Resolution der Bezirkskonferenz

22.06.2005 Offensiv für Tarifautonomie und Mitbestimmungsrechte

Die Delegierten der 56. Bezirkskonferenz der IG Metall Baden-Württemberg am 22. Juni in Böblingen warnen Politik und Arbeitgeber davor, Hand an Tarifautonomie und Mitbestimmungsrechte zu legen.

Die einstimmig verabschiedete Resolution hat folgenden Wortlaut:

Tarifautonomie und Mitbestimmung sind die wesentlichen Voraussetzungen für eine faire Teilhabe der Beschäftigten an wirtschaftlichem Erfolg und Entscheidungen.

Doch kaum ein Tag vergeht, an dem sich nicht ein Politiker von Union oder FDP mit Vorschlägen zum Abbau von Arbeitnehmerrechten zu profilieren sucht. Sie agieren auf Grundlage der im "Pakt für Deutschland" der Union auf dem aktuellen FDP-Parteitag beschriebenen Positionen.

Im Zentrum der Vorschläge stehen konkret:

  • die Veränderung des Günstigkeitsprinzips im Tarifvertragsgesetz;
  • die Veränderung des §77 Abs. 3 BetrVG mit dem Ziel, vom Tarifvertrag abweichende Vereinbarungen auf betrieblicher Ebene zwischen Unternehmen und Betriebsrat zu ermöglichen;
  • die Abschaffung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung nach §15 Tarifvertragsgesetz;
  • die Beschränkung der Nachwirkung gekündigter Tarifverträge;
  • das Zurückfahren der paritätischen Mitbestimmung auf eine Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer und die Schwächung des Einflusses hauptamtlicher Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat;
  • die Rücknahme der Novellierungsbestimmungen des BetrVG von 2001.

CDU/CSU und FDP machen sich damit zum Sprachrohr für Forderungen, mit denen die Arbeitgeber seit Jahren die Politik bedrängen.

Wir warnen die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft nachdrücklich davor, Hand an die Tarifautonomie - den wichtigsten Grundpfeiler unserer Demokratie - zu legen. Nicht nur Gewerkschaften, auch renommierte Arbeits- und Verfassungsrechtler betrachten die Angriffe auf die Tarifautonomie als verfassungswidrig.

Doch die Arbeitgeber legen nach: Im BDI/BDA-Papier von 2004 zielen sie auf die Rücknahme der Novellierungsbestimmungen des BetrVG von 2001 und wollen weitere Beschneidungen der im Gesetz verankerten Mitbestimmungsrechte, z.B. bei der betrieblichen Lohngestaltung, Gesundheitsschutz und der Beschäftigungssicherung.

Mitbestimmung würde die Schaffung neuer Arbeitsplätze behindern. Sie würde die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen im Zuge der Globalisierung massiv beeinträchtigen und gleichzeitig ausländische Investoren von Deutschland fernhalten.

Doch erstaunlich ist entgegen allem öffentlichen Gejammer über die angeblich so bürokratische Mitbestimmung die Antwort der Unternehmen: Sie äußern sich in der Mehrzahl über die konkrete Mitbestimmung in ihren jeweiligen Unternehmen äußerst zufrieden und betrachten die die Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretern in Aufsichts- wie Betriebsrat als äußerst wertvoll. Über 70% der vom Wissenschaftszentrum Berlin befragten Manager schreiben der Mitbestimmung einen positiven Einfluss auf ihre Belegschaften zu. Fast 90% der Befragten meinen, dass die Arbeitnehmervertretung in Aufsichtsrat dazu beiträgt, "die Interessen von Anteilseignern und Arbeitnehmervertretern in Einklang zu bringen".

Mitbestimmung und die Einbeziehung der Beschäftigten trägt nicht nur zu mehr Motivation und Akzeptanz bei, sondern weist auch denen die Bahnen, für die der Mensch nichts, die kurzfristige Steigerung der Renditen alles ist.

Die IG Metall wird nicht hinnehmen, dass Tarifverträge und die Mitbestimmung auf dem Altar des neoliberalen Glaubens geopfert werden. Wir werden uns gegen die Angriffe auf Tarifautonomie und Mitbestimmung zur Wehr setzen. Die Arbeitgeber werden sich nicht hinter der Politik von CDU/CSU und FDP verstecken können, sondern wir werden sie im Betrieb stellen.

Die IG Metall Bezirkskonferenz ruf t alle Beschäftigten auf, sich für all die politischen Kräfte einzusetzen, die Arbeitnehmerrechte achten, Tarifautonomie und Mitbestimmung verteidigen. Für IG Metall-Mitglieder sind neofaschistische Parteien wie DVU; NPD, Republikaner keine wählbaren Alternativen.

Letzte Änderung: 27.02.2008