbeiter keinen individuellen und einklagbaren Anspruch. Das ändert sich jetzt zumindest für die Leiharbeiter, die bei einem Verleiher arbeiten, der Mitglied der Ergänzungstarifgemeinschaft ist."

Von dem Ergänzungstarifvertrag profitieren einige Tausend Leiharbeitsbeschäftigte, die u.a. bei Neue Arbeit, MYPEGASUS, Internationaler Bund (IB) oder Weitblick beschäftigt sind.

Der Ergänzungstarifvertrag regelt für die Beschäftigten der Verleihfirmen ab dem ersten Tag ein Entgelt, das dem des Entgeltrahmentarifvertrages auf Basis einer 35-Stunden-Woche entspricht. Zudem wird darin ein Anspruch auf 30 Tage Urlaub sowie auf Mehrarbeits- und Feiertagszuschläge geregelt.

Hofmann: "Gleiches Geld für gleiche Arbeit - da kann es keine Kompromisslinie geben. Bisher verweigern sich die großen Arbeitgeberverbände der Leiharbeit einer solchen Regelung. Dies ist skandalös. Die Verdrängung von festen Jobs durch Leiharbeit muss ein Ende haben. Ob und unter welchen Bedingungen Leiharbeit in den Betrieben der Metall- und Elektroindustrie stattfindet und wann Leiharbeiter die Chance auf eine Festeinstellung haben, darüber verhandeln wir weiter mit Südwestmetall."

An das reguläre Lohnniveau andocken

Rainer Schwille, Geschäftsführer MYPEGASUS: "Die MYPEGASUS bietet eine Fülle von Dienstleistungen an der Schnittstelle zwischen regulärer Beschäftigung und Arbeitslosigkeit an. Schwerpunkt dabei sind (Personal-)Transfermaßnahmen bei betrieblichen Umstrukturierungen. Beschäftigtentransfer ist allerdings nur sinnvoll möglich, wenn die Perspektive "Normalarbeitsverhältnis" heißt. Auch wenn betriebliche Flexibilität und/oder Erprobungszeiträume bestehen sollen, ist es notwendig, an das reguläre Lohnniveau anzudocken. Scheiden Arbeitnehmer in einem Betrieb aus, müssen sie woanders zu normalen Lohnbedingungen neue Einstiegsmöglichkeiten erhalten. Geht dieser Einstieg nur über Zeitarbeit, muss dies zu tariflichen Lohnbedingungen erfolgen. Daran wollen wir mitwirken."

Möglichst keine ALG II-Aufstockung

Uli Rabeneick, stellvertretender Geschäftsführer Neue Arbeit gGmbH: "Uns ist eine einheitliche Vergütungsstruktur wichtig, und dass möglichst wenig Zeitarbeitskräfte noch aufstockend ALG II benötigen. Wir haben es mit vielen Arbeitslosen zu tun, die schlechte Erfahrungen mit Zeitarbeitsfirmen gemacht haben. Leider werden immer mehr Tätigkeiten nur noch über Zeitarbeit oder Personaldienstleistungen abgewickelt. Es fehlen grundsätzlich Sozial- und Tarifstandards.

Equal pay unverzichtbar

Stefan Guffart und Vera Reimann von ABCD (Arbeit Bildung Consulting und Dienstleistung GmbH): "Wir sind eine Hundertprozent-Tochtergesellschaft des Internationalen Bundes (IB) und damit bundesweit an über 700 Standorten vernetzt und präsent. Wir sind parteilich und konfessionell ungebunden. Wir sind der Überzeugung, dass Unternehmen vor dem Hintergrund des Facharbeitermangels und des demografischen Wandels auf eine Personalakquise mit dem Ansatz equal pay nicht verzichten kann und sehen die Vereinbarung mit der IG Metall als vorbildliche Vorgehensweise für einen equal pay Ansatz. Wir stehen darüber hinaus für einen umfassenden equal pay Ansatz, der sich im Unternehmen nicht nur in der gleichen Vergütung abbildet, sondern auch in einer motivierenden Grundhaltung gegenüber qualifiziertem Personal. Die ABCD GmbH bietet deshalb auch Qualifizierungen an, um passgenaue Kompetenzen zur Verfügung stellen zu können. Wir würden deshalb eine Unternehmensgemeinschaft von Dienstleistern im Rahmen dieses Sondertarifvertrages begrüßen, die sich über faire Bezahlung hinaus mit Motivationsfaktoren für den Standort Deutschland einsetzt."

Letzte Änderung: 16.02.2012